Wallander 06 - Die fünfte Frau
natürlich für wünschenswert halte.«
»Ich habe jedenfalls vor, Anklage zu erheben, sooft ich kann«, sagte Per Åkesson. »Es war schwere Körperverletzung. Das kann ich nachweisen. Sie waren zu viert. Ich rechne damit, daß mindestens drei von ihnen verurteilt werden können. Beim vierten ist es eher unsicher. Ich sollte vielleicht auch sagen, daß der Generalstaatsanwalt darum gebeten hat, informiert zu werden. Das überrascht mich. Aber es zeigt zumindest, daß jemand da oben diese Sache ernst nimmt.«
ȁke Davidsson hat sich klug und besonnen in einem Interview in
Arbetaren
geäußert«, sagte Svedberg. »Glücklicherweise wird er ohne bleibende Schäden davonkommen.«
»Dann bleiben noch Terese und ihr Vater«, sagte Wallander. »Und die Jungen in der Schule.«
|466| »Denkt Martinsson daran, aufzuhören?« fragte Per Åkesson. »Ich habe so etwas läuten hören.«
»Das war seine erste Reaktion«, sagte Wallander. »Und die ist nur zu verständlich und natürlich. Aber ich bin nicht sicher, ob er es wirklich tut.«
»Er ist ein guter Polizeibeamter«, sagte Hansson. »Weiß er das eigentlich?«
»Ja«, sagte Wallander. »Es fragt sich nur, ob das reicht. Es können andere Dinge hochkommen, wenn so etwas passiert. Zum Beispiel unsere unhaltbare Arbeitsbelastung.«
»Ich weiß«, sagte Lisa Holgersson. »Und die wird außerdem noch schlimmer werden.«
Wallander fiel dabei ein, daß er noch immer nicht mit ihr über Nybergs Situation gesprochen hatte. Er machte sich eine Notiz.
»Die Diskussion müssen wir ein andermal führen«, sagte er.
»Ich wollte euch nur informieren«, sagte Lisa Holgersson. »Mehr war nicht. Und daß euer ehemaliger Chef angerufen hat und euch Glück wünscht. Es tut ihm leid, was mit Martinssons Tochter passiert ist.«
»Der hat es verstanden, rechtzeitig aufzuhören«, sagte Svedberg. »Was haben wir ihm eigentlich zum Abschied geschenkt? Eine Angelrute? Wenn er hier weitergemacht hätte, wäre er nie dazu gekommen, sie zu benutzen.«
»Er hat jetzt sicher auch eine Menge um die Ohren«, wandte Lisa Holgersson ein.
»Björk war gut«, sagte Wallander. »Aber ich glaube, wir sollten jetzt weitermachen.«
Sie fingen mit Ann-Britt Höglunds Zeitplan an. Neben Wallanders Kollegblock lag der Eisenbahnfahrplan aus Katarina Taxells Sekretär.
Ann-Britt Höglund hatte wie üblich gründliche Arbeit geleistet. Alle Zeitpunkte, die auf irgendeine Weise mit den verschiedenen Ereignissen zu tun hatten, waren aufgeführt und zueinander in Beziehung gesetzt. Während Wallander zuhörte, dachte er, daß er diese Aufgabe sicher nicht besonders gut bewältigt hätte. Er hätte ganz bestimmt gepfuscht. Kein Polizist ist wie ein anderer, dachte er. Erst wenn wir uns mit dem beschäftigen können, |467| was unsere starken Seiten herausfordert, sind wir wirklich nützlich.
»Ich sehe eigentlich kein Muster, das sich abzeichnet«, sagte Ann-Britt Höglund, als sie sich dem Schluß ihrer Darstellung näherte. »Die Gerichtsmediziner in Lund haben also festgestellt, daß Holger Erikssons Tod spät am Abend des 21. September eingetreten ist. Wie sie das herausgefunden haben, kann ich nicht genau beantworten, aber sie sind sich ihrer Sache sicher. Gösta Runfelt wird auch in der Nacht getötet. Da stimmt der Zeitpunkt überein, ohne daß man irgendwelche sinnvollen Schlüsse daraus ableiten kann. Es gibt auch keine Übereinstimmungen, was die Wochentage anbelangt. Wenn man die beiden Besuche auf der Entbindungsstation und den Mord an Eugen Blomberg dazunimmt, kann man möglicherweise Fragmente eines Musters ahnen.«
Sie brach ab und blickte in die Runde. Weder Wallander noch einer der anderen schien verstanden zu haben, was sie meinte.
»Das ist beinahe reine Mathematik«, sagte sie. »Aber es hat den Anschein, daß unser Täter einem so unregelmäßigen Muster folgt, daß es wieder interessant wird. Am 21. September stirbt Holger Eriksson. In der Nacht auf den 1. Oktober bekommt Katarina Taxell Besuch auf der Entbindungsstation in Ystad. Am 11. Oktober stirbt Gösta Runfelt. In der Nacht auf den 13. Oktober ist die Frau wieder auf der Entbindungsstation und schlägt Svedbergs Cousine nieder. Am 17. Oktober schließlich stirbt Eugen Blomberg. Wahrscheinlich kann man noch den Tag dazunehmen, an dem Gösta Runfelt vermutlich verschwunden ist. Das Muster, das ich sehe, zeichnet sich dadurch aus, daß es keinerlei Regelmäßigkeit gibt. Was möglicherweise erstaunlich ist.
Weitere Kostenlose Bücher