Wallander 06 - Die fünfte Frau
Sicherheitsprobleme Herr zu werden.«
»Daß Menschen das Gesetz in die eigenen Hände nehmen, hat |227| noch nie irgendwelche Probleme gelöst«, sagte Wallander. »Seitens der Polizei in Ystad gibt es nur eine Antwort, und die ist klar und eindeutig und nicht mißzuverstehen. Jede private Initiative zur Errichtung einer parallelen Ordnungsmacht wird von unserer Seite als Gesetzesverstoß betrachtet und entsprechend geahndet werden.«
»Soll ich das so verstehen, daß Sie gegen Bürgerwehren sind?« fragte der Mann in der Ecke.
Wallander konnte jetzt sein blasses und mageres Gesicht sehen. Er nahm sich vor, es sich einzuprägen. »Ja«, antwortete er. »Wir sind gegen alle Versuche, Bürgerwehren aufzustellen.«
»Fragen Sie sich nicht, was die Leute in Lödinge dazu sagen werden?«
»Ich frage mich vielleicht«, erwiderte Wallander. »Aber vor der Antwort ist mir nicht bange.«
Danach beendete er die Pressekonferenz.
»Glaubst du, er hat das ernst gemeint?« fragte Lisa Holgersson, als sie allein im Raum zurückgeblieben waren.
»Vielleicht«, erwiderte Wallander. »Wir sollten auf jeden Fall im Auge behalten, was in Lödinge vor sich geht. Wenn die Leute mit der Forderung nach Bürgerwehren offen auftreten, hat sich die Situation gegenüber früher verändert. Dann können wir Probleme bekommen.«
Es war sieben Uhr geworden. Wallander verabschiedete sich von Lisa Holgersson und ging zu seinem Büro. Er setzte sich. Er mußte denken. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt bei einer Ermittlung so wenig Zeit zum Nachdenken und für Zusammenfassungen gehabt hatte.
Das Telefon klingelte. Er nahm sofort ab. Es war Svedberg. »Wie ging die Pressekonferenz?« fragte er.
»Nur ein bißchen schlimmer als gewöhnlich. Wie ist es bei euch?«
»Ich denke, du solltest mal herkommen. Wir haben eine Kamera mit einem Film gefunden. Nyberg ist hier. Wir wollen den Film entwickeln.«
»Können wir jetzt davon ausgehen, daß er ein Doppelleben als Privatdetektiv geführt hat?«
|228| »Wir glauben es. Und wir glauben noch etwas.«
Wallander wartete gespannt auf die Fortsetzung.
»Wir glauben, daß der Film Bilder seines letzten Klienten enthält.«
»Ich komme«, sagte Wallander.
Er trat aus dem Polizeigebäude in den stürmischen Wind. Am Himmel trieben zerfetzte Wolken. Während er zu seinem Auto ging, fragte er sich, ob Zugvögel bei Nacht in so starkem Wind auch unterwegs waren.
Auf dem Weg zur Harpegatan hielt er und tankte. Er fühlte sich matt und leer und fragte sich, wann er wohl Zeit hätte, sich ein Haus anzusehen. Und an seinen Vater zu denken. Und wann Baiba kommen würde.
Er sah auf die Armbanduhr. Verging die Zeit, oder verging sein Leben? Er war zu müde, um sich für das eine oder das andere zu entscheiden.
Dann fuhr er los. Die Uhr zeigte fünf nach halb acht. Kurz darauf parkte er in der Harpegatan und ging hinunter in den Keller.
|229| 17
Gespannt sahen sie zu, wie das Bild im Entwicklerbad hervortrat. Wallander wußte nicht, was er erwartete – oder zumindest erhoffte, als er neben seinen Kollegen in dem dunklen Raum stand. Das rote Licht gab ihm das Gefühl, daß etwas Unanständiges geschehen würde. Nyberg besorgte das Entwickeln. Er hüpfte mit einer Krücke umher. Als Wallander in die Harpegatan zurückgekehrt war, hatte Ann-Britt Höglund ihm zugeflüstert, daß Nyberg ungewöhnlich schlechter Laune war.
Aber sie hatten Fortschritte gemacht in der Zeit, die Wallander den Journalisten gewidmet hatte. Es bestand nun kein Zweifel mehr, daß Gösta Runfelt sich als Privatdetektiv betätigt hatte. Den verschiedenen Kundenregistern, die sie gefunden hatten, konnten sie entnehmen, daß er seit mindestens zehn Jahren dieses Geschäft betrieben hatte. Die ältesten Unterlagen waren vom September 1983.
»Seine Aktivitäten sind nicht sehr umfangreich gewesen«, sagte Ann-Britt Höglund. »Meistens hatte er sieben, acht Aufträge pro Jahr. Man könnte meinen, daß es eine Freizeitbeschäftigung war.«
Svedberg hatte eine vollständige Übersicht über die Art der Aufträge gemacht, die Runfelt übernommen hatte. »In der Hälfte der Fälle handelt es sich um Verdacht auf Untreue«, sagte er, nachdem er seine Aufzeichnungen konsultiert hatte. »Eigentümlicherweise sind es meistens Männer, die ihre Frauen verdächtigen.«
»Warum ist das eigentümlich?« fragte Wallander.
Svedberg sah ein, daß er keine gute Antwort darauf hatte. »Ich habe nicht geglaubt, daß es so wäre«, sagte
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