Wahnsinn, der das Herz zerfrisst
Familie erben würde, falls sein berühmter Vetter ohne männlichen Erben sterben sollte.
Gleichzeitig traf ein Brief von Annabella Milbanke ein. Jäh holte sie die Wirklichkeit ein: »Vor einiger Zeit habe ich deutlich gemacht, da ich wußte, Sie würden die Motive für diese Erklärung nicht mißverstehen, daß ich mich getäuscht hatte… als ich dachte, ich sei jemals eine ernsthafte Verbindung eingegangen.
Die Gründe, die mich dazu brachten zu glauben, daß der Charakter einer Person meinem eigenen angemessen wäre, sind mit der Möglichkeit einer näheren Untersuchung geschwunden, und obwohl ich weit davon entfernt bin, ihm gleichgültig gegenüberzustehen, könnte mich jetzt nichts mehr dazu bringen, ihn zu heiraten.«
»Schön für sie«, sagte Byron und reichte Augusta Annabellas Brief, den sie schnell überflog. »Ich glaube, sie ist in dich verliebt.« Byron lächelte ungläubig. »Die Prinzessin der Parallelogramme? Sie steht mir höchstens wohlwollend gegenüber.«
Augusta wandte sich an den Verwandten. »Mein Bruder wird bald heiraten, Cousin, wußten Sie das schon?«
Captain Byron war groß, etwas zu stattlich und ziemlich konservativ. Er wußte nicht, was er von seinem Vetter halten sollte, der aber immerhin den Familiennamen wieder bekannt gemacht hatte, wenn auch auf ziemlich seltsame Weise. »Tante Sophia erwähnte es. Darf man fragen, welche Dame das Glück hat, die Auserkorene zu sein?«
»Wir wissen es noch nicht«, sagte Byron unbekümmert. »Entweder Lady Charlotte oder Miss Milbanke. Was meinen Sie, Cousin, soll ich eine Münze werfen?«
Der Captain starrte ihn mißbilligend an und fand seinen Vetter genauso unpassend und frivol, wie er ihn sich vorgestellt hatte.
»Diese Haltung einer so ernsten Angelegenheit gegenüber finde ich reichlich unangebracht.«»Da Sie gerade von ernsten Angelegenheiten sprechen«, griff Augusta ein, »Sie sagten, Sie hätten Neuigkeiten von Hanson?« Mr. John Hanson, redlich geplagter Familienanwalt, hatte endlich einen wirklich seriösen Käufer für Newstead Abbey gefunden. Es fehle nur noch die Unterschrift des jetzigen Eigentümers, ließ er ausrichten. Dieser sah jedoch nicht im mindesten dankbar aus.
»Verdammter Spooney«, murmelte er, »ich hätte nie gedacht, daß er es tatsächlich schafft.« Byron liebte Newstead Abbey, seit er es als Zehnjähriger das erste Mal gesehen hatte. Bis jetzt war die Möglichkeit eines Verkaufs immer unwirklich und weit weg gewesen. Doch was blieb ihm übrig, als Hanson seine Unterschrift zu geben?
Augusta schlug vor, nach Ablauf der Mietsfrist am 13. August von Hastings aus nach Newstead Abbey zu fahren, statt wie geplant nach London beziehungsweise Six Mile Bottom zurückzukehren. Sie hatte ihre Freundin Charlotte brieflich nun fast so weit gebracht, daß sie einer Verlobung zustimmte. Das hieß, Augustas Tage mit ihrem Bruder waren gezählt. Und wo konnten sie ihre letzte gemeinsame Zeit besser verbringen als in Newstead, von dem sie ebenfalls Abschied würden nehmen müssen.
Also reisten sie mit den Kindern in den Norden Englands, machten eine kurze Zwischenstation in London (wo Henry beinahe unter die Hufe der königlichen Wachablösung geraten wäre) und begaben sich dann zum letztenmal in die alte Abtei.
Newstead bot sich in der melancholischen Schönheit des Spätsommers. Selbst der verwilderte Park, den Augusta mit Hund und Kindern durchstreifte, besaß seinen eigenen unwiderstehlichen Zauber.
Bald nach ihrer Ankunft traf Sophia Byron, reiselustig wie eh und je, zu einer ihrer Stippvisiten ein, und erkundigte sich eindringlich, mit welcher Lady Byron man denn nun rechnen dürfe. »Wenn du meine Meinung hören willst, Neffe«, sagte sie und nahm sich eine der aus London mitgebrachten Pralinen,
»nimm Miss Milbanke.«
»Warum eigentlich?« fragte Byron.
Sophia warf einen raschen Blick auf Augusta, die im Moment mit Mignonne spielte und ihnen keine Aufmerksamkeit schenken konnte. »Du und deine Schwester, ihr seid schon zwei solche Kindsköpfe, daß ihr keinen weiteren von der Sorte gebrauchen könnt, und die gute Charlotte ist einer. Das hat sie natürlich von ihrer Großtante Isabella Byron. Soweit ich weiß, konnte Isabella…«
Zwei Wochen später traf ein aufgeregter Brief von Lady Charlotte ein. Ihre Eltern, die schon fast bereit gewesen waren, ihre Zustimmung zu geben, hatten plötzlich ihre Meinung geändert und wollten, daß Charlotte einen ihrer Howard-Vettern heiratete, auf Wunsch seines
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