Walking Disaster
hielt, bis ihr Kopf sich wieder über der Kloschüssel befand. Sie würgte wieder, und noch mehr Flüssigkeit platschte in die Schüssel.
Abby war so zierlich, dass mir die Menge Flüssigkeit, die sie erbrach, abnorm vorkam. Langsam machte ich mir regelrecht Sorgen.
Ich krabbelte aus dem Bad und kam mit zwei Handtüchern, einem Laken, drei Decken und vier Kissen zurück. Abby stöhnte zitternd über der Toilette. Ich machte aus dem Bettzeug eine Art Lager und wartete. Wahrscheinlich würden wir den Rest der Nacht in diesem Winkel des Badezimmers zubringen.
Shepley tauchte im Türrahmen auf. »Soll ich … jemand rufen?«
»Noch nicht. Ich werde auf sie aufpassen.«
»Mir geht’s gut«, sagte Abby. »Davon kriege ich doch keine Alkoholvergiftung.«
Shepley sah besorgt drein. »Das ist so was von bescheuert. Und nichts anderes.«
»Hey, kümmerst du dich um, äh … ihr äh …«
»Geschenk?«, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Genau.«
»Hab ich schon«, sagte er, sichtlich genervt.
»Danke, Mann.«
Abby ließ sich gegen die Badewanne fallen, und ich wischte ihr erneut das Gesicht ab. Shepley machte einen frischen Waschlappen nass und warf ihn mir zu.
»Danke.«
»Schrei, wenn du mich brauchst«, meinte er. »Ich werd sowieso wach im Bett liegen und versuchen, mir was einfallen zu lassen, damit Mare mir verzeiht.«
Ich entspannte mich, so gut es mit dem Rücken an die Badewanne gelehnt ging, und zog Abby in meine Arme. Sie seufzte und schmiegte sich an mich. Obwohl sie von oben bis unten vollgekotzt war, gab es keinen Ort, an dem ich jetzt lieber gewesen wäre als so nah bei ihr. In meinem Kopf hallten ihre Worte auf der Party wider.
In einem anderen Leben könnte ich dich lieben.
Abby lag schwach und elend in meinen Armen und war darauf angewiesen, dass ich mich um sie kümmerte. In diesem Moment erkannte ich, dass meine Gefühle für sie viel stärker waren, als ich gedacht hatte. Irgendwann zwischen dem Moment, als wir uns kennengelernt hatten, und jetzt, wo ich sie auf dem Badezimmerboden im Arm hielt, musste ich mich in sie verliebt haben.
Abby seufzte und legte dann ihren Kopf in meinen Schoß. Ich deckte sie noch gewissenhaft zu, dann erlaubte ich auch mir einzudösen.
»Trav?«, flüsterte sie.
»Jaa?«
Sie antwortete nicht. Ihr Atem wurde gleichmäßiger, und ihr Kopf auf meinen Beinen wurde noch ein bisschen schwerer. Das kalte Porzellan an meinem Rücken und die harten Fliesen unter meinem Hintern waren brutal, aber ich wagte nicht, mich zu rühren. Sie hatte es bequem und würde so liegen bleiben. Nachdem ich ihr zwanzig Minuten lang beim Atmen zugesehen hatte, wurden meine schmerzenden Körperteile taub und die Augen fielen mir zu.
14. KAPITEL
Gerüchte
Der Tag fing schon nicht besonders gut an. Abby war irgendwo mit America und versuchte ihr auszureden, Shepley abzuschießen, während Shepley im Wohnzimmer an den Fingernägeln kaute und darauf wartete, dass Abby Wunder wirkte.
Ich hatte den Welpen einmal ausgeführt, befürchtete dabei allerdings die ganze Zeit, dass America unvermittelt auftauchen und die Überraschung ruinieren würde. Obwohl ich ihn anschließend gefüttert und ihm ein Handtuch zum Reinkuscheln gegeben hatte, jaulte er.
Mitgefühl war nicht gerade meine Stärke, aber ich konnte es ihm auch nicht verübeln. Dauernd in einem kleinen Karton zu hocken, das konnte niemandem gefallen. Zum Glück hatte sich der kleine Köter Sekunden, bevor sie zurückkamen, beruhigt und war eingeschlafen.
»Sie sind zurück.« Shepley sprang von der Couch auf.
»Okay«, sagte ich und schloss leise Shepleys Tür hinter mir. »Bleib ru‒«
Bevor ich den Satz beendet hatte, hatte Shepley bereits die Wohnungstür aufgerissen und war die Treppe hinuntergestürmt. Aus der offenen Tür hatte ich den perfekten Blick auf eine lächelnde Abby und die sich eifrig versöhnenden Shepley und America. Abby schob die Hände in ihre Hosentaschen und kam in die Wohnung.
Die Herbstwolken warfen graue Schatten auf alles, aber Abbys Lächeln war wie der Sommer. Mit jedem Schritt, den sie näher kam, schlug mein Herz heftiger.
»Und so lebten sie glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage«, sagte ich und schloss die Tür hinter ihr.
Wir setzten uns gemeinsam auf die Couch, und ich zog ihre Beine auf meinen Schoß.
»Was möchtest du heute machen, Täubchen?«
»Schlafen. Oder ausruhen … oder schlafen.«
»Kann ich dir vorher noch mein Geschenk geben?«
Sie stupste mich
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