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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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Begrüßung über die angemessene Länge eines Besuches bis hin zur formgerechten Verabschiedung, genauestens reglementiert waren, hatte sie niemand auf einen heimlichen Kuss im nächtlichen Garten vorbereitet. Vermutlich hätte sie Lord Nyles in den Saal ziehen und auf einen Tanz bestehen sollen, um dann in den nächsten Tagen überall in London rein zufällig seinen Weg zu kreuzen und auf einen weiteren Tanz auf dem nächsten Ball zu hoffen. Aber Penelope wollte nichts weniger, als wieder zu den abschätzenden Blicken, den knapp bemessenen Berührungen und den wohlgeordneten Tanzkarten hineinzugehen. Es genügte ihr vollkommen, sich hier draußen daran zu erinnern, dass Lord Nyles eine perfekte Partie war und sie ein hoffnungsloser Fall.
    »Sie müssen mich für eine furchtbar dumme Gans halten«, rutschte es ihr heraus. Sie tat ihr Bestes, um an ihm vorbei hinüber zur Terrasse zu sehen. Das Feuerwerk spiegelte sich in den Fenstern, doch die Musik war verstummt. »Leicht zu beeindrucken, naiv und ein rechter Blaustrumpf.« Es war ärgerlich, aber all das war zutreffend, fand Penny. Alles, was sie über ein Leben jenseits von Wainwood wusste, stammte aus Büchern. Lord Nyles wollte etwas einwenden, doch sie entzog ihm ihre Hand und bedeutete ihm mit einer kleinen Geste zu schweigen. »Geben Sie sich keine Mühe. Die anderen Damen werden Sie bereits vermissen. Ich will Sie nicht aufhalten.«
    »Ich habe nicht die geringste Lust hineinzugehen«, erklärte Lord Nyles äußerst gewissenhaft und vertrat ihr die Sicht auf die Terrasse. »Sobald ich einen Fuß in den Saal setze, werden mich all diese Mütter wie ein Schwarm Geier umkreisen und nur auf einen Vorwand lauern, um mich ihren Töchtern vorzustellen. Außerdem herrscht dort eine brütende Hitze und ich bin ein miserabler Tänzer. Aber all das ist bedeutungslos, wenn es du wieder zurück willst.« Für einen kleinen Moment lang suchte er in ihrem Gesicht nach der Antwort auf eine Frage, die er noch nicht gestellt hatte. Und als er sie aussprach, erschien es ihr, als würde es nicht allein ums Tanzen gehen. »Was willst du, Penelope?«
    Seine Frage traf sie so unvorbereitet, dass Penny ihn mit geöffneten Lippen anstarrte. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie tatsächlich aufgefordert wurde zu wählen. Nicht zwischen zwei Getränken oder welchem Tanz sie den Vorzug geben wollte, sondern für sich selbst und für ihr Leben zu wählen.
    Um dieses Ausmaß zu unterstreichen, fragte Nyles sie ein zweites Mal: »Was willst du, Penny?« Er stand so dicht vor ihr, dass er sie fast berührte, doch er machte keine Anstalten, diesen letzten Abstand zwischen ihnen zu überwinden.
    Penelope begriff, dass sie für ihre Antwort mehr Zeit und mehr als einen Satz brauchen würde. Also musste er sich vorerst mit einer Kurzfassung begnügen. »Ich will meine eigenen Gedanken und meine eigenen Entscheidungen«, erklärte sie so bestimmt, als würde es um einen philosophischen Diskurs gehen. »Und ich will Frösche in Teetassen, dubiose Vorfälle mit Haarwichse und jede Menge Balkone.«
    Erstaunlicherweise schien das für ihn genauso viel Sinn zu machen wie für sie, denn Lord Nyles nickte ernsthaft. »Perfekt, das ist genau, wonach mir der Sinn steht.« Er bot ihr seinen Arm an und Penelope hakte sich bei ihm ein. »Ich beabsichtige, uns zum Gerede all der Leute dort drinnen zu machen, indem ich dich skandalöserweise dreimal nacheinander auffordern werde. Irgendwelche Einwände?«
    »Nur, wenn du tatsächlich ein so miserabler Tänzer bist«, behauptete Penny. Drei Tänze in Folge mit demselben Partner galt für gewöhnlich entweder als Skandal oder als Verlobung, was in manchen Fällen identisch war.
    Sie schritten Seite an Seite auf die Terrasse zu und vermieden das Gedränge an der steinernen Balustrade, indem sie durch eines der hohen Flügelfenster zurück ins Haus schlüpften. Noch waren alle Augen zum Himmel gerichtet und der Saal lag verlassen da. In den angrenzenden Salons trugen die Diener Schalen und Platten mit Essen herbei. Appetitliche Kleinigkeiten und in der Eiskammer gekühlte Erfrischungen. Die Musiker stimmten ihre Instrumente nach. Ein kühler Luftzug strömte von draußen herauf. Auf halbem Wege über das Parkett hielt ein junger Hausdiener bei ihrem Anblick inne. Er schien mit sich zu ringen, trat dann aber auf Penny zu und sprach sie mit gesenkter Stimme an. »Mr Rushforth wartet im Entree, Lady Penelope. Er hat sich nach Lord Derrington erkundigt,

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