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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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anderen ausgelassen. Sie betrachten die Verhaftungen als Rechtsbruch. Sie behaupten, Åke Davidsson hätte Widerstand geleistet. Große Reportagen, Bilder und Aufmacher. ›Auf wessen Seite steht die Polizei?‹«
    »Ich muß das nicht lesen«, sagte Wallander angewidert. »Was ist mit der Schule?«
    »Hansson ist hingefahren. Martinsson ist jetzt wohl zu Hause bei seiner Tochter.«
    »Und es sind also Jungen von der Schule, die das gemacht haben?«
    »Ja. Soweit wir wissen.«
    »Fahr sofort hin«, bestimmte Wallander schnell. »Versuch, alles zu erfahren, was du kannst. Rede mit den Jungen. Ich glaube, es ist besser, daß ich da wegbleibe. Die Gefahr besteht, daß ich wütend werde.«
    »Hansson ist schon da. Ich glaube nicht, daß noch jemand gebraucht wird.«
    »Doch«, sagte Wallander. »Ich möchte, daß du auch hinfährst, um zu versuchen, auf deine Art herauszufinden, was eigentlich passiert ist, und warum. Wenn mehrere von uns dort sind, zeigen wir, daß wir die Sache ernst nehmen. Ich fahre zu Martinsson nach Hause. Alles andere kann vorläufig warten. Das Schlimmste, was man hierzulande tun kann, ganz genau wie überall sonst, ist, einen Polizisten zu töten. Und das Zweitschlimmste ist, die Kinder eines Polizisten anzugreifen.«
    »Es sollen andere Schüler dabeigestanden und gelacht haben«, sagte sie.
    Wallander hob abwehrend die Hände. Er wollte nichts mehr hören.
    Er stand auf und griff nach seiner Jacke.
    »Eskil Bengtsson und die anderen kommen heute raus«, sagte sie, als sie den Korridor entlanggingen. »Aber Per Åkesson will Anklage erheben.«
    »Was kriegen sie?«
    |428| »Die Leute in der Gegend reden schon davon, Geld zu sammeln, falls es Geldbußen gibt. Aber man kann ja auf Gefängnis hoffen. Zumindest für einige von ihnen.«
    »Wie geht es Åke Davidsson?«
    »Er ist wieder zu Hause in Malmö. Krank geschrieben.«
    Wallander blieb stehen und sah sie an.
    »Was wäre, wenn sie ihn aus Versehen totgeschlagen hätten? Gäbe es dann auch Geldbußen?«
    Er wartete nicht auf eine Antwort.
     
    Ein Streifenwagen fuhr Wallander zu Martinssons Haus in einem Viertel mit Einfamilienhäusern an der östlichen Ausfahrt der Stadt. Wallander war noch nicht oft dagewesen. Das Haus war unansehnlich. Aber der Garten zeugte von liebevoller Pflege. Er klingelte. Martinssons Frau Maria machte auf. Ihre Augen waren gerötet. Terese war ihr ältestes Kind, neben zwei Jungen die einzige Tochter. Einer der Jungen, Rickard, stand hinter ihr. Wallander lächelte und tätschelte seinen Kopf.
    »Wie geht es?« fragte er. »Ich habe es gerade erst erfahren und bin gleich hergekommen.«
    »Sie sitzt auf dem Bett und weint. Der einzige, mit dem sie sprechen will, ist ihr Papa.«
    Wallander trat ein und zog Schuhe und Jacke aus. Ein Strumpf hatte ein Loch. Sie fragte, ob er Kaffee haben wolle. Er nickte dankbar. Im gleichen Augenblick kam Martinsson die Treppe herunter. Normalerweise war er ein fröhlicher Mann. Jetzt sah Wallander eine Maske grauer Verbitterung. Aber auch Angst.
    »Ich habe gehört, was passiert ist«, sagte Wallander. »Ich bin gleich gekommen.«
    Sie setzten sich ins Wohnzimmer.
    »Wie geht es ihr?« fragte Wallander.
    Martinsson schüttelte nur den Kopf Wallander dachte, daß er jeden Augenblick anfangen könnte zu weinen. Das wäre das erstemal, daß er Martinsson weinen sähe.
    »Ich höre auf«, sagte Martinsson. »Ich rede noch heute mit Lisa.«
    Wallander wußte nicht, was er antworten sollte. Martinsson |429| war mit Recht außer sich. Wallander konnte sich leicht vorstellen, wie er selbst reagiert hätte, wäre Linda überfallen worden.
    Dennoch mußte er der Situation Widerstand entgegensetzen. Es durfte auf keinen Fall geschehen, daß Martinsson aufgab. Wallander ahnte, daß er selbst der einzige war, der Martinsson zum Umdenken überreden konnte.
    Aber noch war es dafür zu früh. Er sah, wie geschockt Martinsson war.
    Maria kam mit Kaffee. Martinsson schüttelte nur den Kopf. Er wollte keinen.
    »Das ist es nicht wert«, sagte er. »Wenn es über die Familie hergeht.«
    »Nein«, sagte Wallander. »Das ist es nicht wert.«
    Martinsson sagte nichts mehr. Auch Wallander schwieg. Kurz danach stand Martinsson auf und ging wieder die Treppe hinauf. Wallander sah ein, daß er im Augenblick nichts mehr tun konnte. Martinssons Frau brachte ihn an die Tür.
    »Grüß Terese von mir«, sagte er.
    »Glaubst du, daß sie noch einmal über uns herfallen?«
    »Nein«, sagte Wallander. »Ich weiß, daß

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