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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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ausgefallenes Parfüm.«
    »In welcher Weise?«
    Sie sah ihn fast flehend an. »Ich weiß nicht. Wie beschreibt man einen Duft?«
    »Es gehört zum Schwierigsten überhaupt. Aber versuchen Sie es wenigstens.«
    Er sah, daß sie sich wirklich anstrengte.
    »Nein«, sagte sie. »Ich finde keine Worte. Ich weiß nur, daß es ausgefallen war. Vielleicht kann man sagen: herb?«
    »Eher wie Rasierwasser?«
    Sie sah ihn erstaunt an.
    »Ja«, sagte sie. »Woher wußten Sie das?«
    »Das war nur so ein Einfall.«
    »Ich hätte es vielleicht nicht sagen sollen. Wenn ich mich schon nicht deutlicher ausdrücken kann.«
    »Doch«, sagte er. »Das kann sich als wichtig erweisen. Das weiß man immer erst nachher.«
    Sie trennten sich an der Glastür. Wallander nahm den Aufzug nach unten und verließ das Krankenhaus. Er ging schnell. Jetzt mußte er schlafen.
    Er dachte an das, was sie gesagt hatte.
    Wenn es an dem Namensschild noch eine Spur des Parfüms gab, würden sie Ylva Brink morgen früh daran riechen lassen. Doch er wußte schon jetzt, daß es der gleiche Duft war.
    Sie suchten nach einer Frau. Ihr Parfüm war ausgefallen.
    Er fragte sich, ob sie sie jemals finden würden.

|423| 30
    Um 7   Uhr 35 endete ihre Nachtschicht. Sie hatte es eilig, von plötzlicher Unruhe getrieben. Es war ein kalter, feuchter Morgen in Malmö. Sie hastete zum Parkplatz, wo ihr Auto stand. Normalerweise wäre sie sofort nach Hause gefahren, um zu schlafen. Jetzt wußte sie, daß sie auf dem schnellsten Weg nach Lund fahren mußte. Sie warf die Tasche auf die Rückbank und stieg ein. Als sie das Steuer anfaßte, merkte sie, daß ihre Hände schwitzten.
    Sie hatte sich nie ganz auf Katarina Taxell verlassen können. Sie war zu schwach. Es bestand ständig die Gefahr, daß sie nachgab. Sie dachte, daß Katarina Taxell ein Mensch war, der allzuleicht blaue Flecken bekam, wenn man sie hart anfaßte.
    Die Befürchtung, daß sie nachgeben würde, hatte sie die ganze Zeit gehabt. Trotzdem hatte sie die Situation so eingeschätzt, daß ihre Kontrolle über sie stark genug wäre. Jetzt war sie nicht mehr so überzeugt davon.
    Ich muß sie da wegholen, hatte sie während der Nacht gedacht. Zumindest so lange, bis sie Abstand von allem bekommt.
    Es würde auch nicht schwer sein, sie aus ihrer Wohnung zu holen. Es war nichts Ungewöhnliches, daß eine Frau im Zusammenhang mit einer Geburt oder kurze Zeit danach psychische Probleme hatte.
    Als sie in Lund ankam, begann es zu regnen. Ihre Unruhe wich nicht. Sie parkte in einer Seitenstraße und ging zu dem Platz, an dem Katarina Taxell wohnte. Plötzlich blieb sie stehen. Dann ging sie langsam ein paar Schritte zurück, als sei vor ihr ein Raubtier aufgetaucht. Sie stellte sich an eine Hauswand und beobachtete den Eingang von Katarina Taxells Haus.
    Ein Wagen war davor geparkt. Ein Mann saß darin, vielleicht zwei. Sie war sich sofort sicher, daß es Polizisten waren. Katarina Taxell wurde überwacht.
    |424| Die Panik kam aus dem Nichts. Ohne daß sie es sehen konnte, wußte sie, daß sie schon rote Flecken im Gesicht hatte. Außerdem Herzklopfen. Die Gedanken rasten durch ihren Kopf wie aufgescheuchte Nachttiere in einem Raum, in dem plötzlich Licht gemacht wird. Was hatte Katarina Taxell gesagt? Warum saßen sie vor ihrer Haustür und bewachten sie?
    Oder war es nur Einbildung? Sie stand reglos da und versuchte zu denken. Einer Sache meinte sie sicher sein zu können: daß Katarina Taxell trotz allem nichts gesagt hatte. Sonst hätten sie sie nicht bewacht, sondern sie abgeholt. Also war es noch nicht zu spät. Sie hatte vermutlich nicht viel Zeit. Aber die brauchte sie auch nicht. Sie wußte, was zu tun war.
    Sie zündete sich eine Zigarette an, die sie in der Nacht gerollt hatte. Gemessen an ihrem Zeitplan war sie eine Stunde zu früh. Aber jetzt verstieß sie dagegen. Der Tag würde sehr sonderbar werden. Aber es war nicht mehr zu ändern.
    Sie blieb noch ein paar Minuten stehen und betrachtete den Wagen, der vor der Haustür stand.
    Dann machte sie die Zigarette aus und ging mit schnellen Schritten davon.
     
    Als Wallander an diesem Mittwoch morgen um kurz nach sechs aufwachte, war er immer noch sehr müde. Sein Schlafdefizit war groß. Die Kraftlosigkeit lag wie ein Bleilot tief in seinem Bewußtsein. Er blieb mit offenen Augen unbeweglich im Bett. Der Mensch ist ein Tier, das lebt, um durchzuhalten. Im Augenblick sieht es so aus, als sei ich dazu nicht mehr in der Lage.
    Er setzte sich auf die

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