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Wald-Schrat

Titel: Wald-Schrat Kostenlos Bücher Online Lesen
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Zaubertisch.«
    Leider war das raue, aus nackten Baumstämmen bestehende Mobiliar viel zu hoch für die Gäste. Darum schaffte der Oger Holzblöcke herbei, die er auf die Sitzflächen der riesigen Stühle stellte, dann hob er Forrest und Imbri sanft hoch und setzte sie darauf ab, sodass sie auf Höhe der Tischplatte saßen. Katrin fand auf ihrem Stuhl genügend Platz zum Stehen und konnte über den Tisch blicken.
    Das Essen kam: Aus einem Fenster in der Wand am Tischende trippelten auf stämmigen kurzen Beinen dampfende Töpfe. Nebenher lief eine große Kanne mit Kakao. Teller und Besteck schlitterten über die Tischplatte und deckten sich vor jeder Person auf. Dann hoben die Töpfe ihre Kellen und servierten Eintopf, während die Kakaokanne dampfendheiße Schokolade in die großen Tassen gluckern ließ.
    Mit großem Appetit stürzte sich Orgy auf sein Essen und schlang es schlürfend und schmatzend herunter. Dann erinnerte sich Forrest an den rechten Blickwinkel und sah aufmerksamer erneut hin – und nun benutzte ihr Gastgeber einen großen Löffel, wie jeder Mensch es getan hatte, und weder schmatzte der Oger, noch schlürfte er. Offenbar hatte Forrest unbewusst versucht, sich seine Vorurteile bestätigen zu lassen.
    Sie kosteten ihre Portionen. Forrest stellte fest, dass sein Essen sehr nach Nüssen schmeckte und ihm vorzüglich mundete. Auch die Mähren schienen ihr Essen zu genießen.
    »Wenn es dir nichts ausmacht«, fragte Katrin, »was ist das?«
    »Rossterrine«, antwortete Orgy.
    Katrin stutzte. Der Eintopf war braun und klumpig. Dann lächelte sie und überwand ihr Vorurteil. »Rossnüsse«, sagte sie.
    »Ja. Von den Rosskastanien fallen Kästen und Nüsse, und wir sammeln beides.«
    »Und der Koch macht daraus Eintopf«, sagte Imbri. »Wie nett.«
    Als das Essen dem Ende entgegenging, kam Forrest aufs Geschäft zu sprechen. »Wir müssen uns einen Dienst ausdenken, den wir Orgy erweisen können, damit er uns verraten darf, wo sich das Liebes-Horn befindet. Hat eine von euch schon irgendeine Idee?«
    »Im Moment noch nicht«, antwortete Katrin. »Aber wenn wir mehr über Orgy und sein Schloss erfahren könnten, fällt uns vielleicht etwas ein.«
    »Das ist zu einfach, um interessant zu sein«, maulte der Oger.
    »Selbst das Dümmste wird interessant, wenn es sein muss«, entgegnete Forrest.
    Er hatte ein magisches Wort gesprochen. »Dumm«, sagte Orgy nachdenklich. »Ich bin so dumm wie jeder Oger. Na gut, ich werde euch von mir und meinem Schloss erzählen. Vor zwei Jahren war ich noch ein Oger wie alle anderen und zerschlug sorglos Felsen mit der Faust, schlang Knoten in die Bäume und lehrte junge Drachen, was das Wort Furcht bedeutet. Ich meine, was soll man als Oger auch anderes tun? Jeder erwartet von einem, dass man sich damit beschäftigt. Dann stieß ich zufällig auf ein merkwürdig aussehendes Horn, das irgendjemand herumliegen gelassen hatte. Schwach neugierig hob ich es auf und roch daran, aber es hatte keinen besonderen Geruch. Ich biss hinein, aber es kam mir nicht gerade essbar vor.
    Kurz gesagt erschien es mir wenig nützlich. ›Die Hupe is mir schnuppe‹, sagte ich oder etwas Ähnliches; schließlich war möglich, dass jemand zuhörte. Dann hob ich das Horn an die Lippen und blies hinein.«
    Er stockte. »Wollt ihr auch bestimmt wissen, wie es weitergeht? Die Geschichte ist so dumm, sie langweilt sogar mich.«
    »Ich will dir nicht widersprechen«, entgegnete Forrest, »aber ich finde sie faszinierend. Bitte, erzähl doch weiter.«
    »Oh«, machte Orgy. »Also, ab jetzt wird’s richtig langweilig. Als ich in das Horn blies, machte es einen Laut, wie ich ihn noch nie gehört hatte. Es war, wenn ihr euch das vorstellen könnt, ein Laut des höchsten Verlangens. Als ich ihn hörte, verlangte ich nach etwas und konnte an nichts anderes mehr denken. Ich wusste nicht einmal, was es war, aber ich musste es unbedingt haben. Also stieß ich noch einmal in das Horn und hörte diesmal aus großer Entfernung einen Nachhall. Mein Verlangen richtete sich ganz auf diese ferne Antwort, und ich eilte dorthin. Immer, wenn ich vom Weg abkam, blies ich erneut das Horn und erhielt ein neues Echo. Allmählich bemerkte ich, dass ich der Einzige war, der den Hornruf oder das Echo hörte; andere Wesen, an denen ich vorbeikam, schenkten ihm keine Aufmerksamkeit. Sie gingen mir nur rasch aus dem Weg, denn sie begriffen nicht, dass ich einem Leitstern folgte; sie glaubten, ich wäre wie üblich zum Plündern

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