Wallander 06 - Die fünfte Frau
untersuchen, was eigentlich passiert ist, als seine Frau ertrunken ist«, sagte Wallander auf einer der Besprechungen, an denen er in der Woche, in der die Beerdigung stattfand, teilnahm. Ann-Britt Höglund versprach, sich der Sache anzunehmen.
»Der Postversand in Borås?« fragte Wallander anschließend. »Was ist damit? Was sagen die Kollegen?«
»Sie sind der Sache nachgegangen«, antwortete Svedberg. »Es war offenbar nicht das erstemal, daß diese Firma durch illegale |162| Einfuhr von Abhörausrüstungen aufgefallen ist. Der Polizei in Borås zufolge ist die Firma aufgetaucht und wieder verschwunden, um dann unter neuem Namen und neuer Adresse wieder auf der Bildfläche zu erscheinen. Manchmal auch mit einem neuen Besitzer. Wenn ich die Sache richtig verstanden habe, haben die Kollegen dort schon zugeschlagen. Aber wir warten auf einen schriftlichen Bericht.«
»Für uns ist die wichtigste Frage, ob Gösta Runfelt schon früher bei ihnen eingekauft hat. Um alles andere brauchen wir uns im Augenblick nicht zu kümmern.«
»Ihre Kundenkartei scheint sehr unvollständig gewesen zu sein. Aber die Kollegen in Borås haben in den Geschäftsräumen der Firma offenbar verbotene und hochmoderne Ausrüstungen gefunden. Ihrer Meinung nach hätte Runfelt durchaus Spion sein können.«
Wallander dachte einen Augenblick nach. »Warum nicht?« sagte er dann. »Wir können nichts ausschließen. Er muß ja einen Grund gehabt haben, die Ausrüstung zu kaufen.«
Sie nahmen also Gösta Runfelts Verschwinden überaus ernst.
Davon abgesehen konzentrierten sie sich auf die Jagd nach dem oder denen, die Holger Eriksson ermordet hatten. Sie suchten nach Harald Berggren, ohne die geringste Spur von ihm zu finden. Das Museum in Stockholm hatte ihnen mitgeteilt, daß der geschrumpfte Kopf, den sie mit dem Tagebuch in Holger Erikssons Safe gefunden hatten, mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Kongo oder aus Zaire stammte und daß es ein Menschenkopf war. Soweit stimmte es. Aber wer war dieser Harald Berggren? Sie hatten schon mit vielen Menschen gesprochen, die Holger Eriksson während verschiedener Perioden seines Lebens gekannt hatten, aber keiner von ihnen hatte jemals etwas von Harald Berggren gehört. Es hatte auch niemand davon reden hören, daß Holger Eriksson Kontakt zu jener Unterwelt hatte, in der sich Söldner wie scheue Ratten bewegten und ihre Verträge mit den verschiedenen Boten des Teufels unterschrieben. Schließlich war es Wallander, der die Ermittlung mit einem neuen Gedanken wieder in Bewegung brachte.
»Vieles ist merkwürdig im Umkreis von Holger Eriksson«, |163| hatte er gesagt. »Nicht zuletzt die Tatsache, daß in seiner Nähe keine einzige Frau in Erscheinung tritt. Nirgendwo und nirgendwann. Deshalb fange ich an, mich zu fragen, ob zwischen Holger Eriksson und diesem Harald Berggren eine homosexuelle Beziehung im Spiel war. In Berggrens Tagebuch kommen auch keine Frauen vor.«
Es wurde still im Raum. Keiner schien an die Möglichkeit, die Wallander ansprach, gedacht zu haben.
»Es kommt mir ein bißchen sonderbar vor, daß homosexuelle Männer eine so männliche Betätigung wie das Soldatsein wählen«, sagte Ann-Britt Höglund.
»Ganz und gar nicht«, erwiderte Wallander. »Es ist nichts Ungewöhnliches, daß homosexuelle Männer Soldaten werden. Um ihre Veranlagung zu verbergen, oder aus anderen Gründen.«
Martinsson studierte das Foto der drei Männer vor dem Termitenhügel. »Man könnte das Gefühl haben, daß du recht hast«, sagte er. »Diese Männer haben irgendwie etwas Feminines an sich.«
»Was denn?« fragte Ann-Britt Höglund neugierig.
»Ich weiß nicht«, sagte Martinsson. »Vielleicht die Art, wie sie sich an den Termitenhügel lehnen. Das Haar.«
»Es bringt nichts, wenn wir hier sitzen und raten«, sagte Wallander. »Ich versuche nur, eine weitere Möglichkeit anzudeuten. Wir sollten sie im Hinterkopf haben, wie alles andere.«
»Wir suchen mit anderen Worten nach einem homosexuellen Söldner«, sagte Martinsson. »Wo findet man so einen?«
»Genau das tun wir nicht«, sagte Wallander. »Aber wir müssen die Möglichkeit neben dem übrigen Material im Auge behalten.«
»Keiner, mit dem ich gesprochen habe, hat auch nur angedeutet, daß Holger Eriksson homosexuell gewesen sein könnte«, sagte Hansson, der bisher geschwiegen hatte.
»Darüber spricht man doch nicht offen«, sagte Wallander. »Auf jeden Fall nicht Männer einer älteren Generation. Wenn Holger Eriksson
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