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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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raffiniert. Na ja, es sei denn, er wollte seine Firma wissen lassen, daß er mit Wetzon im Gespräch war. Das wäre nun teuflisch gewesen, aber wie sie Howie kannte, durchaus eine Möglichkeit. Sie lachte laut heraus.
    Die Sonne stand inzwischen im Süden und lockte sie ins Freie.
    Sie zog Baumwollsocken über die Strumpfhose und schnürte die rosa Reeboks zu. Es war ein wunderbarer Tag, sie würde zu Fuß nach Hause gehen, Schaufenster betrachten, sich ein bißchen Bewegung verschaffen, an Kleider denken, Essen . . • Silvestri. Smith. Hol sie der Teufel. Verbrachten einen netten, ruhigen Abend... Himmel, sie hatte ihr Rendezvous mit dem guten Doktor, Rick Pulasky, vergessen. Ein Kopf wie ein Sieb.
    Sie blätterte die alten Zettel mit den telefonischen Nachrichten durch — Reporter — nichts Dringendes, ließ die Zettel auf den Tisch fallen und packte ihre schwarzen Pumps zusammen mit den »Fahndungsbogen« über Howie Minton und Steve Switzer in die Aktentasche.
    »Du gehst zeitig«, sagte Harold vorwurfsvoll. Er nahm es immer persönlich, wenn er allein gelassen wurde.
    Wetzon überging sein Mißfallen. »Ich arbeite morgen von der Wohnung aus. Ich habe am Nachmittag Verabredungen unten in der Stadt. Ich rufe dich morgen an.«
    »Kommt Smith noch mal her?«
    »Weiß nicht. Glaube nicht.« Sie ging an Smith' Schreibtisch und sah auf ihrem Terminkalender nach. Neben halb drei standen die deudichen Initialen G.T.
    G.T. Wetzon runzelte die Stirn. Marks Lehrerin? Nein. Marks Lehrerin hatte einen komischen Namen — sie hatten darüber gelacht — wie war er noch? Ach- ja, Alice Littlejohn. Wer war G. T.? Sie winkte Harold und spazierte hinaus in die milde Nachmittagssonne.
    Sie stand einen Augenblick auf dem Bürgersteig vor ihrem Büro und marschierte dann flott in Richtung Second Avenue los. Dann blieb sie abrupt stehen.
    G.T.
    Georgie Travers.

W as hatte Smith mit Georgie Travers zu schaffen, den sie nicht ausstehen konnte? Aber war G.T. wirklich Georgie Travers?
    Wetzon zögerte an der Ecke der Second Avenue. Welchen Weg sollte sie gehen? Sie entschied sich für die schöne Strecke über die Fifth Avenue bis hoch zum Central Park.
    Wenn du zuviel grübelst, wirst du verrückt, sagte sie sich. Sieh dir die Leute auf der Straße an, wirf einen Blick in die Schaufenster. Sie betrachtete eine langbeinige junge Frau mit einem Wust von langem, dunklem, mit Plastikkämmen und Klips aufgestecktem Haar und baumelnden, nicht zusammenpassenden Ohrringen — künstliches SoHo-Chaos — , die sich gegen einen großen blauen Briefkasten an der Westseite der 49. Street stützte und hohe weiße Stiefel schnürte. Sie trug einen kurzen schwarzen Kasack, halb über die Oberschenkel, über schwarzen Leggings. Sie richtete sich auf und starrte Wetzon an, die nicht gemerkt hatte, daß sie selbst starrte. Verlegen ging Wetzon schnell in Richtung Fifth Avenue weiter.
    Du vergißt deine Manieren, altes Haus, dachte sie. Was sie an Carlos erinnerte. Wäre es nicht wunderbar, wenn er wieder in seinem Beruf arbeiten könnte? Er vermißte das Zigeunerleben mehr als sie. Er vermißte die Aufregung und den Klatsch und die Kameradschaft. Es schien ihn nicht so zermürbt zu haben wie sie.
    Sie musterte die Ausstellung von kurzen metallischen Kleidern bei Sak’s in einem Schaufenster an der 49. Street skeptisch. Wer würde jemals so etwas tragen? Gewiß niemand in ihrem Bekanntenkreis.
    Ein kalter Wind kam auf und traf sie unverhofft. Sie spürte ein Frösteln und dann das plötzliche merkwürdige Gefühl, beobachtet zu werden. Sie erinnerte sich an den Schrecken des vergangenen Tages, als die Hand sie in den Verkehr gestoßen hatte, und drehte sich rasch um.
    Käufer, mit Kameras behängte gaffende Touristen, Boten, senegalesische Straßenhändler mit ihren imitierten Designer-Uhren, die Fifth Avenue-übliche Mischung von Menschen und Kostümen. Aus dem Augenwinkel sah sie das Mädchen im Robin-Hood-Kostiim — Stiefel, Leggings, Kasack-, das in der Nähe ebenfalls in ein Safes-Fenster blickte. Aber es achtete nicht auf Wetzon. Kein Zeichen des Wiedererkennens oder der Bedrohung, was das betraf.
    Wetzon schüttelte den Kopf. Sie wurde allmählich schreckhaft. Sie setzte ihren Weg fort, aber sie ging nun schneller.
    I . Miller Ecke 57. und Fifth hatte einen Sonderverkauf von Ferragamo-Schuhen. Sie ging sofort hinein und probierte ein Paar schwarze Lackpumps mit Zwei-Zoll-Absätzen. Sie saßen wie angegossen. Sie kaufte sie in Lack, Weiß und

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