Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
plötzlich etwas ein, was er vorher übersehen hatte. Hinter dem toten Mädchen standen andere Menschen. Die um sie trauern würden. In deren Köpfen sie für immer als lebende Fackel laufen würde, auf eine ganz andere Weise als in seinem.
    In ihren Köpfen würde das Feuer seine Spuren hinterlassen. Für ihn würde es langsam verblassen wie ein böser Traum.
     
    Sie brachen auf und gingen in verschiedene Richtungen auseinander. Svedberg folgte Wallander und nahm das Material über die Autodiebstähle mit. Wallander gab ihm eine kurze Übersicht. Als sie fertig waren, blieb Svedberg sitzen. Wallander merkte, daß er etwas auf dem Herzen hatte.
    »Wir sollten uns vielleicht einmal treffen und miteinander reden«, sagte Svedberg zögernd, »über das, was mit der Polizei passiert.«
    »Du denkst an die Einsparungen und daran, daß Wachgesellschaften die Bewachung von Arrestanten übernehmen sollen?«
    Svedberg nickte lustlos. »Was bringt es denn, daß wir neue Uniformen bekommen, wenn wir unsere Arbeit nicht mehr ausführen können?«
    »Ich glaube kaum, daß es hilft, wenn wir darüber sprechen«, antwortete Wallander ausweichend. »Wir haben eine Gewerkschaft, die dafür bezahlt wird, sich dieser Fragen anzunehmen.«
    »Auf jeden Fall sollte man protestieren«, sagte Svedberg. »Man sollte den Leuten auf der Straße erzählen, was da passiert.«
    |71| »Ich frage mich, ob nicht jeder mit seinen eigenen Dingen genug zu tun hat«, erwiderte Wallander, während er gleichzeitig dachte, daß Svedberg vollkommen recht hatte. Es war auch seine Erfahrung, daß die Bürger bereit waren, sich für die Verteidigung und Erhaltung ihrer Polizeiwachen stark zu machen.
    Svedberg stand auf. »Mehr war nicht«, sagte er.
    »Organisiere ein Treffen«, sagte Wallander. »Ich verspreche dir, daß ich teilnehme. Aber warte bis zum Herbst.«
    »Ich denk mal darüber nach«, sagte Svedberg und verließ das Zimmer mit den Autodiebstählen unter dem Arm.
    Es war Viertel vor fünf geworden. Durch das Fenster sah Wallander, daß es bald anfangen würde zu regnen.
    Er beschloß, eine Pizza zu essen, bevor er zu seinem Vater nach Löderup hinausfuhr. Er würde ihn heute einmal besuchen, ohne vorher anzurufen.
    Auf dem Weg hinaus blieb er an der offenen Tür zu Martinssons Zimmer stehen, in dem Martinsson vor seinen Bildschirmen saß.
    »Mach nicht zu lange«, sagte er.
    »Noch habe ich nichts gefunden«, antwortete Martinsson.
    »Dann bis morgen.«
    Wallander ging zu seinem Wagen. Die ersten Regentropfen waren auf das Autoblech gefallen.
    Er war gerade im Begriff, den Parkplatz zu verlassen, als Martinsson angelaufen kam und mit den Armen fuchtelte. Wir haben sie, war sein erster Gedanke. Das Gefühl verursachte ihm sofort einen Klumpen im Magen. Er kurbelte die Scheibe herunter. »Hast du sie gefunden?«
    »Nein«, sagte Martinsson.
    Dann erkannte Wallander an Martinssons Gesichtsausdruck, daß etwas Ernstes passiert war. Er stieg aus. »Was ist?«
    »Gerade kam ein Anruf«, sagte Martinsson. »Sie haben eine Leiche am Strand drüben hinter Sandskogen gefunden.«
    Scheiße, dachte Wallander. Nicht das noch. Nicht jetzt.
    »Es scheint Mord zu sein«, fuhr Martinsson fort. »Es war ein Mann, der anrief. Er wirkte ungewöhnlich verläßlich, auch wenn er natürlich geschockt war.«
    |72| »Wir müssen hinfahren«, sagte Wallander. »Hol deine Jacke. Es gibt Regen.«
    Martinsson rührte sich nicht. »Es hat den Anschein, als wüßte der, der da angerufen hat, wer der Ermordete ist.«
    Wallander sah an Martinssons Gesicht, daß er das, was jetzt kam, fürchten mußte.
    »Er hat gesagt, es wäre Wetterstedt. Der alte Justizminister.«
    Wallander sah Martinsson unverwandt an. »Sag das noch einmal.«
    »Er behauptete, es sei Gustaf Wetterstedt. Der Justizminister. Er sagte noch etwas. Er sagte, es sähe so aus, als sei er skalpiert worden.«
    Sie starrten einander fassungslos an.
    Es war zwei Minuten vor fünf, Mittwoch, der 22.   Juni.

|73| 6
    Als sie zum Strand kamen, war der Regen stärker geworden. Wallander hatte gewartet, während Martinsson seine Jacke holte. Unterwegs sprachen sie sehr wenig. Martinsson erklärte, wie sie fahren mußten. Sie bogen in einen kleinen Weg hinter den Tennisplätzen ein. Wallander fragte sich, was sie erwartete. Was er sich am allerwenigsten gewünscht hatte, war jetzt eingetreten. Wenn es stimmte, was der Mann, als er im Präsidium anrief, gesagt hatte, war Wallanders Urlaub in Gefahr. Hansson würde an ihn

Weitere Kostenlose Bücher