Wald-Schrat
eines echten Menschenkörpers nicht vertraut sein. »Meine Schuld«, sagte er. »Vielleicht solltest du doch besser Pferdegestalt annehmen.«
»Ich möchte aber nicht, dass du Unbehagen empfindest, weil ich nicht mit dem Maul spreche«, sagte sie. »Wenn ich mir Mühe gebe, kann ich diese Gestalt gewiss bewältigen.«
An ihrer Wange war ein Schnitt, wo sie sich an einer Muschelschale verletzt hatte. Das war ihm sehr peinlich. »Lieber spüre ich Unbehagen, als dass du fällst und dir das Gesicht zerschneidest.«
Sie sah ihn besorgt an. »Oh! Habe ich das?«
Aus dem Rucksack holte Forrest einen Spiegel, den er ihr reichte. Imbri hob ihn vor ihr Gesicht. »Tatsächlich! Nein, ist das unangenehm.« Sie strich sich mit den Fingern über den Schnitt und rubbelte ihn fort, sodass ihre Wange wieder glatt war. Zuerst war Forrest darüber erstaunt, doch dann begriff er, dass sie, wenn sie ihren Körper selbst geformt hatte, auch in der Lage sein musste, jeden Makel davon zu entfernen. Wie die meisten Frauen legte sie großen Wert auf ihr Äußeres, selbst in einer ihr unvertrauten Gestalt.
Als sie zufrieden war, gab sie ihm den Spiegel zurück und steckte ihn in den Rucksack. Dabei stieß er ihn an etwas, und Forrest fiel sein Paar Ersatzsandalen ein. Ihm kam eine Idee. »Du kannst mein anderes Paar Sandalen tragen! Die schützen dich vor dem Stolpern.« Er kramte sie hervor und hielt sie Imbri hin.
»Werden sie das wirklich?«, fragte sie unsicher.
»Ja. Sie sind magisch. Sie schützen deine Füße und lassen nicht zu, dass du dich vertrittst.«
»Aber das sind doch Sandalen für Faune. Ich habe schon Schwierigkeiten genug damit, auf diesen Menschenfüßen zu trippeln; mit Hufen könnte ich das schon gar nicht. An Hufe bin ich zwar gewöhnt, aber dann müsste ich vier davon haben.«
»Sandalen von meinem Baum passen jedem. Das liegt in ihrer Natur. Probier sie nur an.«
Imbri setzte sich in den Sand und hob die Knie, sodass sie ihre Füße erreichen konnte. Dabei zeigte sie Forrest unabsichtlich sehr nymphenhafte Beine bis fast zur Panty, wie die Dämonin Sideria es absichtlich getan hätte. Forrest fragte sich, ob er sie darauf hinweisen sollte, denn eindeutig war Imbri nicht an einen stofflichen Menschenkörper gewöhnt. Dann zog sie die Sandalen über und stellte fest, dass sie tatsächlich an ihre Menschenfüße passten – und verschob die Beine, wodurch sie erheblich weniger offenbarte: Nun schützten die Sandalen Imbris Füße, und das schloss auch ein, sie davor zu bewahren, den Beinen zu schaden, indem die Füße sie in ungeeigneter Weise entblößten, denn die Beine waren mit den Füßen verbunden, und Fehltritte ereigneten sich nicht unbedingt nur am Boden. Daher brauchte Forrest kein Wort zu sagen.
Imbri erhob sich. »Oh, ich fühle mich so viel sicherer!«, rief sie aus. »Die Sandalen helfen mir jetzt schon.«
Diesen Schluss hatte Forrest bereits selbstständig gezogen. »Das freut mich.« Tatsächlich hätte er durchaus damit leben können, dass sie ihre Beine entblößte, doch es schien wenig Sinn zu haben, darauf zurückzukommen.
Sie schaute sich um. »Ich soll dich führen, und bisher habe ich nicht sonderlich gute Arbeit geleistet. Wir müssen jemanden finden, bei dem wir uns erkundigen können.«
Eine gute Idee. »Machen wir das. Siehst du jemanden?«
»Hier gibt es so viele Leute, irgendjemand wird schon in der Nähe sein. Komm, wir folgen dem Ufer, dann treffen wir bestimmt jemanden.«
Nach einer Weile bemerkte Forrest, dass mit der Luft etwas nicht stimmte. Zwar roch sie ganz normal, doch war sie farbig: Vor ihnen wirkte sie grün, rechts von ihnen blau. Einen Grund für die Farbigkeit schien es jedoch nicht zu geben.
Er blieb stehen und drehte sich um. »Siehst du die Farben?«, fragte er Imbri.
»Ja«, antwortete die Tagmähre erstaunt. »Hinter uns ist es gelb und über dem Meer rot.«
»Meinst du, dass das etwas zu bedeuten hat?«
»Muss es wohl, aber ich weiß nicht was.«
»Und ich sehe noch immer niemanden, den wir fragen könnten«, sagte Forrest enttäuscht. »Wenn es hier so viele Leute gibt, wo stecken sie dann alle?«
Imbri überlegte, dann hellte sich ihr Gesicht auf. »Ich glaube mich zu erinnern, von einem der Träumer erfahren zu haben, dass man die Leute hier zu sich bitten muss, sonst halten sie sich fern; man ist hier sehr höflich. Niemand soll sich eingeengt fühlen.«
»Aber wie sollen wir jemanden zu uns bitten, wenn niemand zu sehen ist, den wir ansprechen
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