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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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nötig. Er wusste, dass er Schmiere stehen musste, damit sie niemand in dem Geheimversteck überraschen würde.
    Als die Holzverkleidung wieder zugeschnappt war, blieb Penny in vollständiger Dunkelheit zurück. Als sie sich herumdrehte, streifte sie mit den Schultern das grobe Mauerwerk und stieß sich den Kopf an einer Wandschräge. Der geheime Durchgang erwies sich als deutlich kleiner, als Penelope ihn in Erinnerung gehabt hatte, doch natürlich war sie zuletzt vor Jahren hier gewesen. Damals waren Julian und sie noch Kinder gewesen und hatten zu zweit hineingepasst. Außerdem waren sie mit einem brennenden Kerzenstummel, Wolldecken und Schokoladenplätzchen bewaffnet gewesen. Obwohl Penny sich inzwischen nicht mehr ausmalte, dass die verborgene Kammer eine Räuberhöhle oder die Kajüte eines Piratenschiffes war, musste sie sich in Erinnerung rufen, dass hier keine anderen Schrecken lauerten als die Spinnen im Gebälk.
    Gedämpfte Stimmen auf der anderen Seite des Durchgangs gemahnten sie wieder daran, warum sie hier war. Ihre Finger tasteten an der Wand entlang, bis sie die Geheimtür zum Salon fand. Sie war aus Holz und mit Stoff gepolstert worden. Das Schloss hatte sich als nutzlos erwiesen, denn es war zugesperrt und der Schlüssel unauffindbar. Die Tür selbst war im Salon mit derselben Seidentapete bezogen worden wie die Wände und fiel nur bei genauerem Hinsehen auf. Allerdings gab es auf Augenhöhe ein Loch neben der Tür, nicht größer als eine kleine Münze. Es lag in der Stuckverkleidung verborgen und war vom Salon aus so gut wie unsichtbar. Penny zog behutsam den Porzellanstöpsel heraus, der das Guckloch tarnte, und beugte sich vor, um hindurchzuspähen.
    Es war nur ein Ausschnitt des Salons sichtbar, doch zumindest handelte es sich dabei um die Sitzgruppe aus Stühlen und Sesseln vor dem Kamin. Ihr Vater musste gerade hinausgegangen sein und Colonel Feltham stand mit dem Rücken zu ihr. Als hätte er etwas gehört, hielt er den Kopf halb zu Penelope herum gewandt, witternd wie ein Jagdhund auf der Pirsch. Gerade als sie schon glaubte, dass er sich ganz zu ihr herumdrehen würde, wurde an die Tür zum Salon geklopft und das ägyptische Dienstmädchen trat ein. »Sie haben nach mir geschickt?«, erkundigte es sich mit höflicher Zurückhaltung und gesenktem Blick. Erst als Jane Swain aufsah und den Colonel erkannte, setzte auf ihrem Gesicht das Begreifen ein. Als würde mit einem energischen Bürstenstrich eine Staubschicht hinweggefegt werden, wich die Zurückhaltung in ihren Augen einem Ausdruck höchster Alarmbereitschaft. Hätte Penny es nicht besser gewusst, sie hätte geglaubt, kein Mädchen in einer zart gerüschten Schürze vor sich zu sehen, sondern einen Fuchs, der von einer Hundemeute in die Enge getrieben worden war. Es fehlten nur noch die angelegten Ohren und die drohend gebleckten Zähne.
    »Miss Swain«, begrüßte Colonel Feltham sie mit deutlich größerem Interesse, als er seinen Gastgebern entgegengebracht hatte, »haben Sie Ihre Reise gut überstanden?«
    Die Nachricht von der Ankunft der beiden Gäste hatte das Gesinde wie ein Schuss in einen Taubenschlag getroffen. Es blieb nur wenig Zeit, um in ihren Zimmern die Betten herzurichten, die Vasen aufzufüllen und den Staub fortzuwischen. Während die Köchin eine zusätzliche Platte Gepäck hinaufschickte und frischen Tee aufsetzte, eilten die Hausmädchen in den ersten Stock, bewaffnet mit sauberen Laken, Blumen und Putzlumpen. Ihre Eile entlud sich in der stillen Effizienz geübter Handgriffe und einer reibungslosen Zusammenarbeit. Die weißen Stoffbahnen der Betttücher wurden ge meinsam ausgeschüttelt und glatt gestrichen. Die Zimmer wurden gelüftet und Kaminfeuer entzündet, um die klamme Kälte des alten Gemäuers zu vertreiben. Jane fing mit zielsicherem Griff den Sturz einer Blumenvase ab, die Hanna in der Hast umgeworfen hatte. Und da Beatrice zum Servieren im Salon war, gab ihr niemand die Schuld für das verschüttete Wasser auf dem persischen Teppich.
    Als die Mädchen wieder in den Keller hinabstiegen, ließen sie sich ungewohnt einvernehmlich zur Teepause in der Gesindestube nieder. Es war eine Erleichterung, sich endlich setzen zu können, und aus der Küche kam gerade eine Platte mit Sandwiches herein. Doch noch bevor alle Tassen gefüllt waren, trat Mr Frost ein. Der Butler musterte das Geschwader der Hausmädchen wie einen Stamm wilder Eingeborener, der unverhofft in sein Hoheitsgebiet vorgedrungen war. Sein

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