Wallander 05 - Die falsche Fährte
von Helsingborg stehen. Konnte ein Zusammenhang bestehen mit dem, was Sjösten erwähnt hatte? Prostitution? Er verwarf den Gedanken wieder. Er war nicht nur unbegründet, er war auch ein Ausdruck dessen, daß er verschiedene Ermittlungen in seinem Kopf vermischte.
»Wir werden zusammenarbeiten müssen«, sagte Sjösten. »Deine Kollegen und du, ihr habt ein paar Wochen Vorsprung. Und nun legen wir Liljegren dazu. Wie sieht das Bild jetzt aus? Was verändert sich? Was wird deutlicher?«
»Ich halte es für ausgeschlossen, daß das Reichskriminalamt jetzt nicht einsteigt«, sagte Wallander. »Das ist natürlich gut so. Aber ich befürchte immer, daß es Probleme mit der Zusammenarbeit gibt und die Informationen nicht dahin gelangen, wo sie hinsollen.«
»Die gleiche Sorge habe ich«, antwortete Sjösten. »Deshalb schlage ich vor, du und ich bilden eine informelle Einheit, die ein bißchen ihre eigenen Wege gehen kann, wenn es uns paßt.«
»Gerne«, erwiderte Wallander.
»Wir erinnern uns beide noch an die Zeit der alten Reichsmordkommission«, fuhr Sjösten fort. »Etwas, was gut funktionierte, wurde auseinandergebrochen. Und ist danach eigentlich nie wieder so gut geworden wie damals.«
»Die Zeiten waren andere«, sagte Wallander. »Die Gewalt sah anders aus, und außerdem gab es weniger Morde. Die richtigen Schwerverbrecher bewegten sich in Bahnen, die wir ganz anders überschauen konnten als heute. Du hast recht, die Reichsmordkommission war gut. Aber ob sie heute noch ebenso schlagkräftig wäre, da bin ich mir weniger sicher.«
Sjösten stand auf. »Aber wir sind uns einig?« fragte er.
»Natürlich«, antwortete Wallander. »Wenn wir es für nötig halten, ziehen wir uns zurück und beratschlagen uns miteinander.«
»Du kannst bei mir wohnen«, bot Sjösten an. »Wenn du übernachten mußt. Es kann schön sein, nicht im Hotel wohnen zu müssen.«
»Gern«, dankte Wallander. Doch insgeheim hatte er nichts dagegen, |357| im Hotel zu wohnen, wenn es nötig wurde. Sein Bedürfnis, wenigstens ein paar Stunden am Tag allein zu sein, war sehr ausgeprägt.
Sie gingen zum Haus zurück. Links lag eine große Garage mit zwei Toren. Während Sjösten ins Haus ging, beschloß Wallander, einen Blick in die Garage zu werfen. Er zog mit Mühe eines der Tore auf. In der Garage stand ein schwarzer Mercedes. Wallander ging hinein und betrachtete den Wagen von der Seite. Dabei entdeckte er die dunkel getönten Fenster, die eine Einsicht von außen unmöglich machten. Er blieb stehen und grübelte.
Dann ging er ins Haus und lieh sich Nybergs Handy. Er rief in Ystad an und verlangte Ann-Britt Höglund. In kurzen Worten erzählte er, was geschehen war. Dann kam er auf sein eigentliches Anliegen zu sprechen. »Ich möchte, daß du Sara Björklund anrufst«, sagte er. »Du erinnerst dich an sie?«
»Wetterstedts Haushilfe?«
»Ja, genau. Ich möchte, daß du sie anrufst und mit hierher nach Helsingborg bringst. Und zwar gleich.«
»Warum?«
»Ich möchte, daß sie sich ein Auto ansieht. Und ich werde neben ihr stehen und mit allen Kräften hoffen, daß sie es wiedererkennt.«
Ann-Britt Höglund fragte nichts mehr.
|358| 30
Sara Björklund stand lange da und sah den schwarzen Wagen an.
Wallander blieb in ihrer Nähe, aber doch im Hintergrund. Er wollte ihr durch seine Anwesenheit Sicherheit geben, ihr aber nicht so nahe sein, daß es sie in ihrer Konzentration störte. Er merkte, wie sie sich bis zum äußersten anstrengte, um zu einer Überzeugung zu gelangen. Hatte sie diesen Wagen an jenem Freitagmorgen gesehen, als sie zu Wetterstedts Haus kam, im Glauben, es sei Donnerstag? Hatte der Wagen so ausgesehen, konnte es vielleicht sogar genau dieser und kein anderer sein, den sie vom Haus des ehemaligen Ministers hatte fortfahren sehen?
Sjösten stimmte Wallander zu, als dieser ihm seinen Gedankengang erklärte. Auch wenn Sara Björklund, von Wetterstedt so verächtlich als Putze bezeichnet, zu dem Ergebnis kam, daß es sich um einen Wagen der gleichen Marke handelte wie der, den sie gesehen hatte, würde das nichts beweisen. Es wäre lediglich ein Indiz, eine Möglichkeit. Dennoch fanden es beide wichtig.
Sara Björklund zögerte. Weil die Schlüssel steckten, bat er Sjösten, eine Runde damit auf dem Hof zu drehen. Wenn sie die Augen schloß und lauschte, konnte sie das Motorgeräusch erkennen? Autos hörten sich unterschiedlich an. Sie tat, was er sagte. Sie lauschte.
»Vielleicht«, sagte sie anschließend.
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