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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Kundenkartei und die Aufzeichnungen sind unklar«, sagte Svedberg. »Er scheint ein schreibfauler Detektiv gewesen zu sein. Es gibt nicht einmal eine Adresse von Frau Svensson.«
    »Wie bekommt ein Privatdetektiv Kunden?« fragte Ann-Britt Höglund. »Er muß ja seine Tätigkeit bekanntmachen.«
    »Ich habe Annoncen in Zeitungen gesehen«, sagte Wallander. »Vielleicht nicht gerade in
Ystads Allehanda
. Aber in den überregionalen Zeitungen. Irgendwie muß es doch möglich sein, diese Frau Svensson ausfindig zu machen.«
    »Ich habe mit dem Hausmeister gesprochen«, sagte Svedberg. »Er nahm an, Runfelt hätte hier eine Art Lager. Er hat nie gesehen, daß Leute gekommen sind.«
    »Er hat seine Kunden wohl an anderen Stellen getroffen«, sagte Wallander. »Dies hier war der geheime Raum in seinem Leben.«
    Sie dachten eine Weile über das nach, was er gesagt hatte. Wallander versuchte zu entscheiden, was nun am wichtigsten war. Gleichzeitig merkte er, daß die Pressekonferenz noch in seinem Kopf herumspukte. Der Mann von
Anmärkaren
machte ihm Sorge. War es wirklich möglich, daß eine landesweite Organisation für Bürgerwehren im Entstehen begriffen war? Wenn es so war, wußte Wallander, daß es bis zu dem Punkt, wo diese Menschen auch Strafen verhängten, nur noch ein kleiner Schritt war. Er hatte das Bedürfnis, Svedberg und Ann-Britt Höglund von der Sache zu erzählen, aber er unterließ es. Wahrscheinlich war es besser, wenn sie sich bei ihrer nächsten Besprechung gemeinsam damit befaßten. Eigentlich war das auch Lisa Holgerssons Aufgabe.
    »Wir müssen Frau Svensson finden«, sagte Svedberg. »Fragt sich nur, wie.«
    »Wir müssen sie finden«, bestätigte Wallander. »Und wir werden sie finden. Wir bewachen hier das Telefon und gehen alle |233| Papiere noch einmal durch. Irgendwo ist sie. Da bin ich sicher. Ich überlasse das euch. Ich werde mich jetzt mit Runfelts Sohn unterhalten.«
     
    Als er die Harpegatan verließ und in dem immer noch stürmischen Wind auf die Österleden hinausfuhr, wirkte die Stadt verlassen. Er bog in die Hamngatan ein und parkte vor der Post. Dann trat er wieder hinaus in den Wind. Er sah sich selbst als eine lächerliche Figur: ein Kriminalpolizist in einem viel zu dünnen Pullover, der im Herbst in einer menschenleeren schwedischen Stadt gegen den Wind ankämpft. Das schwedische Rechtswesen, dachte er. Das, was davon noch übrig ist. So sieht es aus. Frierende Polizeibeamte in zu dünnen Pullovern.
    Er bog bei der Sparkasse nach links ab und folgte der Straße, in der das Hotel Sekelgården lag. In der Rezeption saß ein junger Mann und las. Wallander nickte ihm zu.
    »Hej«, sagte der Junge.
    Plötzlich wurde Wallander klar, daß er ihn kannte, aber es dauerte einen Moment, bis ihm einfiel, daß es der älteste Sohn des früheren Polizeichefs Björk war.
    »Das ist aber lange her«, sagte Wallander. »Wie geht es deinem Vater?«
    »Der fühlt sich unwohl in Malmö.«
    Der fühlt sich nicht unwohl in Malmö, dachte Wallander. Er fühlt sich unwohl als Chef.
    »Was liest du da?« fragte Wallander.
    »Etwas über Fraktale.«
    »Fraktale?«
    »Das ist ein Begriff aus der Mathematik. Ich studiere in Lund. Dies hier ist nur ein Nebenjob.«
    »Das hört sich gut an«, sagte Wallander. »Und ich bin nicht hier, um ein Zimmer zu mieten. Sondern um mit einem deiner Gäste zu sprechen. Bo Runfelt.«
    »Der ist gerade reingekommen.«
    »Können wir hier irgendwo ungestört reden?«
    »Wir haben heute abend fast keine Gäste«, sagte der Junge. »Ihr könnt euch ins Frühstückszimmer setzen.«
    |234| Er zeigte auf den Flur.
    »Ich warte da«, sagte Wallander. »Ruf hoch in sein Zimmer und sag ihm, wer hier ist.«
    »Ich habe es in den Zeitungen gesehen«, sagte der Junge. »Wie kommt es, daß alles immer schlimmer wird?«
    Wallander sah ihn voller Interesse an. »Was meinst du damit?«
    »Schlimmer. Gröber. Kann man mehr als das eine meinen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Wallander. »Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum es so ist. Gleichzeitig glaube ich selbst nicht an das, was ich hier gerade sage. Eigentlich weiß ich es besser. Eigentlich wissen alle, warum es so geworden ist.«
    Björks Sohn wollte das Gespräch weiterführen, aber Wallander hob abwehrend die Hand und zeigte auf das Telefon. Dann ging er ins Frühstückszimmer und setzte sich. Er dachte an das abgebrochene Gespräch. Warum alles schlimmer und gröber wurde. Er fragte sich, warum er selbst so unwillig war, eine

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