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Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Sheehan
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führte. Auch das war mir damals schon aufgefallen. Die Armen litten Hunger, während meine Eltern mir mit drei Jahren Designer-Nerzmäntel kauften und eine private Stase-Röhre auf dem neuesten Stand der Technik für mich anschafften, die so viel wert war wie ganz Unicorn Estates.
    Einige Jahre, bevor ich in Stasis versetzt wurde, hatte es über ein paar Jahreszeiten hinweg Probleme mit dem Wetter gegeben, die auf einen von Vulkanausbrüchen eingeleiteten Klimawandel zurückzuführen waren. Daran trug niemand wirklich eine Schuld. Es kam zu einer Nahrungsmittelknappheit, durch die viele starben, wie ich mich erinnerte, aber vor allem in fernen, als unbedeutend geltenden Ländern. Unsere Familie litt keinen Mangel.
    Das erste Anzeichen, dass etwas ernstlich schieflief, war die Wiederausbreitung der Tuberkulose. Sie hatte in einigen Gefängnissen begonnen, in denen nicht sorgfältig auf den Gesundheitszustand der Häftlinge geachtet wurde. In einer Anstalt im Süden hatte sich ein resistenter Bakterienstamm entwickelt, und Gefangenenverlegungen und hohe Rückfallquoten waren so gang und gäbe, dass es nicht lange dauerte, bis
die meisten Gefängnisse in der Hälfte aller Länder der Welt mit TB durchsetzt waren. Länder mit einem hohen Häftlingsanteil waren besonders betroffen. Die Seuche wurde nicht erkannt, bevor viele Gefangene ohne ausreichende Behandlung in die Freiheit entlassen worden waren.
    Sie breitete sich aus. Neugeborene, Mittellose, die an Unterernährung litten, und alle mit einem geschwächten Immunsystem waren besonders anfällig dafür. Das schloss auch alle HIV-Opfer ein, die nicht rechtzeitig geimpft worden waren, und das bedeutete halb Afrika. Aber auch viele Vermögende waren betroffen, darunter Millionen von Menschen, denen ein längeres Leben versprochen worden war, wenn sie ihre Organe aus Stammzellen nachzüchten und sich einpflanzen ließen. Die Tuberkulose breitete sich mehrere Jahre lang ungehindert aus, bevor endlich jemand merkte, was da vor sich ging. Die meisten Menschen dachten bei einem Husten an nichts Ernstes, und viele Überträger zeigten überhaupt keine Symptome.
    Man hatte gerade begonnen, Kliniken für gesetzlich vorgeschriebene TB-Untersuchungen rund um den Planeten einzurichten, als ich in Stasis versetzt wurde. Die Tuberkulose schien unter Kontrolle gebracht worden zu sein, als die nächste Pest ausbrach.
    Und zwar die echte. Die Beulenpest tauchte wieder auf, in New York, zwei Jahre nach meinem Verschwinden in der Stase-Röhre. Ich war schon bestürzt genug über all die Tuberkulosetoten in Afrika, da kam Ms. Holland auch noch mit dem Horror der Pest an, worauf mir wortwörtlich das Herz stehenblieb. Als es läutete, sagte Ms. Holland, dass der restliche Überblick über die Dunkle Epoche bis zur nächsten Stunde warten müsse.
    Ich freute mich nicht darauf.
    Mir graute davor zu hören, was mit all meinen Lieben passiert
war. Mit meiner Mutter und meinem Vater, meinem geliebten Xavier. Zu wissen, dass sie tot waren, war eine Sache. Die Umstände zu kennen, eine ganz andere.
    Zum Glück war der Schultag nun zu Ende. Ich stieg in das Solarskiff, das Mr. Guillory für mich organisiert hatte. Lieber hätte ich zusammen mit Bren und ein paar anderen den öffentlichen Solargleiter genommen, aber ich wollte Mr. Guillory nicht vor den Kopf stoßen. Er war schließlich mein Vormund. Er sollte wissen, was das Beste für mich war.
    Es dauerte mehrere Minuten, bis ich merkte, dass mein Gleiter schon vor meinem Haus hielt. Er war so ruhig dahingeschwebt, dass ich nicht einmal mitbekommen hatte, wie er stoppte.
    Mir gefielen diese neuartigen Luftkissenboote. Man hatte mir gesagt, dass ihre Technologie kaum dreißig Jahre alt war, sie aber schon so gut wie jedes Landfahrzeug auf dem Globus ersetzt hatten. Sie waren ursprünglich dafür entwickelt worden, übers Wasser zu gleiten und in Sumpfgebieten wie den Everglades eingesetzt zu werden, aber wer eines besaß, fand es so wunderbar, dass er auch an Land damit fuhr. Die Straßen wurden weniger abgenutzt, und da sich kaum Reibung und Widerstand auf sie auswirkten, war es billig und einfach, sie mit Solarenergie zu betreiben.
    Komischerweise waren die Luftkissenfahrzeuge eines der wenigen einträglichen Geschäfte, auf das UniCorp kein Monopol hatte. Der Konzern hatte zwar versucht, die Hersteller der Reihe nach aufzukaufen, doch die Solarbatterie, mit der die Boote fuhren, war Gemeingut. Das Patent darauf war in der Dunklen Epoche

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