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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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unheimlich, doch hatte sie immerhin die Umrisse eines Mannes.
    Dann bewegte sich die Gestalt auf mich zu. Ihr Mantel flatterte im Wind. An seinen federnden Schritten erkannte ich, dass es ein jüngerer Mann sein musste. Zumindest hoffte ich, dass es ein Mann war und kein Dämon in Menschengestalt. Etwas an seiner Art, sich zu bewegen, kam mir bekannt vor. Er sprach nicht, er kam einfach langsam auf mich zu. Da sah ich, dass er ein Schwert trug.
    »Bist du ein Mensch oder ein böser Geist?« rief ich ihm entgegen und erhob mich von meinem Felsen.
    Die Gestalt stockte mitten im Schritt. »Du bist noch kleiner, als ich dachte. Es ist keine Ehre, gegen dich zu kämpfen.«
    Ja, das war sie, die Stimme. Ich erkannte sie wieder. Auch wenn sie jetzt nicht flüsterte.
    »Ich bin ein Mönch und kämpfe für gewöhnlich nicht«, antwortete ich schließlich, um Zeit zu gewinnen und um den Dolch aus meiner Kutte ziehen zu können.
    Da zog er sein Schwert. »Das macht es umso erbärmlicher und verachtenswerter, dass ich dich zum Kampf herausfordern muss. Sie hat niemals erzählt, dass du ein solcher Wicht bist. Deshalb brauchte ich lange, um dich zu finden.« Es war eine Stimme voller Abscheu und Zorn.
    »Warum? «
    »Es geht um die Ehre meiner Familie. Du hast sie in den Schmutz gezogen. Dafür gibt es nur eine Lösung. Ich rufe das Gottesurteil an. Einer von uns wird hier heute Nacht sterben. «
    Ich griff nach meinen Dolch und zog ihn aus der Kutte. Die Klinge wurde für einen kurzen Moment vom Mondlicht getroffen und blitzte auf.
    Die dunkle Gestalt nickte. »So hast du wenigstens eine Waffe, um dich zu verteidigen, und ich muss dich nicht abschlachten wie ein Stück Vieh.« Damit fasste er den Schwertgriff mit beiden Händen und hob es hoch. »Du suchst doch ein Schwert. Hier ist eines.«
    »Halt, wenn dir dein Leben lieb ist. Steck dieses Schwert zurück in die Scheide.« Es war Beringos Stimme, die da durch die Nacht hallte. Ich war völlig überrascht. Doch ich wagte es nicht, mich umzudrehen, um den Dunklen nicht aus den Augen zu verlieren.
    »Wo kommst du her? « fragte ich Beringo deshalb knapp. »Ich bin dir gefolgt«, lautete die ebenso kurze Antwort.
    Der Dunkle dachte nicht daran, sich durch Beringos Anwesenheit von seinem Vorhaben abbringen zu lassen. »So bist du also doch nicht alleine gekommen, Mönch. Du bist nicht nur ein ehrloser Wicht, sondern auch noch ein Feigling. Nun gut. Dann werden eben zwei Männer sterben in dieser Nacht. «
    Wieder machte er einen Schritt auf mich zu.
    »Halt!« rief Beringo noch einmal. »Ich habe hier einen guten Bogen. Und einer meiner Pfeile ist direkt auf dein Herz gerichtet. Komm ihm keinen Schritt näher. «
    Langsam stieg der Zorn in mir hoch. »Halte dich da heraus, Beringo. Das ist eine Sache zwischen diesem Mann da, Gott und mir, wie mir scheint.«
    »Sag das Meginfried. Er steht hier neben mir und hat sein Schwert bereits gezogen«, antwortete der Bretone.
    Da nickte der Dunkle in die Richtung, aus der Beringos Stimme kam. Ich hörte ein Gurgeln. Und dann das Geräusch eines Körpers, der zu Boden fällt.
    »Einer«, sagte darauf der Mann, dem die Stimme gehörte.
    Ich verstand überhaupt nichts mehr. »Was hat das alles zu bedeuten? Redet! Wenn ich schon sterben soll, sagt mir wenigstens, warum.«
    Da nannte er einen Namen, der mir durch Mark und Bein ging. Er sagte: »Sophia. Ich bin ihr Bruder. Und ich werde dich töten für die Schande, die du über sie gebracht hast. Meginfried, der Hüne dort hinten, ist mein Mann. Nicht der deine. Er hat dich für mich gefunden. Er sollte auf meine Schwestern aufpassen. Doch das ist ihm nicht gelungen. «
    Ich zuckte zusammen wie vom Blitz getroffen. Wenn es einen Menschen gab, gegen den ich niemals kämpfen würde, dann war das der Bruder der Frau, die ich liebte. Ich legte meinen Dolch in den Sand.
    »Wenn du der bist, für den du dich ausgibst, dann töte mich«, sagte ich ruhig. »Ich werde mich nicht wehren.«
    »Du wirst dich wehren, verlass dich darauf. Ein Schwert kann schmerzende Wunden schlagen, ohne zu töten. Glaub mir, ich verstehe damit umzugehen. Oder verweigerst du etwa das Gottesurteil? Dann gestehe, dass du ein feiger Verführer bist.«
    Nach diesen Worten kam er weiter auf mich zu. Dann hob er wieder seine Waffe mit beiden Händen. Ich sah seine Augen im Mondlicht blitzen.
    »Ich bin nichts dergleichen«, entgegnete ich und versuchte, meine Ruhe zu bewahren. »Noch eine Frage habe ich, bevor du mich

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