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Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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wusste, dass die meisten EDV-Systeme einen Schutzmechanismus gegen die zu häufige Eingabe falscher Codes hatten. Josi würde auffliegen. Jetzt gab sie nichts mehr ein, sondern starrte bloß auf den Bildschirm, auf dem ein Balken flimmerte. Noch hatte niemand ihre Versuche bemerkt. Alle waren beschäftigt. Aber wie lange noch?
    Da fuhr ich zusammen. Ich hatte nicht bemerkt, dass der Wichtigtuer auf mich zusteuerte, der vor Schmidts Unfreundlichkeit die Flucht ergriffen hatte. »Arg«, sagte er auch sofort, »da redet er noch mit einem, und am Abend wird er erstochen.« Ich erinnerte mich, dass Georg Schmidt nicht mit dem Wichtigtuer geredet hatte, im Gegenteil. Er hatte ihn nicht einmal erkannt. Ich nickte. Ich wollte, dass der Typ wieder abzog. »Und Ihnen wollte er eine gute Story liefern?«
    Ich zuckte die Schultern.
    »Was für eine?«
    »Wüsste ich auch gerne.«
    »Na …«, sagte der Wichtigtuer und wusste nicht mehr weiter. »Aber der Mord hat mit Bellini-Kleins Tod nichts zu tun. Der war sicher immer schon ein Selbstmordkandidat.«
    Klugschwätzer.
    »Der hatte sie nicht alle, der war größenwahnsinnig. Das sagen hier alle. Hat geglaubt, er sei etwas Besonderes. Auf seinem PC stand ›Gigant‹. Bellini-Klein, dass ich nicht lache.«
    Ich sah ihn scharf an. »Wissen Sie etwas über seinen Tod?«
    »Nein, nein«, stotterte der Wichtigtuer verlegen, »ich war zu seiner Zeit noch gar nicht hier beschäftigt, bin erst nach ihm gekommen. Aber das mit Gigant wissen alle. Man hört so einiges.«
    Ich war mir sicher, dass ich von diesem Typen nie etwas Brauchbares erfahren würde. »Ich habe jetzt zu tun«, sagte ich, »danke.« Er verschwand.
    Josi griff zum Handy. Obwohl ich es beobachtet hatte, zuckte ich zusammen, als es bei mir läutete. Ich war für solche Abenteuer nicht gemacht. Ich sah zu Josi hinüber. »Es geht nicht«, sagte Josi. »Ich komme nicht weiter, das große C funktioniert nicht.«
    C war unser Kürzel für Codewort. »Und wie ist es mit den Namen?«
    »Fehlanzeige.«
    Mir kam eine Idee. »Gigant. Versuch es mit ›Gigant‹.« Josi legte das Handy weg, und ich hörte sie über mein Handy tippen. Seltsamer Widerspruch zwischen Geräusch und Entfernung. »Ja, natürlich bringe ich das mit«, sprach ich ins Handy für den Fall, dass ich beobachtet wurde.
    Josi griff nach dem Handy und meldete: »Es geht nicht.«
    Und ich war mir so sicher gewesen. Was, wenn ich einfach zu Josi hinschlenderte? Ich unterhielt mich doch mit allen im Hauptquartier, das war derzeit sozusagen mein Job. Lieber nicht. Ich würde uns verraten. Ich arbeitete nicht mit Vogl-Leuten am Computer. »Gib mal ›gigantisch‹ ein.«
    »Ich weiß nicht, ich habe schon so viel probiert. Er könnte mir abstürzen. Oder einen Alarm auslösen. Es gibt ein Sicherheitssystem, aber ich kann nicht sagen, wie es arbeitet.« Bei Alarm dachte ich an lautes Klingeln. »Aber was soll’s, ich versuche es«, sagte Josi.
    Kurz darauf verschwand der Balken, den ich auch von meinem Platz aus sehen konnte, und auf dem Bildschirm erschien Text. Josis Gesicht blieb ausdruckslos.
    »Sag schon was«, bettelte ich.
    »Okay«, sagte Josi, »ich bin drinnen.« Sie unterbrach die Verbindung und legte das Handy weg.
    Der Rest war einfach. Binnen zehn Minuten hatte sie alle Text- und Buchhaltungsdateien geladen. Sie schaltete den Computer aus und steckte die letzte Diskette in ihre Tasche. Versicherte sich, dass sie auch Bellini-Kleins Diskette mitgenommen hatte, nieste laut, putzte sich die Nase und wischte mit einem frischen Taschentuch über die Tastatur. Alles wie vereinbart.
    »Zum Wohl«, rief ein junger Mann von der Nachbargruppe herüber.
    »Danke«, sagte Josi, lächelte und machte sich auf den Weg. Sie ging einfach aus dem Raum und wurde von niemandem aufgehalten. Ich blieb noch sitzen. Wahrscheinlich lächelte ich viel zu breit, aber hier lächelten ohnehin alle.
    Zwei Minuten nach Josis Abgang kam Orsolics. Orsolics wäre kein großes Risiko gewesen. Ich hatte bemerkt, dass er nicht alle Vogl-Mitarbeiter persönlich kannte. Trotzdem war ich froh, dass Josi schon weg war. Er steuerte auf mich zu. Er hatte zwei Schläger, das durfte ich nie vergessen. Er sah harmlos und sogar ein bisschen dumm aus, aber er hatte zwei Schläger.
    »Na, immer fleißig? Noch eine Geschichte über unseren Wahlkampf? Die Story über unsere Mitarbeiter war schon etwas ganz anderes als Ihre erste Geschichte. Wir konnten Sie überzeugen, was? Offenheit und Transparenz

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