Wallander 06 - Die fünfte Frau
Da alles andere so minutiös geplant und vorbereitet zu sein scheint. Ein Täter, der sich die Zeit nimmt, Gewichte in einen Sack einzunähen und sie genau dem Körpergewicht des Opfers anzupassen? Man kann es also entweder so sehen, daß keine Intervalle existieren, die uns irgend etwas verraten. Oder man betrachtet die Unregelmäßigkeit als die Folge von irgend etwas. Und da fragt es sich, wovon?«
Wallander merkte, daß er ihr nicht folgen konnte.
|468| »Noch einmal«, bat er. »Langsam.«
Sie wiederholte, was sie gesagt hatte. »Es muß nicht unbedingt ein Zufall sein«, schloß sie. »Weiter will ich mich nicht vorwagen. Es kann eine Unregelmäßigkeit sein, die sich wiederholt. Aber es muß nicht so sein.«
»Nehmen wir an, daß es trotz allem ein Muster ist«, sagte Wallander. »Wie interpretierst du das? Was sind das für äußere Faktoren, die den Zeitplan des Täters beeinflussen?«
»Es kann verschiedene Erklärungen geben. Der Täter wohnt nicht in Schonen. Macht aber regelmäßig Besuche hier. Er oder sie hat einen Beruf, der einem bestimmten Rhythmus unterliegt. Oder etwas anderes, was ich mir bisher nicht habe vorstellen können.«
»Du meinst also, daß diese Tage gesammelte arbeitsfreie Tage sein können, die regelmäßig wiederkehren? Wenn wir es einen Monat länger verfolgen könnten, würde es deutlicher werden?«
»Das kann eine Möglichkeit sein. Der Täter hat eine Arbeit, die einem ständig wechselnden Schema folgt. Die arbeitsfreien Tage fallen mit anderen Worten nicht ausschließlich auf Samstag und Sonntag.«
»Das kann wichtig sein«, sagte Wallander nachdenklich. »Aber es fällt mir schwer, das zu glauben.«
»Ansonsten kann ich aus diesen Zeiten nichts herauslesen«, sagte sie. »Die Person ist nicht zu fassen.«
»Was wir nicht klar festmachen können, ist auch eine Art von Erkenntnis«, sagte Wallander und hielt die Plastiktüte hoch. »Und da wir bei Zeitplänen sind: das hier habe ich in einem Geheimfach in Katarina Taxells Sekretär gefunden. Wenn sie ihren wichtigsten Besitz vor der Welt verbergen wollte, dann muß es das hier sein. Ein Fahrplan der Intercityzüge von SJ. Frühjahr 1991. Eine Zugabfahrt ist unterstrichen: Nässjö 16 Uhr. Er geht täglich.«
Er schob die Plastiktüte zu Nyberg hinüber.
»Fingerabdrücke«, sagte er.
Dann ging er zu Krista Haberman über. Er legte seine Gedanken dar. Erzählte von dem morgendlichen Besuch im Nebel. Die ernste Stimmung im Raum war unverkennbar. »Ich bin also der Meinung, wir sollten anfangen zu graben«, schloß er. »Wenn der |469| Nebel sich gelichtet und Hansson Gelegenheit gehabt hat zu untersuchen, wer das Land bestellt hat und ob dort nach 1967 einschneidende Veränderungen stattgefunden haben.«
Lange war es vollkommen still. Alle dachten nach über das, was Wallander gesagt hatte. Schließlich meldete sich Per Åkesson zu Wort. »Das klingt einerseits unglaublich und andererseits sehr bestechend«, sagte er. »Ich nehme an, wir müssen diese Möglichkeit ernsthaft in Erwägung ziehen.«
»Es wäre gut, wenn nichts davon nach draußen dringt«, sagte Lisa Holgersson. »Es gibt nichts, was die Leute mehr fasziniert, als wenn alte, nicht geklärte Vermißtenfälle wieder an die Oberfläche kommen.«
Sie hatten ihren Beschluß gefaßt.
Wallander wollte jetzt so schnell wie möglich abbrechen, weil auf sie alle viel Arbeit wartete. »Katarina Taxell«, sagte er. »Sie ist also verschwunden. Ist mit einem roten Golf weggefahren. Mit unbekanntem Fahrer. Ihren Aufbruch muß man als überstürzt bezeichnen. Birch in Lund wartet wohl darauf, daß wir uns melden. Ihre Mutter möchte, daß wir sie suchen lassen. Was wir ihr kaum abschlagen können, da sie die nächste Angehörige ist. Aber ich glaube, wir sollten noch warten, wenigstens einen Tag.«
»Warum?« fragte Per Åkesson.
»Ich vermute, daß sie sich meldet«, sagte Wallander. »Natürlich nicht bei uns. Aber bei ihrer Mutter. Katarina Taxell weiß, daß sie sich Sorgen macht. Sie wird sie anrufen, um sie zu beruhigen. Aber sie wird leider nicht sagen, wo sie sich befindet. Oder mit wem sie zusammen ist.«
Wallander wandte sich jetzt direkt an Per Åkesson. »Ich möchte also jemand zu Hause bei Katarina Taxells Mutter haben. Der das Gespräch aufnehmen kann. Früher oder später wird sie anrufen.«
»Wenn das nicht schon geschehen ist«, sagte Hansson und stand auf. »Gib mir mal Birchs Telefonnummer.«
Er bekam sie von Ann-Britt Höglund und
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