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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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überrascht war noch davon, dass Julian ihm die eigentliche Geschichte hinter der Liste verschwieg. Und obwohl er sich nie ganz sicher war, wie weit er Maurice tatsächlich trauen konnte, war er ihm in diesem Augenblick zutiefst dankbar dafür, dass er keine weiteren Fragen stellte.
    Maurice nahm den Faden seiner Schlussfolgerungen wieder auf. »Es muss eine Person geben, die im Verborgenen lange daran gearbeitet hat, Macht und Einfluss zu gewinnen. Dieser Mensch, und jede Person auf seiner Liste, dürfte einiges Interesse daran haben, die Angelegenheit geheim zu halten. Die Frage muss also lauten: wem gehörte diese Liste ursprünglich?«
    Er hatte sich beim Sprechen aus dem Sessel erhoben und glitt nun ruhelos zwischen den altmodischen Möbeln hindurch. In Felthams Mietwohnung herrschte die penible Ordnung eines langjährigen Soldaten. An den Wänden des Salons verblassten Kupferstiche neben den Porträts längst Verstorbener. In einer gewaltigen chinesischen Vase steckten Spazierstöcke und Regenschirme. Dunkles Holz und alter Samt verbreiteten eine urige Gemütlichkeit. Über alldem hing unter der Decke ein ausgestopfter Uhu mit gespreiztem Gefieder. Maurice’ schlanke Gestalt wirkte, als hätte sie sich zufällig hierher verirrt wie der letzte Strahl Tageslicht zwischen die schweren Vorhänge. Er stand ans Fenster gelehnt und sah in Gedanken versunken auf die Straße hinaus, als würde er die Schlüsse, zu denen er gekommen war, noch einmal neu ordnen. Vielleicht aber auch nur, um in Erwägung zu ziehen, ob es nicht schon zu spät war, sich noch für einen der vielen Bälle anzukleiden, die heute Nacht in London gegeben wurden.
    »Was würdest du tun, wenn dir eine solche Liste in die Hände fallen würde?«, fragte Julian endlich. Er konnte Maurice’ Gesicht nicht sehen, doch er ging davon aus, dass sein Freund bemerkte, dass er seine Frage nur als Hypothese formuliert hatte.
    »Einigen Personen am Hof einen unauffälligen Besuch abstatten, bevor ich sie der Obrigkeit übergeben würde«, erklärte der zukünftige Politiker in wohlbemessenen Worten. »Und sicherheitshalber würde ich eine Abschrift für die Presse behalten.«
    Maurice drehte sich zu ihm herum. Im Gegenlicht konnte Julian noch immer nicht in seinem Gesicht lesen. Doch seine Stimme war eine Idee weicher geworden. »Du solltest die Liste unter Verschluss halten, solange niemand weiß, dass du mit ihr irgendetwas zu tun hast«, fügte Maurice hinzu. »Das hier sind sehr riskante Papiere. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, die Gefahr, die für dich mit ihnen verbunden ist, aus dem Weg zu räumen: entweder, indem sie niemals jemand zu Gesicht bekommt oder am besten gleich alle Welt, sodass sie kein Geheimnis mehr ist.«
    Einen Augenblick lang verspürte Julian den übermächtigen Wunsch, die Liste einfach im Kamin an ein brennendes Streichholz zu halten. Doch natürlich wäre damit nichts gewonnen. Penelope besaß noch immer das Original. »Ich werde darüber nachdenken müssen«, sagte Julian schließlich und faltete die unscheinbaren Bögen zusammen. »Diese Entscheidung kann ich nicht allein treffen.«
    Maurice hatte nichts anderes erwartet. Er wandte sich vom Fenster ab. Hinter ihm versank die Straße in einer blassblauen Dämmerung. »Solltest du eines Tages zu dem Schluss kommen, dass du der britischen Regierung dieses bemerkenswerte Dokument überreichen willst, dann würde ich mich geehrt fühlen, dir dabei behilflich sein zu dürfen«, sagte er mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der er ein Paar Ziegenlederhandschuhe auswählen würde.
    Trotz Maurices ungeheuerlichem Verdacht glaubte Julian plötzlich, dass es ihnen gelingen könnte, dieses verwirrende Machtgespinst ans Licht zu holen und zu zerschlagen. Es war an der Zeit, mit Colonel Feltham über ihre Entdeckungen zu reden. Er mochte die nüchterne, pflichtbewusste Art des Offiziers. Feltham verströmte die ruhige Verlässlichkeit eines wuchtigen Felsens, und er würde ihnen helfen, die richtige Entscheidung zu treffen. Mit dieser Gewissheit kehrte auch Julians Appetit zurück. Der Wein vertrug sich hervorragend mit den gebratenen Zwiebeln in der saftigen Füllung der Pastete. Es gab niemanden, der ihnen hätte auftragen können, und keiner von beiden kannte sich in der Küche aus. Also ließen sie alle Regeln des Anstandes hinter sich und verzehrten das Essen mit den Fingern. Es war das erste Mal, dass Maurice sich in Julians Gegenwart derart revolutionär verhielt. Gerade als

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