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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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Lee mit Nachdruck. »Das wirkt Wunder für Ihr Selbstgefühl.« Sie gluckste. »Und Ihr Geschlechtsleben. Bis dann.«
    Was für ein Geschlechtsleben? dachte Wetzon, während sie Laura Lees fröhliche rote Gestalt in Richtung World Financial Center davontänzeln sah.

D ie Nummer 61 am Broadway war ein wunderschönes Art-deco-Gebäude. Die Haupttür hatte in Bronze gelegte geometrische Muster aus Messing, ähnlich den bunten Glasfenstern von Frank Lloyd Wright, die sich im Metropolitan Museum befanden. Die Halle war offenbar vor kurzem restauriert worden, alles Messing auf Hochglanz poliert, die Verzierungen und Randleisten klar hervorgehoben. Sie wartete in der Halle auf den Aufzug. Es war nicht viel Kommen und Gehen um diese Tageszeit. Als sich die Aufzugtüren öffneten, trat ein Mädchen in einem dezenten Jeansanzug schwungvoll heraus, sah Wetzon und wollte sich mit gesenktem Kopf wegstehlen. Buffie. Es war Buffie. Wetzon ging ihr nach und verstellte ihr in der Nähe des Zeitungsstands den Weg.
    »Buffie. Was machen Sie hier?«
    Buffie sah sie von oben herab an, indem sie ihr Haar, heute als Pferdeschwanz, zurückwarf. »Es hat nichts mit Ihnen zu tun.«
    »Haben Sie Barrys Sachen gefunden? Kommen Sie aus Mildred Gleasons Büro?«
    Buffie schüttelte störrisch den Kopf. Ihr Mund war eine schmale, harte Linie.
    »Sie dummes Ding. Zwei Menschen sind ermordet worden.« Die gierige Dummheit des Mädchens machte Wetzon wütend. »Überlassen Sie das der Polizei. Ich hoffe, Sie haben denen gestern von der »Versicherung« und Barrys Schreiberei erzählt?«
    »Lassen Sie mich in Ruhe«, sagte Buffie und stieß Wetzon weg. »Das geht Sie nichts an.«
    Schockiert von Buffies heftiger Reaktion taumelte Wetzon gegen die Zeitschriften und ließ ihre Aktentasche fallen. Als sie den Kopf hob, war Buffie verschwunden. Sie benahm sich völlig anders als die Buffie von gestern. Keine Schwäche, keine Tränen. Nichts Zerbrechliches an ihr.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte Wetzon zu dem Zeitungsverkäufer, einem alten Mann mit weißem Haar und blassen Augen, dessen knollige Nase buchstäblich mit blauen Adern verziert war. Sie hob ihre Aktentasche auf.
    »Was es heutzutage alles gibt«, sagte der Zeitungsverkäufer mit einem leichten irischen Akzent.
    Sie betrat den Aufzug so tief in Gedanken versunken, daß sie vergaß, auf den Knopf für den fünften Stock zu drücken, und der Aufzug hielt an, um im zehnten jemanden mitzunehmen. Na gut, sie würde die Fahrt nach oben mitmachen, und sie wartete ungeduldig, bis der Aufzug andere Leute auf den übrigen Stockwerken einlud. Der Aufzug war ebenfalls ein Kunstwerk, Bronze und Messing, elegante geometrische Linien, und in der Tatsache, daß er über all die Jahre so gut gepflegt worden war, zeigte sich ein Sinn für Geschichte und Tradition. Es bedeutete »altes Geld« und »Sie können sich auf uns verlassen«. Gewiß, dachte Wetzon. Dann: Du wirst zynisch, altes Haus.
    Der Empfangsraum von M. Gleason & Co. bot ebenfalls jenen vertrauenerweckenden Anblick. Holztäfelung, alte englische Möbel, Mahagoni und Nußbaum, dunkles Holz und auf dem Boden ein Orientteppich. Die Empfangsdame, eine attraktive ältere Frau mit einer Fülle von weißem Haar, das zu einem traditionellen Nackenknoten gerollt war, grüßte sie sehr freundlich, doch geschäftsmäßig. »Guten Tag. Was kann ich Sie tun?«
    »Ich bin um halb drei mit Mildred Gleason verabredet.«
    »Ihr Name?« Sie hatte ein großes Notizbuch aufgeschlagen auf dem Schreibtisch liegen.
    »Leslie Wetzon.«
    »Ah, ja.« Sie strich Wetzons Namen im Buch aus. »Geben Sie mir Ihren Mantel, und nehmen Sie noch einen Moment Platz. Ich lasse Miss Gleasons Assistentin wissen, daß Sie warten.« Als die Frau aufstand, läutete das Telefon.
    »Vielen Dank«, sagte Wetzon. »Ich mache das selbst. Ist das der Schrank?« Sie zeigte auf eine geschlossene Tür beim Eingang.
    Die Frau nickte. »Mildred Gleason und Co., guten Tag«, sagte sie ins Telefon.
    Der Schrank verströmte einen schwachen Blumenduft. Wetzon hängte ihren Burberry neben einen schwarzen Ledertrenchcoat und ließ sich auf einem chintzbezogenen Ohrensessel nieder. Die frauliche Note, dachte Wetzon chauvinistisch, aber es störte sie nicht. Die Welt des Anlagengeschäfts war wie ein einziger großer privater Männerklub, eine Bruderschaft, die zähneknirschend einige Frauen zuließ, aber nur, weil man sie heutzutage physisch nicht fernhalten konnte. Aber psychologisch und in der

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