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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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des Salons stand und ihnen nachsah. Penny zweifelte keine Sekunde daran, dass sie bei ihrer Rückkehr in Geiselhaft genommen werden würde, so lange, bis ihr Benehmen endlich ganz das einer jungen Dame von Stand sein würde. Ein Unterfangen, das sich über Wochen erstrecken konnte und in etwa so viel Abwechslung versprach wie die Lektüre des Sammelbandes Erbaulicher Predigten . Ohne nachzudenken, umarmte sie Julian ein wenig fester und zupfte an sei nem Arm. »Lass uns gleich heute in den Kirchenbüchern nach Rachel suchen, bevor wir keine Gelegenheit mehr dazu bekommen«, bat sie.
    Zur Antwort schlug Julian wortlos den Weg zum Tor des Parks ein. Er lenkte die Stute zwischen den Statuen und hohen Buchsbaumhecken hindurch auf die Allee zu. Über ihren Köpfen ragten die nackten Äste der Bäume in den Himmel. Unter ihnen trommelten die Hufe des Pferdes auf der harten Erde. Die klare Luft vertrieb die parfümierte Wärme des Salons aus Pennys Kopf. Der kalte Wind biss ihr in die Wangen. Ihre Röcke bauschten sich beim Reiten auf und auch die festgesteckten Kämme vermochten ihre sittsame Frisur nicht mehr zu retten. Vor ihnen tauchte das hohe Eisentor auf, das weit offen stand, und als könnte auch Julian es nicht erwarten, Wainwood zu entkommen, trieb er die Fuchsstute noch schneller an. Sie schlugen die Landstraße ein, die durch die Hügel bis hinab ins Dorf führte.
    Nichts hielt ihren Blick auf. Es stand kein Korn mehr auf den Äckern und der letzte Schnitt der Wiesen lag Wochen zurück. Vereinzelt waren in der Ferne Schafe auszumachen und das Pferdegespann eines Bauern, der vom Holzschlagen aus dem Wald zurückkehrte. Als sie schon die Dächer der ersten Häuser in der Talsenke des Dorfes sahen, gabelte sich der Weg. Ein schmaler Pfad schlängelte sich vor ihnen durch die abgeernteten Felder auf einen Kirchturm zu.
    Das trutzige Gotteshaus erhob sich oberhalb des Dorfes inmitten einer Garde von Grabsteinen. Die wuchtigen Mauern hätten gewiss dem Ansturm eines mittelalterlichen Heeres standgehalten. Die dünnen Zweige der Weiden hingen leblos zwischen den Gräbern herab. Julian zügelte das Pferd am Tor und band es an einem rostigen Eisenring an der Friedhofsmauer fest. Am anderen Ende des Gottesackers mühte sich eine gekrümmte Gestalt mit der undankbaren Aufgabe ab, in der festen Erde ein frisches Grab auszuheben. Der harte Spatenstich klang über das gesamte Gelände bis zu ihnen hinüber.
    »Wird überhaupt jemand da sein?«, fragte Penelope, um die Stille zwischen dem rhythmischen Stechen und dem scharrenden Schaufeln mit Worten zu füllen. »Wir haben unseren Besuch nicht angekündigt.«
    »Der Pfarrer vielleicht nicht, aber gewiss seine Frau oder zumindest ein Dienstmädchen.« Julian streckte ihr beide Arme entgegen, um ihren Sprung vom Pferd abzufedern. Zu ihrer Überraschung stand die eisenbeschlagene Tür des Kirchenportals offen. Die Glocke im Turm über ihren Köpfen setzte gerade zu elf langen Schlägen an. Als sie eintraten, schlug ihnen eine klamme Kühle entgegen. Das Kirchenschiff lag in tiefe Schatten getaucht da. Nur dort, wo das Sonnenlicht durch die schmalen, hohen Fenster fiel, wurde es wie durch eine Schablone gefiltert auf den Steinboden geworfen. Während die Glockenschläge verklangen, schritten die beiden Geschwister nebeneinander auf den Altar zu, gleich einem Brautpaar ohne Hochzeitsgäste und Pfarrer. Das Kirchengestühl flankierte zu beiden Seiten ihren Weg wie ein verwaistes Spalier. Unter ihren Füßen breiteten sich die Grabplatten von Generationen von Goodalls aus. Im Laufe der Zeit hatten zahllose Absätze ihre Gravuren glatt geschliffen, sodass die einzelnen Buchstaben kaum noch zu lesen waren und sich nur vereinzelt Jahreszahlen erahnen ließen. Vor dem Altar war ein schlichter Sarg aufgebahrt worden. Gerade kam der Pfarrer mit einer einzelnen, noch nicht entzündeten Kerze durch eine Seitentür herein. Er fingerte an seinem Kragen herum und schien überrascht, sie in der Kirche zu sehen. Der Höflichkeit halber stellte er die Kerze auf dem Altar ab, um sie zu begrüßen.
    »Mr Rushforth, Lady Penelope, was für eine freudige Überraschung. Ich hatte gar nicht mit Trauergästen gerechnet.« Der Pfarrer war ein fülliger junger Mann mit einem weichen Mund und wachen Augen. Er hatte sein Amt erst im letzten Jahr angetreten und eine Gattin mitgebracht, die sich bei ihrer Ankunft in anderen Umständen befunden hatte. Nach einer ersten Phase der sorgfältigen Beobachtung war

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