Während ich schlief
dem abgelenkt war, was seine Lippen mit mir anstellten, hörte ich doch, was er sagte. »Soll das heißen ... du liebst mich?«
Xavier starrte mich schockiert an. »Rose!«, rief er, dann wurde sein Blick zärtlich. »Ich habe dich schon immer geliebt.« Er neigte sich zu mir, um mich wieder zu küssen, diesmal zögerlicher, beinahe neckend, wäre der verzweifelte Ausdruck in seinen Augen nicht gewesen. Dieser Kuss war nicht so stürmisch und heftig und unsere Leidenschaft weniger ein loderndes Feuer als ein warmes, kräftiges Glühen. Schöner als die ersten Minuten der Stasis, schöner als das schwebende, geborgene Gefühl der ersten Chemikalieninfusion. Als Xavier und ich uns zum zweiten Mal küssten, wusste ich ohne den Schatten eines Zweifels, dass ich zu Hause war.
Die Nase, die mich jetzt berührte, gehörte zu meinem Hund, den der beständige Tränenstrom aus meinen Augen langsam
beunruhigte. Er leckte ihn ab, und ich lachte unfroh. Mein Zavier, der mir die Tränen wegküsste. Es war nicht ganz dasselbe.
Ich rappelte mich auf und führte Zavier hinein. Er erwartete, dass ich wie jeden Nachmittag zum Zeichnen in mein Studio ging, aber ich konnte das heute nicht ertragen. Die Gesichter von Xavier und Bren würden mir entgegenstarren und mein Herz zu Kreidestaub zermahlen. Noch in meiner Schuluniform rollte ich mich auf der Tagesdecke mit dem Rosenknospenmuster zusammen und regte mich auch nicht, als Patty mich zum Abendessen rief. Ich konnte immer noch nicht viel zu mir nehmen, und der Gedanke, in dieser Verfassung ein paar Bissen herunterzuwürgen, war mir zuwider.
Irgendwann in der Nacht schleppte ich mich ins Bad und trank ein großes Glas Wasser, um die beim Weinen verlorene Flüssigkeit aufzufüllen. Fünf Minuten später rannte ich zurück und erbrach mich in die Toilette. Danach nahm ich das Glas mit ins Bett und trank langsam, Schluck für Schluck, damit mein Magen die Flüssigkeit aufnehmen konnte.
Gegen zehn bimmelte mein Notescreen, aber ich fühlte mich nicht in der Lage, über den Vorfall zu reden, nicht einmal mit Otto. Ich ignorierte das Signal, und es bimmelte nicht wieder.
Die Nacht war furchtbar. Meine Pillen machten mich gerade schläfrig genug, um mich den Albträumen auszuliefern, aber nicht genug, dass ich danach weiterschlief. So wurde ich zwischen Weinen und Träumen hin und her geworfen, wobei die Albträume diesmal besonders grauenvoll waren, weil ich darin von glänzenden, hohläugigen Versionen von Bren oder Xavier angegriffen wurde, die mich immer wieder mit dem Stock schlugen, den der Glänzende bei meinem Schlafwandelabenteuer bei sich getragen hatte.
Das Weckerklingeln erlöste mich endlich. Ich fütterte Zavier
und stieg in mein Solarskiff, nachdem ich mich geweigert hatte zu frühstücken.
Als ich an der Schule ankam und aussteigen wollte, bemerkte ich, dass ich immer noch die verknitterte, tränenfleckige Uniform von der Nacht trug. Die Kakophonie, die in meinen Gleiter schwappte, ließ mich zusammenfahren. Schüler brüllten sich alles Mögliche über den Hof zu, und das Volleyballteam skandierte irgendwelche Schlachtrufe, die in meinen Ohren Arabisch klangen. Holofons piepten, Füße trampelten, ich bekam Kopfschmerzen. Und dann sah ich ihn.
Bren stand mit seinen Freunden mitten auf dem Hof. Ich wusste, dass ich schlimm aussah, und fühlte mich, als wäre ich gerade rückwärts durch eine Hecke gezogen worden. Hatte ich heute Morgen wenigstens daran gedacht, mir die Haare zu bürsten? Bren war sein übliches strahlendes Selbst. Er blickte kurz in meine Richtung und musste mein Solarskiff erkannt haben, denn er drehte sich schnell wieder um und lachte mit Anastasia über irgendetwas. Alles krampfte sich in mir zusammen.
Otto entfernte sich ein Stück von der Gruppe und sah mir entgegen. Sein regungsloses Gesicht neigte sich ein wenig zur Seite, während er mich stumm musterte. In diesem Moment hätte ich alles für so eine ausdruckslose Miene gegeben. Meine dagegen verzog sich weinerlich, und die Tränen drohten wieder zu fließen. Otto machte einen Schritt auf mich zu und streckte die Hand aus, als könnte er mich über den Hof hinweg berühren. Wie viel wusste er? Ich hielt es nicht aus. Ich stieg wieder in den Gleiter. »Nach Hause!«, befahl ich. »Nach Hause, nach Hause, nach Hause!«
Gehorsam schloss sich die Tür, und er schwebte davon.
In der Wohnung angekommen, schob ich eine große Tüte Hundefutter unter mein Bett und legte sie offen seitlich
Weitere Kostenlose Bücher