Wallander 05 - Die falsche Fährte
beteiligt.«
»Sind Sie Åke Liljegren jemals begegnet?«
»Ja. Ich traf ihn bei einer Gelegenheit in Madrid. Es war in einem meiner letzten aktiven Jahre im Außenministerium. Er hatte um einen Termin gebeten, um unter anderem Unterstützung bei der Kontaktaufnahme mit einigen großen spanischen Bauunternehmen zu erhalten. Wir wußten natürlich sehr wohl, wer Liljegren war. Die Scheinfirmengeschäfte waren in vollem Gang. Wir behandelten ihn so höflich wie möglich. Aber er war kein angenehmer Mensch.«
»Warum nicht?«
Heineman dachte nach, bevor er antwortete. »Er war ganz einfach unangenehm«, erklärte er dann. »Er betrachtete seine Umwelt mit vollkommen unverhohlener und kalter Verachtung.«
Wallander machte ein Zeichen, daß er für sein Teil ihr Gespräch nicht verlängern wollte.
|408| »Meine Kollegen werden noch einmal mit Ihnen in Verbindung treten«, sagte er und stand auf.
Heineman begleitete sie zur Gartenpforte. Das Polizeiauto stand noch vor Liljegrens Einfahrt. Das Haus war dunkel. Wallander ging hinüber auf die andere Straßenseite, nachdem er sich von Heineman verabschiedet hatte. Einer der Polizisten stieg aus und stand stramm. Wallander hob abwehrend die Hand als Antwort auf die übertriebene Begrüßung.
»Ist was los gewesen?«
»Hier ist alles ruhig. Ein paar Neugierige sind stehengeblieben. Sonst nichts.«
Sie fuhren zum Polizeipräsidium zurück, wo Larsson sie absetzte, um selbst nach Hause zu fahren und sich schlafen zu legen. Während Wallander ein paar Telefonate führte, widmete sich Sjösten wieder seiner Bootszeitschrift. Als erstes rief Wallander Hansson an, der mitzuteilen wußte, daß Ludwigsson und Hamrén vom Reichskriminalamt eingetroffen waren. Er hatte sie im Hotel Sekelgården einquartiert.
»Sie scheinen in Ordnung zu sein«, sagte Hansson. »Überhaupt nicht so hochnäsig, wie ich befürchtet hatte.«
»Warum sollten sie auch?«
»Stockholmer«, antwortete Hansson. »Man weiß doch, wie die sind. Erinnerst du dich noch an diese Staatsanwältin, die damals Per Åkeson vertreten hat? Wie hieß sie noch? Bodin?«
»Brolin«, erwiderte Wallander. »Aber ich kann mich nicht mehr erinnern.«
Wallander konnte sich sehr wohl erinnern. Ihn überlief jedesmal ein Schauder der Beklemmung, wenn er daran dachte, wie er einmal vollkommen die Besinnung verloren und sich in betrunkenem Zustand auf sie gestürzt hatte. Es war eine der Episoden in seinem Leben, deren er sich am meisten schämte. Daran änderte auch die Tatsache nichts, daß er und Anette Brolin bei einer späteren Gelegenheit unter bedeutend angenehmeren Umständen eine Nacht in Kopenhagen verbracht hatten.
»Sie werden morgen Sturup bearbeiten«, sagte Hansson.
Wallander berichtete in knappen Worten über das Gespräch mit Heineman.
|409| »Das bedeutet also, daß wir einen Ansatzpunkt haben«, sagte Hansson. »Du glaubst demnach, daß Liljegren Wetterstedt einmal die Woche eine Prostituierte geschickt hat?«
»Ja.«
»Kann das auch bei Carlman so gewesen sein?«
»Vielleicht nicht auf die exakt gleiche Art und Weise. Aber wir müssen unbedingt davon ausgehen, daß die Kreise von Carlman und Liljegren sich ebenfalls berührt haben. Wir wissen nur noch nicht, wo.«
»Und Björn Fredman?«
»Er bleibt die große Ausnahme. Er paßt nirgendwo hinein. Schon gar nicht in Liljegrens Kreise. Wenn er nicht sein Torpedo war. Ich werde morgen nach Malmö fahren und noch einmal mit seiner Familie reden. Vor allem will ich die Tochter treffen, die im Krankenhaus liegt.«
»Per Åkeson hat mir von eurem Gespräch erzählt. Du bist dir natürlich im klaren darüber, daß das Ergebnis genauso negativ ausfallen kann wie euer Gespräch mit Carlmans Tochter?«
»Natürlich.«
»Ich rufe noch heute abend Ann-Britt und Svedberg an«, sagte Hansson. »Du hast doch immerhin gute Neuigkeiten.«
»Vergiß Ludwigsson und Hamrén nicht«, meinte Wallander. »Sie gehören von jetzt an auch zur Gruppe.«
Wallander legte auf. Sjösten war draußen und holte Kaffee. Wallander wählte seine eigene Nummer in Ystad. Zu seiner Verwunderung meldete sich Linda sofort. »Ich bin gerade nach Hause gekommen«, erklärte sie. »Wo bist du?«
»In Helsingborg. Ich bleibe über Nacht hier.«
»Ist etwas passiert?«
»Ich war in Helsingör und habe zu Abend gegessen.«
»Das habe ich nicht gemeint.«
»Wir arbeiten.«
»Das tun wir auch«, sagte Linda. »Wir haben heute abend alles noch einmal geprobt. Und wir hatten wieder
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