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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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zu lassen?«
    Er war sich nahezu sicher, die Ahnung eines Lächelns zu bemerken, obwohl das schwer zu sagen war durch die vielen Stoffschichten, unter denen sie sich vergraben hatte.
    »Wissen Sie, wer diese Männer sind?«, nahm Julian den Faden auf. »Der Horus auf dem Dachboden? Der Absender des Päckchens, das mit der Post kam? «
    Wieder schien das Mädchen jeden Gedanken zu entwirren und jedes Wort sorgfältig abzuwiegen, bevor es mit der ruhigen Gemessenheit einer Schlussfolgerung antwortete: »Nicht mit Sicherheit. Aber Colonel Feltham scheint sie zu kennen. Ich habe solch eine Gestalt schon einmal in Ägypten gesehen, kurz bevor meine Eltern ermordet wurden. Es hat alles etwas mit dem Falkengott zu tun, mit den Ausgrabungsstätten und einem Kult, den es eigentlich seit Jahrtausenden nicht mehr geben sollte.«
    Das war mit Abstand die längste Erklärung, die Julian bisher von dem Dienstmädchen gehört hatte. Als es nichts mehr hinzufügte, wollte er wissen: »Wo haben Sie den Horus das erste Mal gesehen?«
    Er konnte sich plötzlich des Gefühls nicht erwehren, dass sie beobachtet wurden. Mit aller Kraft unterdrückte er den Drang, zurückzublicken und sich nach Verfolgern umzusehen. Er rief sich ins Gedächtnis, dass sie mitten durch eine verlassene Landschaft fuhren. Obwohl es noch nicht ganz hell war, hätten sie jeden anderen Menschen gesehen, lange bevor er sie erreichen würde. Selbst wenn jemand bemerkt haben sollte, dass Jane Wainwood House verlassen hatte, würde eine heimliche Verfolgung unmöglich sein. Inzwischen war Jane es, die ihn neugierig von der Seite betrachtete, und Julian gab sich Mühe, unbesorgt dreinzusehen. Es war nicht mehr weit bis zum Bahnhof und der Tag brach bereits an.
    »Kurz vor seinem Tod war mein Vater wegen etwas in Sorge, über das er jedoch nicht sprach«, griff Jane den Faden auf. Sie sah nicht die pelzige Kruppe des Pferdes vor sich, oder das lederne Geschirr, sondern schaute geradewegs in die Vergangenheit zurück. »Er hatte einen halb verschütteten Gang in einer Grabanlage entdeckt, der in den Berg führte. Als er hinabsteigen wollte, bin ich ihm gefolgt.«
    Auch Julian sah jetzt im Geiste den düsteren Tunnel vor sich, der in den nackten Felsen gehauen worden war. Die Luft war gewiss stickig gewesen und die Dunkelheit so tief, als würde der Weg ins Innere der Erde hinabführen. Obwohl er Jane Swain bisher nur mit der gestärkten Schürze eines Hausmädchens gesehen hatte, zweifelte er keine Sekunde daran, dass sie ihrem Vater ohne Laterne und Sicherungsseil nachgeschlichen war.
    »Ich weiß nicht, was er am Ende des Ganges entdeckt hat. Als er wieder hinaufstieg, bin ich ihm geradewegs in die Arme gelaufen«, berichtete Jane »Er schien etwas zu fürchten und gleichzeitig nicht zu wissen, woher die Gefahr drohte. Als wir wieder bei den Gräbern standen, trug er mir auf, mich zu verstecken.« Jane schwieg bedrückt.
    »Und auch dort war der Horus«, stellte Julian an ihrer Stelle fest. Er bedauerte zum ersten Mal in seinem Leben, keine Waffe zu besitzen. Er hatte sich nie besonders viel aus der Jagd gemacht und auf der Schule nur zum Spaß gefochten, so wie die anderen Jungen im Ruderclub waren oder in ihrer Freizeit boxten und Kricket spielten. Doch nichts von alldem war dazu geeignet, heidnische Gottheiten abzuwehren, oder Mörder, die Süßigkeiten mit Zyankali schickten.
    »Ich weiß nicht, was dort war«, räumte Jane widerstrebend ein. »Ich muss in der schlechten Luft ohnmächtig geworden sein. Als ich wieder zu mir kam, habe ich Lichter in der Grabanlage gesehen und Gestalten. Wesen mit Tierköpfen und Priester mit kahl rasierten Köpfen. Es wurden Kräuter verbrannt und Lieder in einer fremden Sprache gesungen. Sie müssen mich trotz der Dunkelheit bemerkt haben, denn ein Mann hat eine Fackel in die Höhe gehalten und etwas gerufen. Und dann bin ich gerannt, so schnell und so weit, wie ich nur konnte, geradewegs in die Wüste hinein.«
    Julian fand, dass es das Vernünftigste gewesen war, was sie in der Situation hatte tun können. Er empfand eine jähe Erleichterung, als sich vor ihnen in der Ebene eine Anhäufung von Häusern abzeichnete. Dächer, aus deren Schornsteinen Rauch aufstieg, Gaslaternen und in einiger Entfernung sogar ein einzelnes Automobil.
    Er musste nicht weiter nachfragen, ob sie den Verfolgern entkommen war, denn das verfrorene Mädchen neben ihm auf dem Kutschbock war durch und durch lebendig. Aber auch etwas anderes war

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