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Wakolda (German Edition)

Wakolda (German Edition)

Titel: Wakolda (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucia Puenzo
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allenfalls ein paar dürre Büsche, die jeder etwas heftigere Windstoß zu entwurzeln drohte. Nur eine einzige ausgemergelte Kuh und eine klapprige Ziege, denen man kaum eine halbe Schale Milch hätte abpressen können, hatte er bisher gesehen. Am Randstreifen der Straße stand ein kleiner Junge, barfuß, mit unbewegter Miene blickte er ihnen hinterher. Eine Frau hängte Wäsche auf, die selbst aus der Ferne noch schmutzig wirkte. José bewegte den Kopf hin und her, um zu verhindern, dass er einen steifen Nacken bekam. Er merkte, wie seine Lider schwer wurden und er in Selbstgespräche verfiel. Mehrfach ertappte er sich dabei, ganz benommen vom Heulen des Windes, der mit ungeheuerlicher Wucht gegen die Scheiben schlug und sogar einzelne Buschfetzen dagegen schleuderte. Vor einer Stunde waren sie aufgebrochen, jetzt fielen die ersten Regentropfen. Binnen Minuten hatte sich der Himmel zugezogen. Donner rollten, in den immer schwärzer werdenden Wolken zuckten Blitze.
    Um zwei Uhr mittags sah man die Hand nicht mehr vor Augen.
    Der Citroën drosselte die Geschwindigkeit auf Schritttempo, hielt jedoch erst an, als die wie kleine Geschosse gegen die Windschutzscheibe prasselnden Regentropfen sich langsam in Hagelkörner verwandelten. Eine dieser Eiskugeln schlug in die linke obere Ecke ein und verursachte einen Sprung, der sich in wenigen Sekunden über die gesamte Fläche ausbreitete. José packte das Lenkrad mit beiden Händen, um zu verhindern, dass sein Wagen wie ein Kreisel über den morastigen Randstreifen schlitterte.
Genau so beginnen die schlimmsten Katastrophen
, dachte er.
Man sieht sie nicht kommen
.
    Wenige Meter hinter dem Citroën hielt er an.
    Aus seiner bis dahin untadeligen Frisur hatte sich eine Strähne gelöst, er schob sie mit dem Zeigefinger an ihren Platz zurück. Er versuchte zu erkennen, was im anderen Wagen vor sich ging: Enzo hielt, genau wie er, das Lenkrad fest umklammert. Eva gestikulierte und schrie. Ihr Deutsch, ihre Schwangerschaft, ihre perfekten Kinder … dazu die bezaubernde Anomalie der einzigen Tochter. Zu gern hätte er gewusst, ob sich die Natur beim vierten Kind wieder zur Vollkommenheit oder aber zur Anomalie neigen würde. Vor Jahren noch hätte er die Mutter direkt auf eine Pritsche legen lassen und ihr auf der Stelle den Bauch aufgeschlitzt. Dass er nicht mehr frei über die Körper verfügen konnte, die ihn umgaben, machte ihm mehr zu schaffen als die Hagelattacke, die in diesem Augenblick auf sein Auto niederging. Als sich der Citroën vor ihm erneut in Bewegung setzte, tat José es ihm in allem nach. Er schaltete das Fernlicht ein und fuhr eine große U-Kurve, um zu wenden. Hinter der verschlossenen Fensterscheibe hatte Enzo ihm Zeichen gemacht, er solle ihm folgen. Den Blick starr nach vorn gerichtet, hielt Eva das jüngste der Kinder im Arm. Die englische Dogge bellte wie außer sich, immer wieder stieß sie mit der Schnauze gegen das Fensterglas, als wollte sie einen Angriff abwehren. José wusste, was geschehen konnte, wenn eines dieser Eisgeschosse jemanden am Kopf traf. Auf dem Rücksitz sah er Lilith kauern; ängstlich klammerte sie sich an Herlitzka und flüsterte der Puppe etwas ins Ohr. Ihr Lächeln war verschwunden, keine Spur mehr von Abenteuerlust.
    Nach einer halben Stunde hatten sie kaum einen Kilometer zurückgelegt. Plötzlich tauchte am Straßenrand, in mehreren Metern Höhe, ein ausgebranntes Autowrack auf; es stand auf vier Holzpfählen, offenbar ein Wegweiser. Dahinter führte ein holpriger Pfad von der befestigten Straße herunter und etwa hundert Meter querfeldein. Die beiden Autos folgten jetzt dicht aufeinander, der Kühler des Chevrolet klebte förmlich am Heck des Citroëns. Um sie herum verschlang die Regenwand alles, sodass die Fahrer das kleine Gehöft gar nicht sahen und direkt darauf zusteuerten. Sie wären mitten hineingekracht, wären ihnen nicht fünf ausgemergelte, laut kläffende Hunde entgegengestürmt. Sie umzingelten sie und sprangen an den Autotüren hoch, sodass sie die Motoren noch weiter drosselten. Die Rippen der vom Hagel getroffenen, blutenden Tiere zeichneten sich deutlich ab.
    »Was machen wir hier?«, flüsterte Lilith.
    Niemand antwortete ihr.
    »Hier gefällt es mir nicht.«
    Undeutlich war rechts ein offener Blechschuppen zu erkennen, in dem altes Werkzeug, Eisenreste und ein verrosteter Lieferwagen ohne Räder lagerten. Bei jedem Windstoß peitschten ein paar abgerissene Wäscheleinen gegen die Wände, was zusammen mit

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