Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
Vom Netzwerk:
am Montag an, aber ich möchte, daß Sie sofort bereit sind, sich irgendwo vorzustellen. Haben Sie Vorlieben für bestimmte Firmen?«
    »Keine von den ganz großen. Wie wäre es mit Alex Brown? Was ich von dort gehört habe, war mir sympathisch.« Sie sah Wetzon fest an und lächelte.
    »Wir fangen dort an.« Auf Wetzons Uhr war es halb fünf. »Gönnen Sie sich ein ruhiges Wochenende, und machen Sie sich keine Sorgen. Es wird schon klappen. Sie schaffen es.«
    »Oh, Wetzon, ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll.« Amanda drückte Wetzons Hand. »Laura Lee sagte, Sie seien wunderbar, und sie hat recht.«
    Wetzon nahm die Rechnung. Amanda wartete an der Tür auf sie.
    »Amanda, haben Sie Barry jemals morgens früh im Zoo getroffen?«
    »Ich?« Sie sah verwirrt aus. »Nein. Ich gehe nie in die Nähe von Zoos. Ich gehe auf wie ein Luftballon. Ich bin furchtbar allergisch gegen Tiere.«

W etzon wartete an der Bar in der Lobby des Hotel Vista auf Howie Minton und dachte darüber nach, was für eine Zeitverschwendung es war, ihn noch einmal zu treffen. Howie Minton bekam jedes Jahr einen Anfall von geistiger Umnachtung, und dann glaubte er, er wolle bei L. L. Rosenkind aufhören. Letztes Jahr war es wegen eines neuen Geschäftsführers gewesen. Wie eigenartig Männer auf Veränderung reagierten. Wenn sich irgend etwas in ihrer Umgebung verschob, fühlten sie sich bedroht anstatt herausgefordert, es wieder geradezurücken. Es passierte immer wieder. Der neue Geschäftsführer hatte andere Methoden, oder vielleicht hatten er und Howie einfach nicht die gleiche Wellenlänge.
    Ihr war erst ein einziger Makler über den Weg gelaufen, der alle paar Jahre wechselte, weil er glaubte, die Veränderung sei gut für ihn. Saul Mossberger behauptete, dadurch strenge er sich mehr an, sein Interesse bliebe wach und er selbst auf Draht. Sie verstand sein Argument. In diesem Beruf geriet man leicht in einen Trott. Viele Makler steigerten sich bis zu einem gewissen Punkt und blieben dann auf diesem Niveau stehen. Saul war seit fünfundzwanzig Jahren im Geschäft, hatte vier- oder fünfmal gewechselt und sah sich jetzt wieder nach etwas anderem um. Aber er war ohnehin völlig anders als alle, die sie im Maklergeschäft kennengelernt hatte. Er hatte seine prägenden Jahre in einem Konzentrationslager der Nazis verbracht. Jetzt, mit über sechzig, nahm er die Machenschaften in Wall Street nicht besonders ernst. Er hatte ein großes Geschäft als Wertpapierhändler, und seine Kunden waren größtenteils eingebürgerte Flüchtlinge, die mit nichts gekommen waren und Glück gehabt hatten. Sie waren im Grunde ihres Herzens Spieler, liebten es, an der Börse zu spekulieren... »Möchten Sie etwas bestellen, solange Sie warten?« fragte der Kellner.
    »Ja, ein Perrier mit Limone.« Sie fragte sich, wie die Konfrontation zwischen Mildred Gleason und Jake Donahue wohl ausgegangen war. Wenn man sie aufeinander losgelassen hätte, wäre bestimmt ein Doppelmord passiert. Sie hatte die ganze Geschichte satt. Und dann war da noch die schöne Amanda Guilford. Es erstaunte Wetzon immer wieder aufs neue, was für eine kleine Welt die Maklergemeinde war. Jeder schien jeden zu kennen.
    Sie sah auf die Uhr. Zehn nach fünf. Makler kamen selten pünktlich zu Verabredungen. Den meisten wuchsen die Nebensächlichkeiten über den Kopf — Schreibkram, Informationen. Es gab soviel zu tun, bevor sie am Ende des Tages Schluß machen konnten. Soviel, wofür sie verantwortlich waren. Sie nahm einen Schluck Perrier und dachte wieder über Mildred Gleason nach. Falls Mildred wirklich Barrys Partnerin gewesen war und falls Barry wirklich Jakes Telefongespräche aufgenommen hatte, sollte es irgendwie gegen Donahue genutzt werden. Aber nicht offiziell. Wetzon glaubte nicht, daß unerlaubte Mitschnitte von Telefonaten vor Gericht verwendet werden durften. Noch seltsamer war die Tatsache, daß Barry Mildred vorher nichts von den Bändern gesagt hatte, sondern praktisch erst mit seinen letzten Worten. Aus irgendeinem Grund hatte er sie nicht von Anfang an in die Sache mit den Bändern eingeweiht.
    Gut, streichen wir Mildred als Barrys Mörderin. Mildred hatte Barry nicht getötet, weil sie mit ihm telefoniert hatte, als er starb, also hatte Roberta vielleicht recht — Jake Donahue hatte es getan. Donahue hatte gewiß das beste Motiv. Das letzte, was er wünschen konnte, war, daß seine verbitterte Exfrau irgend etwas in die Hände bekäme, das sie gegen ihn verwenden

Weitere Kostenlose Bücher