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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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könntest?«
    Ich dachte daran, wie ich im Little Pink malte, während The Bone knackigen Rock’n’ Roll in fetten Brocken herauspumpte. Ich dachte an meine Großen Strandwanderungen. Ich dachte sogar daran, wie der ältere Junge der Baumgartens rief: »Jo, Mr. Freemantle, klasse Wurf!«, wenn ich das Frisbee zu ihm zurückkreiseln ließ. Dann dachte ich daran, wie ich in diesem Krankenhausbett aufgewacht war, wie schrecklich heiß mir gewesen war, wie verwirrt meine Gedanken gewesen waren, wie ich mich manchmal nicht einmal an den eigenen Namen hatte erinnern können. Ich dachte an meine Wut. An die mir dämmernde Erkenntnis (während der Jerry Springer Show ), dass ein Teil meines Körpers sich endgültig von mir verabschiedet hatte. Ich war in Tränen ausgebrochen und hatte nicht mehr aufhören können, zu weinen.
    »Ich würde ihn ungeschehen machen«, sagte ich. »Augenblicklich.«
    »Ah«, sagte er. »War nur eine Frage.« Und er wandte sich ab, um Elizabeth die Zigarette wegzunehmen.
    Sie streckte sofort die Hände aus wie ein Kind, dem man ein Spielzeug weggenommen hat. »Rauchen! Rauchen! RAUCHEN! « Wireman drückte die Zigarette am Absatz seiner Sandale aus, und Elizabeth beruhigte sich im nächsten Augenblick wieder und vergaß die Zigarette, weil ihr Nikotinhunger vorläufig gestillt war.
    »Bleibst du bei ihr, während ich das Porträt in die Eingangshalle bringe?«, fragte Wireman.
    »Klar«, sagte ich. »Hör zu, Wireman, ich wollte damit nur sagen...«
    »Ich weiß. Dein Arm. Die Schmerzen. Deine Frau. Das war eine dämliche Frage. Offensichtlich. Lass mich nur dieses Bild in Sicherheit bringen, okay? Und wenn Jack nächstes Mal kommt, schickst du ihn rüber.Wir packen es gut ein, und er kann es in die Scoto mitnehmen. Aber vor dem Abtransport nach Sarasota kritzle ich die ganze Verpackung mit unverkäuflich voll.Wenn du es mir schenkst, gehört dieses Baby ganz allein mir. Bloß nichts vermasseln!«
    Im Dschungel im Süden nahm der Vogel seinen sorgenvollen Ruf wieder auf: »Oh-oh! Oh-oh!«
    Ich wollte noch etwas zu ihm sagen, ihm meine Gründe erklären, aber er hastete bereits davon. Außerdem war es seine Frage gewesen. Seine dämliche Frage.
     
     
     
     
     
     
    III Jack Cantori nahm Wireman blickt nach Westen am nächsten Tag mit in die Scoto, und Dario rief mich an, sobald er das Bild aus seiner Kartonverpackung geschält hatte. Er behauptete, noch nie etwas Vergleichbares gesehen zu haben, und sagte, er wolle dieses Porträt und die Serie Mädchen mit Schiff zu Schwerpunkten der Ausstellung machen. Jimmy und er glaubten, allein die Tatsache, dass diese Werke unverkäuflich waren, werde reges Interesse wecken. Ich sagte, das sei mir recht. Er fragte mich, ob ich dabei sei, meinen Vortrag auszuarbeiten, und ich erklärte ihm, ich dächte darüber nach. Er sagte, das sei gut, denn die Veranstaltung wecke schon jetzt »ungewöhnliches Interesse«, obwohl die Einladungen noch gar nicht rausgegangen seien.
    »Und den Beziehern unseres Newsletters schicken wir natürlich JPEG-Bilder«, sagte er.
    »Das ist großartig«, sagte ich, aber es erschien mir keineswegs großartig. In diesen ersten zehn Märztagen bemächtigte sich meiner eine seltsame Mattigkeit. Allerdings erstreckte sie sich nicht auf die Arbeit; ich malte einen weiteren Sonnenuntergang und ein weiteres Mädchen mit Schiff . Jeden Morgen machte ich mit meiner Sammeltasche über der Schulter eine Strandwanderung, um Muscheln und sonstiges interessantes Treibgut zu suchen. Ich fand sehr viele Bier- und Limonadedosen (beinah so glatt und weiß wie Amnesie), ein paar Kondome, eine Spielzeug-Wasserpistole und ein Bikiniunterteil. Null Tennisbälle. Mit Wireman trank ich unter dem gestreiften Sonnenschirm grünen Tee. Ich brachte Elizabeth dazu, Thunfischsalat und Nudelsalat zu essen, beide mit viel Mayo; auch konnte ich sie dazu bewegen, »Milkshakes« von Ensure durch einen Strohhalm zu trinken. An einem Tag saß ich neben ihrem Rollstuhl auf dem Holzsteg und rieb die rätselhaften Ringe aus gelblicher Hornhaut mit Bimsstein von ihren großen alten Füßen ab.
    Aber ich machte mir noch keineswegs irgendwelche Notizen für meinen angeblichen »Kunstvortrag«, und als Dario anrief, um mir mitzuteilen, er sei in den Vortragssaal der Selby Library mit zweihundert Sitzplätzen verlegt worden, schmeichelte ich mir, dass meine hingeworfene Antwort nicht ahnen ließ, dass mir dabei fast das Blut in den Adern gefror.
    Zweihundert Leute

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