Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
Vom Netzwerk:
Chambers zu erwarten. Außerdem wischt sie den beiden alten Drachen gerne eines aus.« Er hatte seinen Frack abgelegt und ging dazu über, ihn abzubürsten und zum Trocknen vorzubereiten. Die leise tuschelnden und kichernden Spülmägde nutzten die Gelegenheit, um seine klatschnasse Hemdbrust mit bewundernden Blicken zu messen. Mit schlechtem Gewissen dachte Jane daran, was dem Diener blühen würde, wenn er in diesem Zustand dem Butler unter die Augen trat.
    »Samuel, das Dinner …«, sagte sie unglücklich.
    »August wird sich eine Ausrede für mich einfallen lassen haben«, behauptete er mit einer tadellos vorgetäuschten Sorglosigkeit.
    »August könnte nicht einmal dann überzeugend lügen, wenn sein Leben davon abhängen würde«, führte Jane gnadenlos ins Feld.
    »Mit etwas Glück habe ich mir gerade einen gehörigen Schnupfen eingefangen. Ich werde also morgen beim Frühstück überzeugend behaupten können, krank zu sein«, legte Samuel sich eine weitere Strategie zurecht.
    Jane schnaubte bezeichnend. Langsam vertrieb die Wärme der Spülküche die Kälte aus ihren Gliedern, und es gelang ihr, die dreckige Schürze notdürftig auszuwaschen. In Ermangelung eines Spiegels verhalf Samuel ihr zu einem strengen Haarknoten und steckte das Spitzenhäubchen wieder auf ihm fest. Nur ihre nassen Kleider würden sie beide erst in ihren Kammern ablegen können. Madame Baffour schickte ihnen noch einen heißen Kakao und winkte sie aus der Spülküche heraus, als das Geschwader der Hausmädchen und Diener endlich zum letzten Gang nach oben eilte. Die beiden Delinquenten schlichen Seite an Seite die kahlen Korridore des Dienstbotentraktes hinab. Doch während Jane unbemerkt bis ins Dachgeschoß gelangen musste, hatte Samuel den Gang, der zu den Schlafkammern der Männer führte, schneller erreicht. Keine Sekunde zu früh ging er hinter einem Schrank in Deckung, als Mrs Chambers mit wogenden Röcken die enge Treppe hinabrauschte. In ihrem Kielwasser folgte ihr Beatrice, die eine Miene sittsamer Bescheidenheit aufgesetzt hatte.
    »Jane«, eröffnete die Hausdame ohne Umschweife die Anklage. »Ich habe Sie heute Abend beim Anreichen vermisst! Außerdem scheint etwas Geschirr zu Bruch gegangen zu sein.« Allein ihr bohrender Blick, der Jane auf dem nackten Kellerboden festnagelte, strafte ihre hochgehaltene, eisige Höflichkeit Lügen.
    »Verzeihen Sie, Ma’am. Ich war derart erschrocken, dass ich hinausgelaufen bin«, brachte Jane ohne nachzudenken hervor. Es war nicht nötig, ihre Angst vorzuspielen, denn der gestrenge Zug in Mrs Chambers weichem Gesicht und die kerzengerade Haltung ihrer imposanten Erscheinung waren Furcht einflößend genug. »Erst habe ich mich nicht zurückgetraut und dann habe ich mich in der Dunkelheit verlaufen«, brachte sie stockend hervor, das Bündel ihrer nassen Schürze schutzsuchend an die Brust gedrückt.
    Der Anblick eines vor Angst schlotternden Dienstmädchens war der Hausdame so vertraut wie zerbrochene Tassen und jugendliche Torheiten. »Werden Sie nicht albern!«, verlangte sie leicht gereizt statt vor Zorn bebend. »Sie haben selbst dann noch auf Ihrem Posten zu bleiben, wenn statt dem Tablett aus Ihren Händen der Lüster von der Decke gefallen wäre. So eine maßlose Pflichtvergessenheit werde ich kein zweites Mal dulden! Haben Sie mich verstanden?«
    Janes Kopfnicken ließ es nicht an Inbrunst fehlen. Hinter Mrs Chambers Rücken trat Samuel lautlos aus seinem Versteck hervor. Eine nasse Haarsträhne hing ihm ins Gesicht. Seinen Frack hielt er über dem Arm gehängt. Er schenkte Jane ein aufmunterndes Lächeln, bevor er mit jahrelang geübter Geräuschlosigkeit im angrenzenden Korridor verschwand, ohne von der Hausdame bemerkt worden zu sein.
    »Wir werden noch darüber zu reden haben«, erklärte Mrs Chambers in einem Tonfall, der besagte, dass dies später der Form halber zu geschehen habe. »Natürlich wird Ihnen der Schaden vom Lohn abgezogen und bis auf Weiteres haben Sie nichts mehr in den Salons verloren.«
    Beatrice hatte voll hämischer Genugtuung neben Jane ausgeharrt, um das Spektakel zu genießen. Doch anders als Mrs Chambers hatte sie Samuel ebenfalls zu Gesicht bekommen. Offenbar kam es für sie nicht infrage, auch ihn zu verraten, doch als ihr Blick von der Stelle, an der Sam gerade eben noch gestanden hatte, zu Jane zurückschwang, lag eine neue Qualität von Hass darin. Fast war Jane dankbar dafür, dass sie nicht mit dem ersten Hausmädchen allein in dem schwach

Weitere Kostenlose Bücher