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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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nicht so an. Uns zeigt das Verteidigungsministerium die kalte Schulter, aber irgendwer hat Ruskin erzählt, damals seien vier afghanische Zivilisten getötet worden. Seit seinem Abschied war Larkin unsichtbar. Hat vielleicht auf ’nem Berg in Tassie gelebt und Possums gegessen. Lebendige. Ist bei diesen Killern beliebt, wenn sie nach Hause kommen.«
    »Und die Waffen?«
    »Fehlanzeige. Von Bikern importiert.«

    Ein Gruppe Jogger durchquerte ihr Gesichtsfeld: alte Männer, faltig, bucklig, stumm. Mit gesenkten Köpfen schlurften sie vorbei.
    »Im Gleichschritt«, sagte Birkerts. »Wie kommt das?«
    »Sie haben dieselbe Musik auf ihren iPods«, sagte Villani. »Den Colonel-Bogey-Marsch. Seid ihr in Oakleigh fertig?«
    »Ich fahre anschließend rüber. Willst du mitkommen?«
    »Warum nicht? Hab den ganzen Tag Zeit, die ganze Nacht auch, seit ich nicht mehr weiß, wo ich wohnen soll.«
    »Wohnen? Wieso?«
    »Eheliches Zerwürfnis.«
    Auch ohne zu lächeln, guckte Birkerts amüsiert drein. »Kommt das plötzlich?«
    »Wenn es passiert«, sagte Villani, »ist alles plötzlich.«
    »Du kannst in der Bude meiner Schwester absteigen, wenn du magst. Du bist Kirsten mal begegnet.«
    »Stimmt. Auf dem Grillfest bei dir. Als die Grillkohle ausging. Verlosch. Wo ist sie hin?«
    »Italien. Erfolgreiche Scheidung, hat dem Typ das Fell über die Ohren gezogen. Jetzt will sie Künstlerin sein.«
    »Ihre Bude ist wo?«
    »Wie? Auch noch wählerisch?«
    »Es gibt Gegenden, wo ich nicht wohnen möchte, ja«, sagte Villani.
    »Fitzroy. Eine für dich noch akzeptable Zone?«
    »Mit Fitzroy kann ich leben. Mit Teilen von Fitzroy. Was gibt’s sonst noch über Kidd?«
    »Nach der SOG ging er achtzehn Monate ins Ausland. Offenbar zu einer privaten Sicherheitsfirma in den Irak. Dann war er ein paar Monate bei GuardSecure, wo man ihn rauswarf, weil er einen Typ krankenhausreif geschlagen hat, der Fall ist noch anhängig. Seitdem ist auch er unsichtbar. Ein Bankkonto mit etwa achttausend Riesen drauf, es gibt Bareinzahlungen von fünf-, sechshundert Dollar. Er hat zwei Kreditkarten,
der gibt nicht viel aus, nichts Außergewöhnliches. Keine Teilzahlung.«
    »Und der Prado?«
    »Vor einem Jahr bei einem Gebrauchtwagenhändler gekauft. Car City. Hat einen Celica in Zahlung gegeben, die Differenz bar beglichen.«
    »Tja, dann wollen wir mal sehen.«
    Birkerts telefonierte. »Sie sind unterwegs.«
    Kaum hatten sie hinter dem Haus an der Roma Street geparkt, als der Van vorfuhr. Zwei Männer in Overalls stiegen aus und holten zwei schwarze Gummikoffer aus dem Laderaum. Birkerts ging vor, die Treppe hoch.
    In Kidds Apartment war es stickig, die Hitze verstärkte alte Kochgerüche: gebratene Zwiebeln, Fleisch. Als Villani am Bad vorbeiging, roch er Talkumpuder. Neulich nachts hatte er das nicht gerochen.
    »Talkumpuder?«, sagte er. »Männer?«
    »Sackjucken«, sagte Birkerts.
    Sie betraten das große Zimmer. Ein Techniker nahm ein Gerät aus dem Koffer, das aussah wie ein großer Scheinwerfer für die Fuchsjagd, nur ohne Licht. Er fuhr mit der Hand darüber.
    »Sie mögen das Teil?«, sagte Birkerts. »Wie ein Haustier?«
    Der Mann schwieg, löste eine straffe gelbe Kabelspirale. Der andere Mann öffnete auf dem Küchentisch seinen Koffer, in dessen Deckel ein Computermonitor integriert war.
    Villani ging, warf einen Blick in Kidds durchwühltes Zimmer, ging weiter, öffnete die Schiebetür zu dem hinteren Schlafzimmer. Nicht mehr als ein großer Schrank mit einem eigenen Einbauschrank.
    Hier hatte Ray Larter geschlafen. In dem Einbauschrank hing auf einem Drahtbügel eine Jeans. Er fand das Etikett: Hüfte 34, Beine 44 Zoll. Ray Larter war groß und schlank gewesen. Seine Sporttasche stand auf dem Boden neben dem
Bett und verriet wenig – T-Shirts, Unterhosen, durchsichtiger Kulturbeutel mit Zahnpasta, Einwegrasierern, Shampoo. Im Gegensatz zu Kidd war Ray ordentlich gewesen.
    Villani fiel das kahle Schlafzimmer seines Vaters an einem Montagmorgen ein, Bett abgezogen, Decken auf der Wäscheleine, Bettzeug und schmutzige Klamotten in der Maschine.
    Er ging den Flur entlang und auf den Balkon, sah hinunter auf die Straße, die Bäume, eine Frau in einem engen roten Rock, die neben einem geparkten Auto stand und mit dem Fahrer sprach. Sie zog an einer Zigarette, wedelt damit herum. Eine Hand kam aus dem offenen Fenster, die Frau gab ihr die Zigarette, der Fahrer schnippte sie auf die Straße, sie schlug nach der Hand, verfehlte sie aber.
    Anna.
    In

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