Wallander 03 - Die weisse Löwin
habe das Gefühl, daß der Mercedes etwas mit dem Brand zu tun hat. Ob der wiederum mit Louise Åkerblom zu tun hat, werden wir sehen.«
»Ich habe es notiert«, sagte Svedberg. »Noch etwas?«
»Wir treffen uns Punkt fünf«, sagte Wallander und legte auf.
Eine Viertelstunde später war er wieder in Robert Åkerbloms Küche. Er saß auf demselben Stuhl wie einige Stunden zuvor und trank eine weitere Tasse Tee.
»Manchmal wird man durch plötzliche Einsätze gestört«, sagte Wallander. »Ein großer Brand ist ausgebrochen. Aber jetzt ist er bereits unter Kontrolle.«
»Ich verstehe«, sagte Robert Åkerblom höflich. »Es ist sicher nicht leicht, Polizist zu sein.«
Wallander betrachtete den Mann auf der anderen Seite des Tisches. Gleichzeitig tastete er mit der Hand nach den Handschellen in der Tasche. Er freute sich nicht gerade auf das, was er jetzt tun mußte.
»Ich habe einige Fragen«, begann er. »Wir sitzen hier wohl genauso gut wie irgendwo anders.«
»Gewiß doch«, sagte Robert Åkerblom. »Stellen Sie nur alle Fragen, die Sie haben.«
Der milde, aber gleichzeitig unmißverständlich ermahnende Ton in Robert Åkerbloms Stimme irritierte Wallander.
»Bei der ersten Frage bin ich unsicher«, sagte Wallander. »Hatte Ihre Frau irgendwelche medizinischen Probleme?«
Der Mann sah ihn verwundert an. »Nein«, sagte er. »Wieso?«
|75| »Ich dachte nur, daß sie erfahren haben könnte, daß sie eine schwere Krankheit hat. Ist sie in letzter Zeit beim Arzt gewesen?«
»Nein. Und wenn sie krank gewesen wäre, hätte sie es mir erzählt.«
»Es gibt gewisse schwere Krankheiten, über die Menschen manchmal lieber nicht sprechen«, sagte Wallander. »Zumindest brauchen sie ein paar Tage, um ihre Gefühle und Gedanken zu ordnen. Es ist ja oft so, daß der Kranke denjenigen trösten muß, der die Nachricht empfängt.«
Robert Åkerblom dachte nach, bevor er antwortete. »Ich bin sicher, daß es nicht so ist«, sagte er.
Wallander nickte und fuhr fort. »Hatte sie Alkoholprobleme?«
Robert Åkerblom zuckte zusammen.
»Warum stellen Sie eine solche Frage?« sagte er nach einer Weile des Schweigens. »Keiner von uns trinkt auch nur einen Tropfen Alkohol.«
»Trotzdem ist der Schrank unter dem Abwaschbecken voll mit allen möglichen Schnapsflaschen.«
»Wir haben nichts dagegen, wenn andere Alkohol trinken«, sagte Robert Åkerblom. »In angemessenen Mengen natürlich. Wir haben von Zeit zu Zeit Gäste. Auch eine kleine Immobilienvermittlung wie die unsere hat manchmal einen Bedarf an dem, was man Repräsentation nennt.«
Wallander nickte. Er hatte keine Veranlassung, diese Antwort in Zweifel zu ziehen. Er holte die Handschellen aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. Dabei achtete er genau auf Robert Åkerbloms Reaktion.
Wie er erwartet hatte, schaute der ihn verständnislos an.
»Wollen Sie mich verhaften?« fragte er.
»Nein«, antwortete Wallander. »Aber ich habe diese Handschellen im unteren linken Schreibtischfach gefunden, unter einem Bündel Schreibpapier, in Ihrem Büro im Obergeschoß.«
»Handschellen«, sagte Robert Åkerblom. »Ich habe sie nie zuvor gesehen.«
»Da Ihre Töchter kaum in Frage kommen, muß sie wohl Ihre Frau da hingelegt haben«, sagte Wallander.
|76| »Ich verstehe das nicht«, stammelte Robert Åkerblom.
Plötzlich merkte Wallander, daß der Mann auf der anderen Seite des Küchentisches log. Ein kaum hörbares Beben in der Stimme, eine leichte Unsicherheit in den Augen reichten aus, und Wallander war im Bilde.
»Kann jemand anders sie dort hingelegt haben?« forschte er weiter.
»Ich weiß nicht«, sagte Robert Åkerblom. »Zu uns kommen nur Gemeindemitglieder. Abgesehen von geschäftlichen Besuchern. Aber die haben ja im Obergeschoß nichts zu suchen.«
»Niemand sonst?«
»Unsere Eltern. Ein paar Verwandte. Spielkameraden der Kinder.«
»Das ist eine ganze Menge«, sagte Wallander.
»Ich versteh das nicht«, wiederholte Robert Åkerblom.
Vielleicht verstehst du nur nicht, wie du vergessen konntest, sie da wegzuräumen, dachte Wallander. Die Frage ist doch jetzt, was sie zu bedeuten haben.
Zum erstenmal stellte sich Wallander die Frage, ob Robert Åkerblom seine Frau umgebracht haben konnte. Aber er verwarf den Gedanken. Die Handschellen und die Lüge reichten nicht aus, seine bisherigen Eindrücke zu revidieren.
»Sind Sie sicher, daß Sie für die Handschellen hier keine Erklärung haben?« fragte Wallander noch einmal. »Ich sollte vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher