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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hatte nie das Bedürfnis verspürt, das, was er gesehen und begriffen hatte, anderen mitzuteilen.
    Er verspürte ein wachsendes Wohlgefühl angesichts dessen, was ihn erwartete. Am nächsten Abend würden seine Freunde um kurz nach neun in dem schwarzen Mercedes mit den getönten Spiegelfenstern zu seinem Haus kommen. Sie würden direkt in seine Garage fahren, und er würde ihren Besuch im Wohnzimmer hinter vorgezogenen Gardinen erwarten, genau wie jetzt. Seine Erwartung steigerte sich sofort, als er sich vorstellte, wie das Mädchen, das sie diesmal lieferten, aussehen würde. Er hatte bemängelt, daß es in der letzten Zeit allzu viele Blondinen gewesen waren. Einige waren auch zu alt, über zwanzig. Jetzt wünschte er sich eine jüngere, am liebsten ein Mischlingsmädchen. Seine Freunde würden im Keller warten, wo er einen Fernsehapparat aufgestellt hatte, während er das Mädchen in sein Schlafzimmer mitnahm. Vor dem Morgengrauen wären sie wieder fort, und er würde schon wieder von dem Mädchen phantasieren, mit dem sie in der Woche danach kommen sollten. Der Gedanke an den morgigen Tag erregte ihn so, daß er vom Sofa aufstand und in sein Arbeitszimmer ging. Bevor er das Licht anmachte, zog er die Gardinen vor. Einen kurzen Augenblick meinte er, unten am Strand den Schatten eines Menschen zu erkennen. Er nahm die Brille ab und blinzelte. Es kam vor, daß späte Nachtwanderer sich genau unterhalb seines Grundstücks aufhielten. Bei verschiedenen Gelegenheiten hatte er sich auch genötigt gesehen, die Polizei in Ystad anzurufen und sich über Jugendliche zu beschweren, die am Strand Feuer machten und lärmten. Er hatte ein gutes Verhältnis zur Polizei in Ystad. Sie kamen immer sofort und verjagten die Ruhestörer. Häufig dachte er daran, daß er sich nie hatte vorstellen können, welche Kenntnisse und Kontakte er dadurch bekommen sollte, daß er Justizminister war. Er hatte nicht nur gelernt, die spezielle Mentalität zu verstehen, die bei der schwedischen Polizei |25| herrschte. Er hatte sich auch an strategischen Punkten in der schwedischen Rechtsmaschinerie methodisch Freunde geschaffen. Doch ebenso wichtig waren all die Kontakte, die er in der kriminellen Unterwelt bekommen hatte. Es gab intelligente Verbrecher, sowohl einzelne Individuen als auch Führer großer Verbrechersyndikate, die er sich zu Freunden gemacht hatte. Auch wenn sich in den fünfundzwanzig Jahren seit seinem Abschied vieles verändert haben mochte, hatte er noch immer viel Freude an seinen alten Kontakten. Nicht zuletzt an den Freunden, die dafür sorgten, daß er jede Woche Besuch von einem Mädchen im passenden Alter bekam.
    Der Schatten am Strand war Einbildung gewesen. Er zog die Gardine zurecht und schloß eins der Fächer des Schreibtischs auf, den er von seinem Vater geerbt hatte, dem gefürchteten Jura-Professor. Er holte eine wertvolle und schön verzierte Mappe hervor und schlug sie auf dem Schreibtisch vor sich auf. Langsam, fast andächtig blätterte er sich durch seine Sammlung pornografischer Bilder aus den frühesten Jahren der Fotokunst. Sein ältestes Bild war eine Rarität, eine Daguerreotypie aus dem Jahre 1855, die er in Paris gekauft hatte. Das Bild stellte eine nackte Frau dar, die einen Hund umarmte. Seine Sammlung war in der exklusiven, doch der Umwelt unbekannten Schar von Männern, die sein Interesse teilten, wohlbekannt. Seine Sammlung von Bildern von Lecadre aus den 1890er Jahren wurde nur von der eines greisen Stahlwerksmagnaten aus dem Ruhrgebiet übertroffen. Langsam blätterte er die plastikverschweißten Seiten des Albums durch. Am längsten verweilte er bei den Seiten, auf denen die Modelle jung waren und man an ihren Augen sehen konnte, daß sie unter dem Einfluß von Drogen standen. Er hatte es oft bereut, daß er selbst nicht schon früher angefangen hatte, sich dem Fotografieren zu widmen. Hätte er das getan, könnte er heute im Besitz einer einzigartigen Sammlung sein.
    Nachdem er das Album durchgeblättert hatte, verschloß er es wieder im Schreibtisch. Seinen Freunden hatte er das Versprechen abgenommen, nach seinem Tod die Bilder einem Antiquitätenhändler in Paris anzubieten, der auf derartige Verkaufsaufträge spezialisiert war. Das Geld sollte dem Fonds für junge Juristen zugute |26| kommen, den er bereits eingerichtet hatte, der jedoch erst bei seinem Tod der Öffentlichkeit präsentiert werden sollte.
    Er knipste die Schreibtischlampe aus und blieb in dem dunklen Zimmer sitzen. Das

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