Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Titel: Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Scherer
Vom Netzwerk:
Ultrarechten schon als Verräter in Verdacht geriet, verbreitete er vorsichtshalber, jeder Fehlschlag werde Obama eine Billion Dollar im Haushalt kosten. Und das Weiße Haus beschwichtigte, es gehe doch nur um eine Auszeit im Grünen vor neuen, großen Aufgaben.
    Damit ist vor allem die neue Kraftprobe um den US-Haushalt gemeint, denn in wenigen Wochen endet erneut die Einigungsfrist, um die nationale Schuldenobergrenze zu erhöhen, damit das Land zahlungsfähig bleibt. Dabei ist unklar, wer für ein Scheitern mehr verantwortlich gemacht würde: der Präsident, weil er nun mal für die Geschicke des Landes die letzte Verantwortung trägt, oder die schon notorischen Neinsager der Opposition, falls ihnen der Totalboykott Obamas sogar den Staatsbankrott wert ist.
    Tatsächlich wächst Amerikas Schuldenstand jede Minute um eine halbe Million Dollar. Da erneut das Limit anzuheben, obwohl dies bisher stets eine Routineabstimmung war, ist schwer zu vermitteln. Doch ohne Einigung droht der Regierung die Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit durch Ratingagenturen, mithin müsste sie künftig höhere Kreditzinsen bezahlen, um die Schulden zu stemmen, und nichts wäre gewonnen. Die Republikaner, allen voran der Tea-Party-Flügel, wollen radikal Ausgaben kürzen, während die Demokraten sich sorgen, dass allein die sozial Schwachen und die Mittelschicht dafür geschröpft würden. Denn zahlreiche Republikaner haben sich inzwischen intern sogar per Unterschrift dazu verpflichtet, als Abgeordnete nie einer Steuererhöhung zuzustimmen – als seien sie nicht dem Parlament, sondern einer Sekte beigetreten. Ihr Initiator, der konservative Lobbyist Grover Norquist, drängt Neuparlamentarier wie ein Guru zu solchen Gelöbnissen. Unterschrieben wird vor Zeugen, Kopien legt er sorgfältig ab. Falls ein Mandatsträger wortbrüchig wird, kann die Tea Party ihn damit genüsslich überführen. »Ich bin Teil der Antisteuerbewegung, sie ist das Richtige für unser Land«, glaubt Norquist. Seine markanteste Publikation lässt wenig Zweifel daran, wie sein Wunsch-Amerika aussieht: »Lasst uns in Ruhe: Wie wir der Regierung beibringen, die Finger von unserem Geld, unseren Waffen und unserem Leben zu lassen.«
    Auch Ökonomen zeigen sich indessen kämpferisch. So eindeutig wie die einen – allen voran Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman – davor warnen, mitten in der Rezession die Staatsausgaben zusammenzustreichen, reklamieren andere, dass man in einer Flaute eben auch keine Steuern erhöhe.
    Um all dem mit einem offensiven Vorschlag zu begegnen, verständigen sich Boehner und Obama auf eine große Lösung. Sie wollen das Defizit in den nächsten zehn Jahren um vier Billionen Dollar verringern, vor allem durch Kürzungen von Sozialausgaben, aber auch durch Mehreinnahmen für die Steuerkasse. Die Aussicht auf eine Beteiligung der Reichen soll den Linken die Zustimmung erleichtern. Umgekehrt könnte der Köder einer Billionenkürzung auch die Ultrarechten einer maßvollen Steuererhöhung für Vermögende zustimmen lassen – zumal die letzten Jahre deutlich machten, wie sehr sich die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert hat.
    Selbst Tea-Party-Mann Paul Ryan reagiert zunächst verhalten zustimmend. »Lasst uns Steuerschlupflöcher stopfen«, sagt er. »Wir haben Firmen im Land wie General Electric, die nicht einen einzigen Dollar Steuern zahlen, während andere mit 34 Prozent belastet werden. Fair ist das nicht.«
    Auch John Boehner würde ein Befreiungsschlag zugutekommen. Er hätte dann nicht nur bewiesen, dass das Parlament unter seiner Führung Reformen stemmen kann, sondern wäre auch maßgeblich an einer Haushaltssanierung beteiligt. Doch es gelingt ihm nicht, seine Partei hinter sich zu scharen. Zu vielen ist ein anderer Preis zu hoch: Zwar würden sie Boehner den Erfolg gönnen, nicht aber Obama. Den wollen sie bis zur Wahl lieber weiter als Schuldenmacher brandmarken, der für ein Rekorddefizit stehe.
    Der Minderheitenführer im Senat, Mitch McConnell, der stets als sein erstes Ziel nennt, Obamas Wiederwahl zu verhindern, gibt die neue Sprachregelung der Konservativen vor. Keiner redet nunmehr von Reichen, sondern nur noch von »Jobschaffenden«, die man nicht stärker besteuern dürfe. Später warnen sie ebenso einhellig vor einem »Klassenkampf«, den Obama schüre. Auf der anderen Seite schlagen die Linken Alarm, einen Kompromiss ohne Lastenanteil auch für Millionäre dürfe Obama nicht mittragen. Als seine Unterhändler

Weitere Kostenlose Bücher