Wald-Schrat
Forrest hatte nicht mehr von ihr gesehen als ein Wabern, das eigentlich gar nicht richtig vorhanden war. Die Kugel hatte den Umfang eines großen Auges. Als sie sich Forrest näherte, leuchtete sie auf.
»Das ist Ptero«, erklärte Ida. »Er umkreist meinen Kopf und reagiert auf meine Stimmungen. Dabei ist er mehr als bloß ein kleiner Mond. Er ist eine Idee.«
»Mir kommt er aber sehr solide vor.«
»In gewisser Weise ist er das auch. Du musst verstehen, ich bin eine Zauberin, und mein Talent ist die Idee. Ptero ist ein Kondensat aller Ideen Xanths, denn es gibt davon zu viele, und sie sind auch zu kompliziert, um alle in meinem Kopf Platz zu haben. Deshalb vermute ich der Faun, nach dem du suchst, ist derzeit nur eine Idee, die in Xanth noch nicht verwirklicht wurde.«
»Aber wie soll ich einen Faun finden, der gar nicht existiert?«
»Er existiert bereits, wenn auch noch nicht in greifbarer Form. Du musst ihn erst finden und dann bewirken, dass er körperliche Gestalt annimmt.«
Ida hatte ihn gewarnt, dass es merkwürdig sein würde. Nun erst begriff er, wie ernst sie das meinte. »Du willst sagen, die Idee von diesem Faun ist… ist dort in dieser Kugel?«
»Genau. Dort ist die Idee von allem. Anscheinend musst du nach Ptero gehen, um die Idee zu finden, die du benötigst.«
»Aber wie soll ich dorthin gehen!«, wandte er ein. »Ptero ist so winzig!«
»Der Gute Magier hat dir einen Zauber geschenkt, der dich klein genug macht – in gewisser Hinsicht.«
Das klang gar nicht gut. »In gewisser Hinsicht?«, fragte Forrest nach.
»Dein Körper muss hier zurückbleiben. Nur deine Seele kann nach Ptero reisen. Wie du selbst gesagt hast, ist Ptero so winzig.«
»Aber angenommen, meiner Seele stößt etwas zu?«
Sie nickte ernst. »Dieses Risiko musst du eingehen. Ich nehme an, dass es vertretbar ist, weil der Gute Magier offenbar dieser Meinung ist. Doch man geht immer ein Risiko ein, wenn man sich ins Unbekannte vorwagt. Wir wissen nicht, was du auf Ptero finden magst. Deshalb wäre es vielleicht doch besser, wenn du – «
»Nein! Ich muss den Baum retten!«
»Dann sollten wir dich nun auf deine Reise vorbereiten. Dein Körper kann in diesem Zimmer bleiben, während deine Seele Ptero besucht. Zwar werde ich mich frei im Schloss bewegen, doch sobald Imbri und du auf Ptero seid, ist das kein Problem. Alle paar Stunden werde ich zurückkehren, sodass deine Seele deinen Körper wiederfindet. Und natürlich wird Imbri dich führen. Sie hat Ptero schon früher besucht und besitzt daher wenigstens eine gewisse Vorstellung von diesem Mond. Aber denke immer daran: Solltest du in Gefahr geraten, wird niemand von uns in der Lage sein, dir zu helfen. Um genau zu sein, können wir nicht wissen, was du tust. Der Wandteppich zeigt uns keine Bilder von Ptero, denn er gehört nicht zu Xanth, sondern ist ein Abkömmling. Deshalb wirst du völlig auf dich gestellt sein.«
Forrest musste schlucken. »Und niemand kann mir sagen, was genau ich dort vorfinden werde? Aber wenn Imbri doch dort war – «
»Ich bin nur zum Ausliefern von Tagträumen dorthin gegangen«, warf Imbri ein und erschien neben ihm. Forrest begriff, dass sie nicht zu zwei Personen zugleich sprechen konnte, weil sie nicht stofflich war. Sie konnte nur dem einen oder dem anderen im Traum erscheinen, und deshalb war sie für ihn verschwunden gewesen, während sie mit Ida sprach. »Jedes Mal bin ich eigens herbeigerufen worden. Das ist, als würde man auf ein helles Licht zusteuern. Von der Landschaft habe ich nichts gesehen, ich habe nur schlaglichtartige Eindrücke erhalten. Genug allerdings, um zu wissen, dass Ptero eine eigene Welt ist, womöglich größer als Xanth, eventuell auch vielfältiger. Und dass die Zeit sich dort sehr seltsam verhält.«
»Bestimmt wird Mähre Imbri dir eine große Hilfe sein«, versicherte ihm Ida.
Er blickte sie an. »Woher wusstest du, dass Imbri zu Ende gesprochen hatte?«
»Ich habe darauf gewartet, dass dein leerer Gesichtsausdruck verschwand. Es wäre sehr ungezogen, einen Tagtraum zu unterbrechen.«
»Sie sagt, dass sie nicht besonders viel über Ptero wisse und dass die Zeit dort merkwürdig sei.«
»Auf jeden Fall wird Imbri in der Lage sein festzustellen, wer freundlich gesonnen ist und wer nicht, denn sie besitzt große Übung darin, in das Bewusstsein anderer einzudringen. Das könnte dein wichtigstes Hilfsmittel sein. Und sie bietet immer eine angenehme Gesellschaft, das liegt an der Natur ihres
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