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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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du?«
    »Weil ich gern wüßte, ob es eine Frau war, die den roten Golf gefahren ist. Der Katarina Taxell abgeholt hat.«
    »Wissen wir das nicht sicher?«
    »Nein«, sagte Wallander bestimmt. »Wir wissen es nicht sicher. Wir wissen kaum etwas sicher.«
    Er sah durch das Seitenfenster hinaus. Sie kamen gerade an Schloß Marsvinsholm vorbei.
    »Es gibt noch etwas, was wir nicht sicher wissen«, sagte er. »Aber wovon ich immer mehr überzeugt bin.«
    »Was?«
    »Daß sie allein ist. Es gibt keinen Mann in ihrer Nähe. Es gibt überhaupt niemand. Wir suchen nicht nach einer Frau, die uns eventuell weiterbringt. Sie hat keinen Hintergrund. Hinter ihr ist nichts. Sie ist es. Kein anderer.«
    »Sie hat also die Morde begangen? Das Pfahlgrab gegraben. Runfelt erwürgt, nachdem sie ihn gefangengehalten hat? Blomberg lebend in einem Sack in den See geworfen?«
    Wallander antwortete, indem er eine andere Frage stellte. »Weißt du noch, daß wir am Anfang dieser Ermittlung von der Sprache des Täters geredet haben? Daß er oder sie uns etwas erzählen wollte? Über die demonstrative Vorgehensweise?«
    Sie erinnerte sich.
    »Es kommt mir jetzt so vor, als hätten wir von Anfang an das Richtige gesehen, aber das Falsche gedacht.«
    »Daß eine Frau sich verhielt wie ein Mann?«
    »Vielleicht nicht das Verhalten an sich. Aber sie hat Dinge getan, die uns an brutale Männer denken ließen.«
    »Dann hätten wir also an die Opfer denken müssen. Weil sie brutal waren?«
    »Genau. Nicht an den Täter. Wir haben in das, was wir sahen, die falsche Geschichte hineingelesen.«
    »Und trotzdem wird es gerade hier schwer«, sagte sie. »Daß |476| eine Frau all dieser Dinge wirklich fähig ist. Ich meine nicht die physische Kraft. Ich bin zum Beispiel genauso stark wie mein Mann. Er hat große Schwierigkeiten, mich beim Armdrücken unterzukriegen.«
    Wallander sah sie verblüfft an. Sie bemerkte es und lachte. »Jeder amüsiert sich auf seine Weise.«
    Wallander nickte. »Ich weiß noch, daß ich mit meiner Mutter Fingerhakeln gespielt habe, als ich klein war«, sagte er. »Aber ich glaube, ich habe immer gewonnen.«
    »Sie hat dich vielleicht gewinnen lassen.«
    Sie bogen nach Sturup ab.
    »Ich weiß nicht, wie diese Frau ihre Taten begründet«, sagte Wallander. »Aber wenn wir sie finden, glaube ich, daß wir einem Menschen begegnen, wie wir noch nie einen erlebt haben.«
    »Ein weibliches Monstrum?«
    »Vielleicht. Aber auch das ist nicht sicher.«
    Das Autotelefon unterbrach sie. Wallander nahm das Gespräch an. Es war Birch. Er erklärte ihm, wie sie fahren mußten, um zur Wohnung von Katarina Taxells Mutter zu kommen.
    »Wie heißt sie mit Vornamen?«
    »Hedwig. Hedwig Taxell.«
    Birch versprach, sie anzukündigen. Wallander rechnete damit, daß sie in einer halben Stunde da wären.
    Die Abenddämmerung brach an.
     
    Birch stand auf der Treppe und begrüßte sie.
    Hedwig Taxell wohnte am Ende einer Reihenhauskette am Stadtrand von Lund. Wallander schätzte, daß die Häuser in den frühen sechziger Jahren gebaut worden waren. Flachdächer, viereckige Schachteln mit kleinen Innenhöfen auf der Rückseite. Er meinte einmal gelesen zu haben, daß die Dächer nach heftigen Schneefällen einstürzen konnten.
    »Ich habe gerade noch rechtzeitig das Tonbandgerät anschließen können, bevor das Gespräch kam«, sagte Birch.
    »Wir sind ja sonst nicht gerade vom Glück verwöhnt worden«, sagte Wallander. »Wie ist dein Eindruck von Hedwig Taxell?«
    |477| »Sie macht sich große Sorgen um ihre Tochter und das Kind. Aber sie wirkt doch gefaßter als beim letztenmal.«
    »Wird sie uns helfen? Oder schützt sie ihre Tochter?«
    »Ich glaube ganz einfach, sie will wissen, wo sie ist.«
    Birch führte sie ins Wohnzimmer. Ohne sagen zu können, warum, hatte Wallander das Gefühl, daß das Zimmer an Katarina Taxells Wohnung erinnerte. Hedwig Taxell begrüßte sie. Birch hielt sich wie gewöhnlich im Hintergrund. Wallander beobachtete sie. Sie war blaß. Ihre Augen flackerten unruhig. Wallander war nicht verwundert. Er hatte es an ihrer Stimme auf dem Tonband gehört. Sie machte sich Sorgen und war extrem angespannt. Deshalb hatte er Ann-Britt Höglund mitgenommen. Sie hatte eine großartige Fähigkeit, Menschen zu beruhigen. Hedwig Taxell schien nicht mißtrauisch oder wachsam zu sein. Er hatte das Gefühl, daß sie in erster Linie froh darüber war, nicht allein zu sein. Sie setzten sich. Wallander hatte seine ersten Fragen

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