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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Fitz zählt an den Fingern ab. »Florida. Südkalifornien. Arizona. Nur in einem Staat hatte es 1977 einen Kidnappingfall gegeben, der Schlagzeilen gemacht hatte. Ich rief bei der Polizei von Scottsdale an und hab nach Bethany Matthews gefragt. Es dauerte ein Weilchen, bis sie jemanden fanden, der noch was mit der Sache anfangen konnte - alle anderen Beamten, die an dem Fall gearbeitet hatten, waren bereits im Ruhestand. Sie wollten wissen, von wo ich anrufe.«
    »Hast du es ihnen etwa gesagt?«
    Fitz verzog das Gesicht. »Ich mußte denen doch sagen, daß ich Journalist bin, was sollte ich denn machen? Aber glaub mir, Eric, Delias Namen hab ich nicht genannt.« Er steht auf und geht zum Fenster, von wo aus er suchend Richtung Wald schaut. »Ich vermute, jemand in Scottsdale hat die Worte New Hampshire Gazette gehört und dann ein bißchen im Internet gestöbert. Andrew sitzt im Stadtrat, weißt du, wie oft er auf irgendwelchen Fotos in der Zeitung war? Von Delia ganz zu schweigen?«
    »Er hat sich vor aller Augen versteckt«, murmele ich. Mich wundert, daß da eine Polizeidienststelle so rasch reagiert hat - aber so rasch war es andererseits auch wieder nicht, wie ich weiß. Schließlich war der Haftbefehl für Andrew seit fast dreißig Jahren ausgestellt. Die Polizei wußte nur nicht, wo er sich aufhielt, um die Verhaftung vorzunehmen.«
    Fitz wendet sich ab, die Hände in den Taschen. »Du mußt sie suchen.«
    »Geh du. Du bist schließlich derjenige, der die Cops hergelockt hat.«
    »Das stimmt zwar«, gibt Fitz zu. »Aber ich bin nicht derjenige, den sie braucht.«
    Gegen Ende der sechsten Klasse brachten die ersten Jungs den Mut auf, ein Mädchen zu fragen, ob es mit ihnen gehen wollte. Das bedeutete nichts anderes, als mittags in der Cafeteria nebeneinander zu sitzen und gelegentlich miteinander zu telefonieren. Gemessen an diesen Kriterien waren Delia und ich praktisch verheiratet - wir waren weitaus öfter zusammen als irgendein Pärchen an der Wexton Middle School -, das heißt, bis Fitz Delia offiziell fragte, ob sie mit ihm gehen wollte.
    Ich maß dem keine große Bedeutung zu, weil ständig irgendwelche Gerüchte kursierten, wer auf wen ein Auge geworfen hatte, aber dennoch wurmte es mich, denn ich merkte zunehmend, wie gern ich an Fitz' Stelle gewesen wäre, der Delias Hand hielt, wenn wir zusammen auf den Gleisen balancierten oder neben ihr im feuchten Gras lag, wenn wir durch ein winziges Loch in einem Schuhkarton spähten, um uns die Sonnenfinsternis anzusehen. Nach einer Weile rief Fitz nicht mehr an, und dann auch Delia nicht mehr, und ich versuchte, mir einzureden, daß ich die beiden sowieso nie gebraucht hatte.
    Ich ging solo auf die Party am Ende des Schuljahres. Ich stand gerade mit dem Angeber Donnie DeMaurio zusammen, einem Zwölfjährigen mit Schnurrbart und einer Packung Zigaretten in der Tasche, als eine heulende Delia auftauchte. »Fitz hat mit mir Schluß gemacht«, sagte sie.
    Ich war völlig verdattert, weil ich mir das nicht erklären konnte. Später erzählte er mir den Grund. Ich wollte lieher euch beide, sagte er auf seine typisch lässige Art, als nur eine. Doch in dem Moment war Fitz nicht da, und Delia war so nah, daß die Härchen auf meinen Armen sich nach der Wärme reckten, die sie ausstrahlte. »Eigentlich könnte ich ja mit dir gehen?«
    »Eigentlich ?« wiederholte sie. »Oh Mann, vielen Dank, daß du dich opfern möchtest. Aber du mußt mir keinen Gefallen tun.«
    Ich kannte Delia gut genug, um zu wissen, daß sie einen nur wegstieß, um nicht selbst weggestoßen zu werden. Ich hielt sie am Arm fest, als sie davonlaufen wollte. »Ich würde furchtbar gern mit dir gehen«, sagte ich. »Klingt das besser?«
    »Vielleicht.«
    »Und was machen wir jetzt?« fragte ich.
    Sie biß sich auf die Unterlippe. »Wir könnten tanzen. Wenn du willst.«
    Ich hatte noch nie mit einem Mädchen getanzt, und obwohl Delia und ich früher zusammen nackt in Teichen gebadet und in einem engen, kleinen Zelt übernachtet hatten, fühlte es sich unwahrscheinlich neu an. Meine Hände glitten über Delias Rücken und legten sich auf ihre Hüften. Sie roch nach Pfirsich, und unter dem Strickkleid konnte ich den dünnen Gummibund ihrer Unterwäsche spüren.
    Sie redete für uns beide. Sie erzählte, daß Fitz sie eines Abends angerufen und gefragt hatte, ob sie mit ihm gehen wollte, und daß sie unsicher gewesen wäre, ob sie ja oder nein sagen sollte, bis ihr das Ja einfach so rausgerutscht war.

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