Während ich schlief
rief er, mit den Fingern schnippend, und der Hund kam gehorsam herbei und legte hechelnd den Kopf schräg. »Ist das nicht toll?«, sagte er. »Ein holografischer Hund. Sie wurden auf der Computermesse vorgestellt. Ruf ihn, dann kommt er. Er ist so programmiert, dass er reagiert wie ein richtiger Hund. Er hört auf alles, was du sagst, und kann tausend Tricks. Sprich, Junge!«
Der Hund machte Sitz und bellte zweimal.
»Warum haben sie ihn nicht darauf programmiert, Englisch zu sprechen?«, wollte ich wissen.
»Dann wäre es doch kein richtger Hund«, erwiderte Xavier, als sei ich schwer von Begriff.
»Es ist auch so kein richtiger Hund. Was soll man mit einem Hund, den man nicht streicheln kann?«
Xavier zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Es ist einfach cool. Man kann über hundert verschiedene Rassen mit den passenden Verhaltensmustern einstellen.« Er tippte auf
der Box herum. Der Dobermann wurde zu einem Dalmatiner und der zu einem Dackel. »Welche Rasse möchtest du?«
»Einen Afghanen«, sagte ich ohne Zögern. Er betätigte wieder die Tasten, bis ein edler, langhaariger Afghane im Zimmer auftauchte, der einmal bellte.
»Bitte schön«, sagte Xavier. »Ich glaube, ich könnte es hinbekommen, ihn in den Touchpad an unserer Tür zu hacken, damit er jeden anbellt, der hereinkommt.«
»Das würde ein echter Hund auch machen.«
»Ja, aber meine Mutter ist allergisch gegen Hunde. Komm schon, du musst zugeben, dass es ein cooles Gerät ist.«
Ich setzte mich auf einen Hocker und schnippte mit den Fingern. Der Holo-Hund sah mich an und kam dann mit aufgestellten Ohren heranstolziert. »Ja, schon.« Ich streckte die Hand durch seinen Kopf und wedelte damit vor Xavier herum. »Trotzdem wäre es schöner, wenn man ihn streicheln könnte.«
Xavier schüttelte den Kopf. »Ich verstehe dich nicht. Ich dachte, du magst Hunde.«
»Ich liebe Hunde. Deshalb weiß ich, dass das keiner ist.«
»Wenn du Hunde so liebst, warum schaffst du dir dann keinen an?«
Es hatte da ein kleines Problem gegeben vor einiger Zeit, als ich entlaufene Hunde von anderen Miteigentümern in Unicorn aufgesammelt und stundenlang mit ihnen gespielt hatte, ohne ihren Besitzern Bescheid zu sagen. »Das geht nicht.«
»Warum nicht?«
Ich seufzte. Meine Eltern mussten bald verreisen, um die Besiedelung von Luna zu koordinieren und zu beaufsichtigen, und würden mehrere Monate lang fort sein. »Erinnerst du dich an die Gazelle, die ich hatte, als ich acht war?«
Xavier schüttelte den Kopf. »Da war ich erst zwei. Wie soll ich mich daran erinnern?«
»Ach so. Jedenfalls hatte ich diese Gazelle. In den Stallungen versorgten sie sie für mich, aber sie starb, während Mom und Daddy im Urlaub waren, und ich war nicht da. Es tat mir so furchtbar leid. Das möchte ich einem Hund nicht antun.«
»Ich könnte mich um ihn kümmern, während du schläfst«, sagte Xavier. »Meine Mom hätte bestimmt nichts dagegen, nicht, wenn es Mr. Fitzroys Hund ist.«
»Nein. Weißt du, ich fände es schrecklich, wenn ich einmal wirklich von Mom und Daddy getrennt sein müsste, und so wäre das für ihn. Ich möchte nicht ständig verschwinden und wieder auftauchen, das würde der Hund nicht verstehen.«
Xavier schnaubte. »Vergiss den Hund – ich verstehe es ja selbst kaum, dabei bist du meine beste Freundin.«
Ich guckte skeptisch. »Hast du denn keine Freunde in der Schule?«
»Natürlich, aber die sind nicht wie du. Außerdem foppen sie mich ständig wegen meines Namens, sogar die Jungen, die behaupten, meine Freunde zu sein. Sie nennen mich X-Man und sagen dauernd so was wie ›Exakt, Xavier!‹ oder >Machst du heute Extra -Aufgaben, Xavier?‹ Ich spreche das verdammte X ja nicht mal aus, aber sie natürlich schon.«
»Tja, Zavier«, sagte ich und sprach den Namen aus, wie er es wollte, mit stimmhaftem S, »dann sag ihnen, sie sollen das lassen.«
Er zuckte mit den Achseln. »Es sind Jungs, du kannst sie nicht davon abhalten. Ist auch nicht wichtig. Du würdest so was jedenfalls nie tun. Ich kann es kaum noch erwarten, dass ich alt genug bin, um auf dieselben Schulen zu gehen wie du. Wir waren schon immer die besten Freunde, du und ich.«
So hatte ich das noch gar nicht gesehen. Er war für mich bisher eher wie ein kleiner Bruder gewesen, aber jetzt, da wir
uns altersmäßig näherstanden, betrachtete ich ihn tatsächlich mehr als Freund. »Du bist mein bester Freund«, gab ich zu. »Genau betrachtet, bist du mein einziger Freund.«
Er lachte.
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