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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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würde nicht leicht sein, mich vor diesem Feind zu schützen. Doch in jenem Moment war für Angst kein Raum. Ich war zu glücklich, bei ihr zu sein. So nickte ich nur.
    »Was hast du nur getan, um dir den König zum Feind zu machen, Waldo?
    Da erzählte ich ihr von jenem Gespräch über ihre Schwester Bertha. Sie sah mich lange an. »Also leidest du wieder einmal um meinetwillen, mein Freund.« Da nahm ihr Gesicht einen entschlossenen Ausdruck an. »Ich werde dafür sorgen, dass Heinrich von dir ablässt. «
    »Glaubt Ihr, Herrin, dass es jemanden gibt, der den König aufhalten kann, wenn er sich rächen will? Und wer würde sich schon für einen Mann wie mich einsetzen.« Noch immer spürte ich keine Angst.
    »Ich werde das tun, Waldo von St. Blasien. Und ich kenne noch jemanden. Auf seine Mutter wird der König hören, hoffe ich. Er wird es dann nicht wagen, den feigen Mordanschlag noch einmal zu wiederholen.«
    »Ich hoffe, dass Ihr recht habt, Herrin«, erwiderte ich zweifelnd.
    Sie lachte, doch ihr Lachen klang hart. »Agnes, die Mutter des Königs, ist eine gütige und fromme Frau. Sie wird es nicht dulden, dass ihr Sohn eine Mission gefährdet, die sie selbst unterstützt. Wie du von meinem Gemahl sicher weißt, hat sie einen beträchtlichen Teil der Summe beigesteuert, die für eure Reise nach Fruttuaria notwendig war.«
    Die Herzogin musste meine Zweifel gespürt haben. Denn sie griff nach meiner Hand mit jener inzwischen schon so vertrauten, intimen Geste, bei der mir das Herz bis zum Halse schlug. »Ich habe in der Witwe des Kaisers eine gütige Freundin und liebevolle Beschützerin gefunden, Waldo. Sie ist bei aller Strenge warmherzig, gütig und voller Menschenliebe. Ohne sie wäre meine Sache vielleicht nicht so günstig ausgegangen. Sie duldet kein Unrecht. Und sie hat Mittel und Wege, den König zu beeinflussen. Ihre Macht ist größer, als viele glauben. «
    Ich hätte ewig so dasitzen und ihr zuhören können, mit ihrer Hand auf der meinen. Meine Gefühle, mein Geist, mein ganzer Körper vereinigten sich mit dieser Hand. Ihre Worte rauschten an meinen Ohren vorbei wie das leise Murmeln eines Baches.
    »Waldo, hörst du mir überhaupt zu? Ach verzeih mir, dass ich dich so überanstrenge. Nun, wir haben ja noch viel Zeit, um uns auszutauschen. Denn es wird wohl noch etwas dauern, bis du deine Aufgabe hier erledigt hast und wir an den Rhein zurückkehren. Du mußt nun gehen und dich ausruhen. Ich werde dir ein kräftigendes Essen in deine Zelle bringen lassen, damit du schnell wieder gesund wirst.«
    Mit diesen Worten und einem warmherzigen Lächeln entließ sie mich.
    Bruder Renaldo hatte recht behalten. Ich war tatsächlich gewachsen. Er hatte gute Arbeit geleistet, zwei Fingerbreit an Höhe hatte ich dazugewonnen. Denn als die Schmerzen nachgelassen hatten und ich wieder besser gehen konnte, konnte ich feststellen, dass meine Beine fast so gerade waren wie bei einem normal gewachsenen Menschen. Aber sie wurden nie so stark. Was blieb, war ein leichtes Hinken, mit dem ich mit der Zeit jedoch umzugehen lernte, so dass es kaum noch auffiel. So war ich Heinrich fast dankbar für den Angriff auf mein Leben.
    Einige Tage später begann ich mit der Arbeit, deretwegen wir auch nach Fruttuaria gekommen waren. Udo und Rusten hatten bereits begonnen, die Dokumente zu kopieren, in denen die Ordensregeln verzeichnet waren.
    Adelheid von Rheinfelden sah ich kaum. Ich begegnete ihr nur, wenn sie mit ihren Frauen und ihren Töchtern zu den Gebetsstunden in die Kirche kam. Dann tauschten wir manchmal ein kleines, verstohlenes Lächeln aus.
    Das Leben der Mönche in Fruttuaria war streng von der Welt abgeschirmt. Die Brüder hielten sich strikt an die Regeln des heiligen Benedikt. Alle Brüder hatten neben den regelmäßigen Gebeten während des Tags und auch in den Nachtstunden noch andere Aufgaben zugeteilt bekommen.
    Für Müßiggang und das gefährliche Abschweifen der Gedanken vom Weg des Herrn blieb in ihrem Leben kein Platz. Sie alle arbeiteten hart, ob hoch oder niedrig geboren. Keiner beklagte sich über die Mühsal der Feldarbeit oder darüber, dass er für die Gemeinschaft Dienste tun musste, die jeder andere Mann abgelehnt hätte. Dazu gehörte auch das Säubern des Abtritts. Alles war nur auf ein einziges Ziel hin ausgerichtet: das Wohlergehen der Gemeinschaft nach den Möglichkeiten und Befähigungen jedes einzelnen zu fördern und dem Allmächtigen zu dienen. Die Gebete und die Arbeit begannen lange

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