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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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Blicke ihrer Tante bei jedem Schritt wie Messerstiche in ihrem Rücken zu spüren, waren die beiden Tänze, zu denen sie nicht aufgefordert worden war. Der Makel, beim Einsetzen der Musik übrig geblieben zu sein und am Rande zwischen den Müttern und Tanten ausharren zu müssen, hatte wie ein leuchtendes Schandmal auf ihrer Stirn gestanden, im ganzen Saal weithin sichtbar. Während die letzten Töne des Tanzes verklangen und alle Paare zum Stillstand gekommen waren, gelangte Penelope einmal mehr zu dem Schluss, dass die Vergnügungen eines Balls gemeinhin überschätzt wurden, auch wenn ihr Kleid ein perlenbestickter Traum war und sie sich dank Annabells Anstrengungen sogar schön fühlte. Ihre aufgesteckten Locken blieben genau dort, wo sie hingehörten, und die feinen Chiffonröcke flossen bei jeder Bewegung um ihren Körper herum. Das erste Glas Champagner hatte Penelopes Anspannung gelöst. Und das große Stadthaus von der Cousine ihrer Mutter, der Duchess of Keeley, bot die ideale Kulisse für den ersten Ball der beiden Goodallschwestern.
    Auf der ausladenden Marmortreppe wurde der Weg der Gäste von üppigen Blumengestecken gesäumt. Strahlende Kronleuchter beschienen jeden ihrer Schritte. Und der gewaltige Saal passte weit eher zu einem altehrwürdigen Landsitz als zu einer Londoner Stadtvilla. Die Einladungen waren rechtzeitig verschickt und umgehend angenommen worden. Es gab unter den Gästen eine beachtliche Zahl unverheirateter junger Männer aus achtbaren Familien und sicherheitshalber noch eine ganze Reihe hinreichend präsentabler Kandidaten aus weniger herausragenden Verhältnissen, um die Lücken für die jungen Frauen während des Tanzens möglichst gering zu halten.
    Claire war bereits Tage im Voraus hingerissen gewesen. Sie hatte kein anderes Thema mehr gekannt. Schon zum Auftakt des Balls war ihre Tanzkarte perfekt durchgeplant gewesen, was sie nicht davon abhielt, einen Gentleman, dem sie bereits zugesagt hatte, wieder zu verschmähen, sobald ein lohnenswerterer Kandidat in Sichtweite kam. Penny hatte beobachtet, wie Claire in so einem Fall ganz einfach vortäuschte, den ursprünglichen Tanzpartner im Gedränge nicht wiederfinden zu können oder sich in der Zeit geirrt zu haben. Folglich schwebte Claire den ganzen Abend wie beflügelt über das Parkett. Falls ihre Tanzpartner genauso unbeholfen waren wie der behäbige Mr Sworthing, glich ihre leichtfüßige Eleganz das wieder aus. Sie musste nie am Rande der Tanzfläche zurückbleiben. Und auch wenn Penelope sich an diesem Abend hübsch fand, so war Claire doch strahlend.
    Nachdem Mr Sworthing sie vom Parkett geführt hatte, beschloss Penny, dass sie sich die Taktik ih rer Schwester zu eigen machen würde. Sie überließ es Horace Sworthing, ein paar Höflichkeiten mit Tante Mildred auszutauschen, und machte sich währenddessen aus dem Staub. Glücklicherweise war das Gedränge groß genug, um darin untertauchen zu können. Überall um sie herum raschelten die langen Schleppen der Damen über den Boden. Gefärbte Straußenfedern wippten auf Lockentürmen. Weiße Handschuhe hoben sich vom strengen Schwarz der Fracks ab. Es gab gewaltige Kübel mit Topfpalmen und riesige Vasen voller Blumen, hinter denen Penelope in Deckung gehen konnte. Auf ihrem Fluchtweg passierte sie geraffte Fenstervorhänge, versteckte Erker und wuchtige Säulen. Diener eilten mit Tabletts an ihr vorbei. Herrschaften wurden einander vorgestellt oder standen in Grüppchen plau dernd beisammen. In dem Durcheinander fiel Penny gar nicht auf, auch wenn sie eine der beiden jungen Damen war, zu deren Ehre dieser Ball gegeben wurde. Gerade machte um sie herum das Gerücht die Runde, der Bruder des Königs, Prinz Arthur, sei in der Eingangshalle gesichtet worden. Die bloße Aussicht auf ein wenig royalen Glanz versetzte die Damen derart in Verzückung, dass ihre Fächer doppelt so schnell vor und zurück wippten. Penelope hielt am äußeren Rand des Saals inne. Sie überlegte gerade, ob sie nicht vielleicht doch bleiben sollte, um zumindest einen Blick auf den Prinzen zu werfen, als sie einen vertrauten rotgoldenen Haarschopf bemerkte.
    Lord Nyles beugte sich gerade zur Begrüßung über Claires Hand. Ihrem hinreißenden Lächeln zufolge hatte er ihr ein Kompliment gemacht. Im nächsten Augenblick setzte die Musik wieder ein. Als sei dies das verabredete Zeichen gewesen, glitt Claire an Lord Nyles’ Arm auf die Tanzfläche hinaus. Das gab vollends den Ausschlag. Nicht willens, sich

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