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Wald-Schrat

Titel: Wald-Schrat Kostenlos Bücher Online Lesen
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dachte erneut nach. Diesmal glühten seine Augäpfel weiß auf. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Imbri wieder die Bluse abstreifte. Das war vermutlich nicht schlimm, aber der Oger hatte wohl vergessen, dass sie darunter das Top trug. Die Zentaurin runzelte so entschieden die Stirn, dass Forrest nicht umhin kam anzunehmen, etwas Schlimmes gehe vor. »Nichts«, sagte Eugen schließlich. »Ich brauche nichts.«
    Forrest kam eine Idee, die auf dem beruhte, was er gerade von Katrin erfahren hatte. »Du schaust gern zu«, sagte er. »Besonders gern siehst du etwas, was du gar nicht sehen sollst, wie zum Beispiel menschliche Pant-O-Mimen«, fuhr er fort und betonte dabei den Anfang des letztes Wortes, damit es so klang, als wollte er den unaussprechlichen P-Begriff beim Namen nennen. Katrin, die plötzlich schockiert die Luft einsog, unterstützte die Wirkung.
    »Ja – ja«, pflichtete Eugen ihm bei, und seine Augäpfel quollen noch weiter hervor, als hätte er das Verbotene wirklich erblickt. Ganz offensichtlich hatte sich an der ihm innewohnenden Natur nichts geändert, als er eine Seele bekam.
    »Nur eins kannst du nicht sehen: Was sich in dem Jahr ereignet hat, das für dich verboten ist.«
    »Genau. Ich kann alles auf dieser Seite davon sehen und alles auf der anderen, aber wenn ich versuche, hineinzugehen, dann gleite ich einfach hindurch, und mein Alter ändert sich in einem einzigen Augenblick um ein Jahr. Außerordentlich frustrierend ist das, das muss ich schon sagen.«
    Nun legte Imbri die Schuhe ab. Forrest erkannte, dass er sich nun beeilen musste, sonst war sie gezwungen, etwas wirklich Schlimmes zur Schau zu stellen. »Nun, wir können dorthin gehen, weil wir nicht du sind. Ich könnte dir also berichten, was in dem Teil deines Lebens vor sich geht, den du nicht beobachten darfst.«
    Diese Aussicht brachte den Oger tatsächlich dazu, seine Augen von Imbri zu lösen, was bedeutete, dass sie weitertanzen konnte, ohne weitere Kleidung abzulegen, ein Zeitgeschenk also. »Aber nur beseelte Leute können Seelen sehen«, wandte er ein.
    »Ich bin beseelt«, erwiderte Forrest. »Siehst du denn mein Leuchten nicht?«
    »O doch«, antwortete der Oger. Er warf Imbri einen Blick zu. »Das macht sie noch viel reizvoller. Der anstößige Anblick eines beseelten Geschöpfes ist viel wirksamer als der eines unbeseelten. Ihr scheint also tatsächlich in die Zone vordringen zu können, die mir verwehrt ist. Also gut: Wenn ihr mir verratet, was ich dort getan habe, dann führe ich euch zu Olé Oger.«
    »Einverstanden! Wir gehen sofort.« Dann erst begriff Forrest, dass es so einfach nun auch wieder nicht war. »Äh… wo ist die Zone denn eigentlich?«
    »Kommt mit.« Der Oger führte sie nach Osten.
    Während sie weitergingen, wurde Katrin immer jünger. Schon bald tänzelte sie umher wie ein jähriges Fohlen. Zum Glück blieb Eugen stehen, bevor sie die Reichweitengrenze der Zentaurin erreichten. »Hier«, sagte er. »Genau hier ist es, wo ich vierundzwanzig Jahre alt bin und mich langsam vor bewege. Ich scheine auf beiden Seiten nicht sehr unterschiedlich zu sein, aber ich bin trotzdem neugierig, was darin passiert.«
    »Wir gehen hinein und sehen uns alles sorgfältig an«, versprach Forrest. »Und wenn wir wieder herauskommen, erstatten wir dir einen vollständigen Bericht.«
    »Ich weiß nicht, ob ich dazu genug Geduld habe. Wie wär’s mit einem halben Bericht?«
    »Meinetwegen einen halben«, stimmte Forrest eilfertig und liebenswürdig zu. »Oder einen Viertelbericht, wenn dir das lieber ist.«
    »Wunderbar! Das klingt großartig.« Dann sickerte langsam ein Gedanke in das, was bei den Ogern als Gehirn durchgeht. »Aber was mache ich, wenn ich nichts zu beäugen habe? Meine Aufmerksamkeitsspanne ist sehr kurz.«
    Katrin trat vor. »Ich erzähle dir ein Fohlenmärchen. Es heißt ›Der Oger und die Drei Bären‹. In meinem gegenwärtigen Alter kenne ich kein anderes, aber ich finde es ziemlich gut.«
    »Ich liebe dieses Märchen!«, rief der Oger. »Ich habe es nicht mehr gehört, seit ich ein Ogerkind im Prügelstall war.«
    »Dann frische ich dein Gedächtnis auf. Es war einmal ein Oger, der hatte sich im Wald verlaufen. Zwar hätte er alle Bäume in Stücke hauen können, aber er war natürlich zu dumm, um auf diese Idee zu kommen.«
    »Natürlich«, stimmte Eugen erfreut zu.
    »So irrte er herum, bis er das komische Haus entdeckte. Er schlug die Tür ein und betrat es. Auf dem Tisch standen drei

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