Wallander 03 - Die weisse Löwin
Wallander. »Aber die Umstände bringen es mit sich, daß wir Louise Åkerbloms Verschwinden ernst nehmen müssen.«
»Dann berichten Sie über die Umstände«, forderte der Vertreter des Rundfunks.
Wallander holte tief Luft. »Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß die meisten Menschen, die in diesem Land auf die eine oder andere Weise verschwinden, früher oder später wieder auftauchen. Bei zwei von drei Fällen gibt es eine ganz natürliche Erklärung. Eine der häufigsten ist Vergeßlichkeit. Aber manchmal gibt es auch Anzeichen, die auf etwas anderes hinweisen. Solche Fälle nehmen wir sehr ernst.«
Björk hob die Hand. »Das sollte natürlich nicht so verstanden werden, als würde die Polizei nicht alle Vermißtenmeldungen ernst nehmen.«
Herrgott, dachte Wallander.
Der Reporter von
Expressen
, ein junger Mann mit rotem Bart, meldete sich, um etwas zu sagen. »Könnt ihr nicht etwas konkreter werden? Ihr schließt nicht aus, daß es sich um ein Verbrechen handeln könnte. Warum schließt ihr es nicht aus? Ich meine auch, daß es höchst unklar ist, wo sie verschwunden ist und wer sie zuletzt gesehen hat.«
Wallander nickte. Der Journalist hatte recht. Björk war in vielen wichtigen Punkten zu ungenau gewesen.
»Sie hat die Bankfiliale in Skurup kurz nach drei am Freitag nachmittag verlassen«, sagte er. »Ein Bankangestellter hat sie von dort abfahren sehen, Viertel nach drei. Das steht fest. Danach hat sie niemand mehr gesehen. Wir sind außerdem ziemlich sicher, daß sie einen von zwei möglichen Wegen gewählt hat. Entweder die E14 Richtung Ystad. Oder sie ist über Slimminge und Rögla in die Gegend von Krageholm gefahren. Wie ihr bereits wißt, ist Louise Åkerblom Immobilienmaklerin. Sie kann sich entschieden haben, ein Haus anzusehen, das zur Besichtigung |73| und zum Verkauf stand. Oder sie kann den direkten Weg nach Hause genommen haben. Wir wissen nicht, wie sie sich entschieden hat.«
»Welches Haus?« fragte einer der lokalen Zeitungsjournalisten.
»Das kann ich aus fahndungstechnischen Gründen nicht beantworten«, sagte Wallander.
Damit war die Pressekonferenz zu Ende. Der lokale Radiosender interviewte Björk. Wallander sprach auf dem Flur mit einem Mitarbeiter einer örtlichen Zeitung. Als er allein war, holte er sich einen Becher Kaffee, ging in sein Zimmer und rief seine Kollegen an der Brandstelle an. Er erwischte Svedberg, der mitteilen konnte, daß Martinsson bereits eine Gruppe der an der Suchaktion Beteiligten umorganisiert hatte, damit sie sich auf das brennende Anwesen konzentrierten.
»Ich habe noch nie so einen Brand gesehen«, sagte Svedberg. »Da bleibt nicht ein Dachbalken übrig, wenn das vorüber ist.«
»Ich komme heute nachmittag raus«, sagte Wallander. »Ich fahre noch einmal zu Robert Åkerblom. Ruf mich dort an, wenn irgend etwas passiert.«
»In Ordnung. Was haben die Journalisten gesagt?«
»Nichts von Interesse«, antwortete Wallander und legte auf.
Im selben Augenblick klopfte Björk an die Tür. »Das lief ja richtig gut«, sagte er. »Keine Provokationen, nur vernünftige Fragen. Hoffen wir, daß sie auch schreiben, was wir wollen.«
»Morgen werden wir einige Leute abstellen müssen, um am Telefon zu antworten«, sagte Wallander, der keine Lust hatte, diesen Kommentar zur Pressekonferenz auch noch zu kommentieren. »Wenn eine religiöse Mutter zweier Kinder verschwindet, befürchte ich, daß viele anrufen, die überhaupt nichts gesehen haben, aber die Polizei segnen und für sie beten wollen. Außer denen, die wirklich etwas zu berichten haben.«
»Wenn sie heute nicht wieder auftaucht«, sagte Björk.
»Daran glauben wir wohl beide nicht«, meinte Wallander.
Dann informierte er Björk über den seltsamen Brand und die Explosion.
Björk lauschte mit bekümmerter Miene. »Was hat das alles zu bedeuten?« fragte er.
|74| Wallander hob die Arme. »Ich weiß nicht. Aber ich fahre jetzt noch einmal zu Robert Åkerblom und rede mit ihm.«
Björk öffnete die Tür und wollte gehen. »Um fünf bei mir zur Beratung«, sagte er noch.
Als Wallander gerade sein Zimmer verlassen wollte, fiel ihm ein, daß er vergessen hatte, Svedberg um etwas zu bitten. Er rief noch einmal an der Brandstelle an. »Erinnerst du dich, daß ein Polizeiauto gestern abend beinahe mit einem Mercedes zusammengestoßen wäre?« fragte er.
»Ich erinnere mich schwach«, antwortete Svedberg.
»Bringe alles über diesen Vorfall in Erfahrung«, fuhr Wallander fort. »Ich
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