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Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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war frei. Hier hatten die Holzfäller noch nicht gearbeitet.
    Stopp! Er zwang sich zum Anhalten. Vorne quer wieder ein Warnband. Er erkannte es trotz der zunehmenden Dunkelheit. Dort war der nächste breite Weg. Er sah zwei Lichtpunkte vorüberhuschen. Fahrradlampen, zu zweit nebeneinander, schon wieder eine Streife?
    Sicherlich hielten sie alle Verdächtigen an. Die Männer natürlich. Ratsch-ratsch, löste er die Klettbänder seiner Lenkertasche. Handschuhe, Kapuzenshirt, Sturmhaube, das durfte man keinesfalls bei ihm finden. Ein paar Meter ging er seitlich in den Wald, brach einige Zweige ab, bedeckte die Tasche sorgsam damit. Er war sich sicher, die Stelle bei Tageslicht wiederzufinden.
    Seine Rechte fuhr zur Beintasche am Oberschenkel. Als runder Kreis zeichnete sich das Metall unter dem Stoff ab. Nein, sein geliebtes Werkzeug konnte er nicht hier zurücklassen, keinesfalls, niemals!
    Plötzlich Hundegebell. Er horchte. Es kam von hinten, aus der Richtung, die er gekommen war. Wollten die einen Hund auf ihn hetzen? War der auf seiner Fährte? Das Pfefferspray? Zu Hause vergessen – ein unverzeihlicher Fehler. Er lauschte wieder. Jetzt hörte er nichts mehr.
    Er musste die Garotte auch hier lassen, das Risiko war einfach zu groß. Er nahm sie aus der Hosentasche und fühlte – Metall, Holz, Lack.
    Ein Griff ins Laub, die Tasche wieder hervorgezogen, die Schlinge hineingesteckt und die Zweige noch mal darüber geworfen. Morgen früh auf dem Weg zur Schule, überlegte er, dann hole ich alles wieder ab. Vor sieben, da arbeitet hier noch keiner.
    Er ging zurück, stellte sein Bike auf und wollte aufsitzen. Nein, lieber die paar Meter noch schieben. Vor dem rot-weißen Band blieb er stehen. Er schaute nach links, nach rechts, nein, keiner zu sehen, der Verdacht schöpfen könnte.
    Er hob das Rad über die Absperrung, stieg auf, schaltete das Licht ein und fuhr wieder Richtung Waldstadt. Erst aufrecht, vorsichtig, langsam, dann beugte er sich immer tiefer, trat fester, schneller. Jetzt konnte ihm niemand mehr was anhängen. Nichts Verdächtiges, nur noch ein Freizeitsportler auf seiner abendlichen Trainingstour.
    Fünf Minuten später hielt er an der Theodor-Heuss-Allee, überquerte sie und fuhr auf dem Radweg weiter. Er atmete auf. Geschafft! Langsam wurde er wieder ruhiger.
    Gemächlich radelte er bis nach Hause, stellte das Bike in den Keller und stieg die Treppen empor. Aufatmend streifte er sein nassgeschwitztes T-Shirt ab, nestelte die Reeboks auf und stellte sie ins Schuhregal. Immer noch war ihm heiß, viel zu heiß. Er zog auch die Socken aus, schlüpfte aus der Hose und behielt nur seine Boxershorts an.
    Akkurat, wie er es schon immer gewohnt war, hing er die schwarze Jack-Wolfskin über den Stuhl neben seinem Bett. Er stutzte, griff wieder nach der Hose, zur Gesäßtasche – und erschrak. Nichts, da war nichts. Seine Geldbörse fehlte. Immer trug er sie in der rechten Gesäßtasche, niemals woanders. Jetzt war sie weg!
    Schlagartig war die Panik wieder da. Geld, Scheckkarte und vor allem der Ausweis – alles verloren, unterwegs bei seiner hektischen Flucht!
    »Mist, Mist, Mist!«, schimpfte er mit sich selbst. Er fing an, herumzulaufen, öffnete ein Fenster, sah hinaus, schloss es wieder, ging fünf Mal im Kreis, warf sich endlich aufs Bett.
    War ihm die Börse herausgerutscht, als er die Tasche versteckt hatte? Möglich, vielleicht. Nicht auszudenken, wenn jemand …! Die Angst schnürte ihm fast die Luft ab. Alles drin in der Tasche: Maske, Handschuhe, Shirt, vor allem die Garotte – direkt daneben der Ausweis, quasi als Visitenkarte. Furchtbar!
    Er sprang wieder auf. Was konnte er machen? Nichts, absolut nichts! Nur hoffen. Hoffen und morgen früh bei der Suche Glück haben. Wieder riss er das Fenster auf. Luft, er brauchte frische Luft, frisch und kühl, wie daheim im Schwarzwald. Aber es strömte nur lau herein.
    Jetzt noch mal wegfahren? Mit der Taschenlampe suchen? Nein, das wäre ja hochgradig verdächtig. Er war verdammt zum Nichtstun, Nichtstun und Warten.
    Elender Versager, ging ihm durch den Kopf. Du bist nicht der Tolle, der Unerreichbare, der Geniale, für den du dich hältst. Vier Mal hattest du einfach nur Glück und jetzt machst du solche dummen Fehler!
    Er schlug sich an die Stirn. War dieser Zeitungsartikel etwa eine Finte? Alles manipuliert? Gelogen, erfunden von dem dicken Kommissar da unten? Um ihn zu provozieren, aus der Reserve zu locken? Deshalb auch die Polizei im Wald! Eine

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