Walburgisöl - Oberbayern-Krimi
»Also, was soll das mit diesem Boxkampf?«
»Herr Zachinger, ich frage Sie noch einmal: Waren Sie in der Nacht zum Sonntag, oder von mir aus auch hinterher, in der Nähe des Jägerstands, auf dem Matthias Schreiber erschossen wurde?«
»Nein. Ich war früher mal da, unter anderem vor Jahren wegen dieser Gams. Das gebe ich zu. Aber ich war schon seit Wochen nicht mehr da oben.«
Peter Hecht hatte schon vor einiger Zeit einen kleinen Notizblock aus der Tasche gezogen und mitgeschrieben. Die letzte Aussage notierte er nun besonders sorgfältig und wiederholte sie laut: »Ich war schon seit Wochen nicht mehr da oben.«
Zachinger schaute irritiert, nickte dann aber. »Genau so ist es.«
»Und wenn wir Ihnen das Gegenteil beweisen könnten?«, fragte Morgenstern scharf.
»Es gibt nichts zu beweisen. Ich war nicht da.«
»Sie waren da. Genauso wie Sie vormittags im Bierzelt waren. Sie haben am Zelteingang eine Eintrittskarte gekauft. Für zehn Euro. Box-Club Eichstätt gegen irgendwelche Tschechen.«
Morgenstern fixierte Zachinger und deutete mit dem Zeigefinger auf ihn. »Eine kleine, eigens gedruckte Eintrittskarte. Sie haben das Ticket in Ihre Hosentasche geschoben. Machen alle so.«
Zachinger hörte tief atmend zu.
»Es sind Ihre Fingerabdrücke drauf, ist ganz logisch.«
»Ich habe Ihnen doch schon bestätigt, dass ich mir den Boxkampf angeschaut habe. Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen.«
»Als Sie am Abend in den Wald gegangen sind, in den Saupark, da hatten Sie dieselbe Hose an wie am Vormittag im Bierzelt. Und raten Sie mal, was Ihnen im Wald aus der Tasche gefallen ist? Wir haben es gefunden. Ganz in der Nähe des Tatorts.«
Zachinger wurde bleich.
Hecht blätterte in seinem Notizblock eine Seite zurück und las noch einmal laut vor: »Ich war schon seit Wochen nicht mehr da oben.«
Morgenstern triumphierte innerlich, dann wisperte er gerade laut genug, dass Zachinger ihn noch verstehen konnte: »Klappe zu, Affe tot!« Lauter, drohend setzte er nach: »Was fällt Ihnen dazu ein, Zachinger?«
Der Metzger stöhnte und hielt sich eine Hand vor die Augen. »Also gut, ich war oben am Saupark. Sonntagabend, mit dem Fahrrad und meinem Rucksack.«
»Und dann haben Sie Matthias Schreiber aufgelauert und ihn erschossen«, kürzte Hecht ab.
»Nein, ich habe ihn nicht erschossen. Ich war es nicht!«
»Wer dann, wenn nicht Sie?«, fragte Morgenstern ungeduldig. »Mann, warum machen Sie nicht einfach Ihrem Herzen Luft?« Er dachte an die Türkei, die nun plötzlich in greifbare Nähe zu rücken schien.
»Ich war oben am Saupark. Gegen elf Uhr nachts bin ich angekommen. War gutes Licht. Dreiviertelmond. Als ich durch den Wald gekommen bin, habe ich schon das Auto vom Schreiber gesehen. Pech für mich. Der Alte saß auf dem Hochstand. Da konnte ich also gleich wieder nach Hause radeln.«
»Sind Sie aber nicht«, sagte Morgenstern.
»Nein, nicht sofort. Ich habe mich eine Weile zwischen den Bäumen versteckt und den Alten beobachtet. Einfach so, aus Neugierde. Ich dachte mir, vielleicht verliert er die Geduld, fährt nach Hause und überlässt mir das Feld. Er war in letzter Zeit nicht mehr so oft auf der Pirsch. Ich hatte praktisch freie Bahn. Wenn man so will, war ich sein Jagdpartner.«
»Ein sauberer Jagdpartner«, sagte Hecht.
»Jedenfalls, während ich mir hinter einer großen Buche die Beine in den Bauch stehe, fällt auf einmal ein Schuss. Öha, denke ich mir: Waidmannsheil, der alte Hias lässt’s krachen! Als ich dann aber zum Jägerstand hinschaue, sehe ich, wie der Schreiber vom Hochsitz herunterfällt und unten ohne einen Mucks liegen bleibt. Ich habe ein bisschen gewartet, und als er sich immer noch nicht rührte, bin ich ganz langsam zu ihm geschlichen und habe mir die Sache angesehen. Es war gleich klar, dass da nichts mehr zu machen war. Selbstmord, habe ich mir gedacht, und dann bin ich vorsichtig wieder zurück und so schnell ich konnte heimgeradelt. Dass es kein Selbstmord war, habe ich erst am nächsten Tag im Radio gehört.«
»Schöne Geschichte, aber leider sehr unwahrscheinlich«, sagte Morgenstern, als Zachinger ihn erwartungsvoll ansah. »Sie waren am Tatort, als der Mord geschehen ist, Sie sind ein guter Schütze. Wo ist eigentlich Ihr Gewehr? Wir haben es bisher leider noch nicht finden können. Ich habe sogar in Ihren gebrauchten Socken gewühlt, ohne Erfolg.«
»Da hätten Sie lange suchen können. Waren Sie in meinem Schlafzimmer? Dann haben Sie auch Jimi Hendrix
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