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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Autodidakt als Blumenforscher, kann man sagen. Aber er war auch etwas anderes.«
    »Was?«
    |239| »Er war ein brutaler Mensch. Er hat meine Mutter in all den Jahren, in denen sie verheiratet waren, mißhandelt. Manchmal so schwer, daß sie sich in ärztliche Behandlung begeben mußte. Wir wollten, daß sie ihn verläßt. Aber das ging nicht. Er schlug sie. Danach war er zerknirscht, und sie ließ sich wieder überreden. Es war ein Alptraum ohne Ende. Die Brutalität hörte erst auf, als sie ertrank.«
    »Ich habe es so verstanden, daß sie in ein Loch im Eis eingebrochen ist.«
    »Das ist auch alles, was ich weiß. Das war das, was Gösta sagte.«
    »Aber Sie sind nicht wirklich überzeugt?«
    Bo Runfelt zerdrückte die halbgerauchte Zigarette im Aschenbecher. »Vielleicht hatte sie vorher ein Loch ins Eis gesägt? Vielleicht hat sie dem Ganzen ein Ende gemacht?«
    »Kann das eine Möglichkeit gewesen sein?«
    »Sie hat davon gesprochen, sich das Leben zu nehmen. Nicht oft. Ein paarmal in ihren letzten Lebensjahren. Aber keiner von uns glaubte daran. Das tut man ja nie. Alle Selbstmorde sind im Grunde unerklärlich für die, die hätten sehen und verstehen sollen, was da geschah.«
    Wallander dachte an das Pfahlgrab. Die angesägten Planken. Gösta Runfelt war ein brutaler Mann gewesen. Er hatte seine Frau mißhandelt. Wallander suchte intensiv nach der Bedeutung dessen, was Bo Runfelt erzählte.
    »Ich trauere nicht um meinen Vater«, sagte Runfelt. »Ich glaube auch nicht, daß meine Schwester das tut. Er war ein brutaler Mann. Er hat unsere Mutter zu Tode gequält.«
    »Gegen Sie war er nie brutal?«
    »Nie. Nur gegen sie.«
    »Warum hat er sie mißhandelt?«
    »Ich weiß es nicht, und man soll nicht schlecht über Tote reden. Aber er war ein Monstrum.«
    Wallander dachte nach. »Ist Ihnen mal in den Sinn gekommen, daß Ihr Vater Ihre Mutter umgebracht haben könnte?«
    Die Antwort kam prompt und bestimmt. »Sehr oft. Aber natürlich ist es nicht zu beweisen. Es gab keine Zeugen. Sie waren an jenem Wintertag allein auf dem Eis.«
    |240| »Wie hieß der See?«
    »Stångsjön. Er liegt nicht weit von Älmhult entfernt. Im südlichen Småland.«
    Wallander überlegte. Hatte er eigentlich noch mehr Fragen? Es war, als habe ihre Ermittlung sich selbst in den Würgegriff genommen. Es sollte viele Fragen geben. Es gab auch viele. Aber es gab niemanden, dem man sie stellen konnte.
    »Sagt Ihnen der Name Harald Berggren etwas?«
    Bo Runfelt dachte gründlich nach, bevor er antwortete. »Nein. Nichts. Aber ich kann mich irren. Es ist ein gewöhnlicher Name.«
    »Hat Ihr Vater jemals Kontakt zu Söldnern gehabt?«
    »Soweit ich weiß, nicht. Aber ich erinnere mich, daß er häufig von der Fremdenlegion erzählte, als ich Kind war. Nicht meiner Schwester. Aber mir.«
    »Und was erzählte er?«
    »Abenteuer. In die Fremdenlegion einzutreten war vielleicht ein unreifer Traum, den er selbst einmal hatte. Aber ich bin ganz sicher, daß er nie mit ihnen Kontakt hatte. Oder mit anderen Söldnern.«
    »Holger Eriksson. Haben Sie den Namen schon einmal gehört?«
    »Der Mann, der eine Woche vor meinem Vater ermordet wurde? Ich habe davon in der Zeitung gelesen. Aber soweit ich weiß, hatte mein Vater nie mit ihm zu tun. Ich kann mich natürlich irren. So eng war unser Kontakt nicht.«
    Wallander nickte. »Wie lange bleiben Sie hier in Ystad?«
    »Die Beerdigung findet statt, sobald wir alles geregelt haben. Wir müssen noch entscheiden, was wir mit dem Blumenladen machen sollen.«
    »Es ist sehr gut möglich, daß ich noch einmal von mir hören lasse«, sagte Wallander und stand auf.

|241| 18
    Sie wartete, bis es halb drei in der Nacht war. Aus Erfahrung wußte sie, daß einen da die Müdigkeit beschlich. Sie dachte an alle Nächte zurück, in denen sie selbst gearbeitet hatte. Es war immer so gewesen. Zwischen zwei und vier war die Gefahr einzuschlummern am größten.
    Sie wartete seit neun Uhr in der Wäschekammer. Wie bei ihrem ersten Besuch war sie durch den Haupteingang des Krankenhauses hineingegangen. Niemand hatte sie beachtet. Eine Krankenschwester in Eile. Vielleicht hatte sie etwas Wichtiges erledigt? Oder etwas aus ihrem Auto geholt? Niemand hatte sie beachtet, weil nichts Ungewöhnliches an ihr war. Sie hatte überlegt, ob sie sich maskieren sollte. Vielleicht eine Perücke? Doch das wäre übertriebene Vorsicht gewesen. In der Kleiderkammer, wo sie sich vage an den Duft frischgewaschener, gemangelter Laken aus ihrer

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