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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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in Schweden?«
    »Nicht die ganze Zeit. Ich habe oft Aufträge in Ländern in Afrika und Asien.«
    »Brauchen die Wirtschaftsprüfer aus Schweden?«
    »Nicht notwendigerweise aus Schweden. Aber von Price Waterhouse. Wir kontrollieren viele Entwicklungshilfeprojekte. Ob die Gelder wirklich da gelandet sind, wo sie hinsollten.«
    »Und das sind sie?«
    »Nicht immer. Hat dies wirklich Bedeutung für das, was mit meinem Vater passiert ist?«
    Wallander spürte, daß der Mann, der ihm gegenübersaß, nur schwer verbergen konnte, daß er ein Gespräch mit einem Polizeibeamten für weit unter seiner Würde hielt. Im Normalfall führte das dazu, daß Wallander wütend wurde. Außerdem war es ihm gerade erst vor ein paar Stunden passiert. Aber er fühlte sich unsicher gegenüber Bo Runfelt. Etwas an ihm brachte Wallander dazu, sich zurückzuhalten. Ihm fuhr der Gedanke durch den Kopf, ob er vielleicht die Unterwürfigkeit geerbt hatte, die sein Vater so oft an |237| den Tag gelegt hatte. Vor allem gegenüber den Männern in ihren chromglänzenden amerikanischen Wagen, die seine Bilder kauften. Er hatte noch nie zuvor daran gedacht. Vielleicht war dies das Erbe seines Vaters. Ein Minderwertigkeitsgefühl, unter einer dünnen Schicht von demokratischem Firnis verborgen.
    Er betrachtete den Mann mit den blauen Augen. »Ihr Herr Vater ist ermordet worden«, sagte er betont förmlich. »Und im Moment entscheide ich, welche Fragen von Bedeutung sind.«
    Bo Runfelt zuckte die Schultern. »Ich muß zugeben, daß ich nicht besonders viel von Polizeiarbeit verstehe.«
    »Ich habe am Nachmittag mit Ihrer Schwester gesprochen«, fuhr Wallander fort. »Eine Frage, die ich ihr gestellt habe, ist besonders wichtig. Jetzt stelle ich sie auch Ihnen. Wußten Sie, daß Ihr Vater neben seinem Blumengeschäft auch einer Tätigkeit als Privatdetektiv nachging?«
    Bo Runfelt saß unbeweglich. Dann brach er in Lachen aus. »Das ist das Idiotischste, was ich seit langem gehört habe.«
    »Idiotisch oder nicht. Aber es ist wahr.«
    »Privatdetektiv?«
    »Privater Ermittler, wenn Sie das vorziehen. Er hat ein Büro gehabt und verschiedene Formen von Nachforschungsaufträgen übernommen. Mindestens in den letzten zehn Jahren.«
    Bo Runfelt sah ein, daß Wallander meinte, was er sagte. Seine Verblüffung war echt.
    »Er hat diese Tätigkeit ungefähr zu der Zeit begonnen, als Ihre Mutter ertrank.«
    Wallander hatte wieder das Gefühl, das er am Nachmittag hatte, als er mit Bo Runfelts Schwester sprach. Eine beinahe unmerkliche Veränderung in seinem Gesicht, als habe Wallander ein Gelände betreten, von dem er sich hätte fernhalten sollen.
    »Sie haben gewußt, daß Ihr Vater nach Nairobi reisen wollte«, fuhr er fort. »Einer meiner Kollegen hat mit Ihnen am Telefon gesprochen. Es war Ihnen vollkommen unbegreiflich, daß er nicht in Kastrup erschienen war.«
    »Ich hatte am Tag davor mit ihm telefoniert.«
    »Wie wirkte er da?«
    »Wie immer. Er sprach von seiner Reise.«
    |238| »Er zeigte keine Anzeichen von Besorgnis?«
    »Nein.«
    »Sie haben sicher darüber nachgegrübelt, was eigentlich geschehen ist. Haben Sie eine denkbare Erklärung dafür, daß er freiwillig auf die Reise verzichtet haben könnte? Oder Sie hinters Licht geführt hat?«
    »Dafür gibt es keine plausible Erklärung.«
    »Es scheint, als habe er seinen Koffer gepackt und die Wohnung verlassen. Dann enden alle Spuren.«
    »Jemand muß auf ihn gewartet haben.«
    »Wer?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Hatte Ihr Vater irgendwelche Feinde?«
    »Nicht soweit ich weiß. Nicht mehr.«
    Wallander horchte auf.
    »Was meinen Sie damit? Nicht mehr?«
    »Das, was ich sage. Ich glaube kaum, daß er noch Feinde hatte.«
    »Können Sie sich etwas deutlicher ausdrücken?«
    Bo Runfelt holte ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche. Wallander sah, daß seine Hand leicht zitterte.
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich rauche?«
    »Nein, bitte!«
    Wallander wartete. Er wußte, daß eine Fortsetzung kommen würde. Er hatte auch eine Vorahnung, daß er sich einem wichtigen Punkt näherte.
    »Ich weiß nicht, ob mein Vater Feinde hatte«, sagte Bo Runfelt. »Aber ich weiß einen Menschen, der Grund hatte, ihn wirklich zu verabscheuen.«
    »Wer?«
    »Meine Mutter.«
    Bo Runfelt wartete, daß Wallander eine Frage stellte. Aber es kam keine. Wallander schwieg weiter.
    »Mein Vater war ein Mann, der Orchideen aufrichtig liebte«, sagte Bo Runfelt. »Er war auch ein Mann mit großem Wissen. Ein gelehrter

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