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Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Wallander 10 - Wallanders erster Fall

Titel: Wallander 10 - Wallanders erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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dort bleiben.
    »Ich besuche ihn.«
    »Das hat er zum Schluß gesagt: Er will unter keinen Umständen Besuche oder Anrufe haben. Und am allerwenigsten Blumen.«
    »Das wundert mich nicht«, sagte Wallander. »Es paßt zu ihm.«
    »Ihr arbeitet zuviel, eßt zu schlecht und bewegt euch zu wenig.«
    Wallander beugte sich zu ihr. »Das tust du auch«, sagte er. »Du bist auch nicht mehr so schmal wie vor ein paar Jahren.«
    Ebba fing an zu lachen. Wallander ging in den Eßraum und fand ein halbes Brot, das jemand hatte liegenlassen. Er machte ein paar Schnitten zurecht und nahm sie mit in sein Zimmer. Beim Essen schrieb er eine Zusammenfassung dessen, was Linnea Gunnér |345| und Anette Bengtsson gesagt hatten. Um Viertel nach fünf war er fertig und las durch, was er geschrieben hatte. Überlegte, wie es weitergehen sollte. Das Geld kommt irgendwoher, dachte er. Ein Mann betritt das Geschäft und dreht auf dem Absatz wieder um. Sie hatten eine Art Signalsystem.
    Die Frage ist, was dem Ganzen zugrunde liegt. Und warum die Frauen plötzlich ermordet wurden. Sie hatten irgendein System entwickelt, das plötzlich zusammenbrach.
    Um sechs Uhr versuchte er noch einmal, seine Kollegen zu erreichen. Er traf nur Martinsson an. Sie beschlossen, um acht Uhr am nächsten Morgen eine Besprechung abzuhalten. Wallander legte die Füße auf den Tisch und grübelte noch einmal über den Doppelmord nach. Aber da er nicht das Gefühl hatte, weiterzukommen, konnte er die Grübelei ebensogut zu Hause fortsetzen. Außerdem mußte er sein Auto saubermachen, um es am nächsten Tag abzuliefern.
    Er hatte sich gerade die Jacke angezogen, als Martinsson ins Zimmer kam. »Ich glaube, es ist besser, du setzt dich«, sagte Martinsson.
    »Ich stehe gut«, sagte Wallander gereizt. »Was ist passiert?«
    Martinsson schien besorgt. Er hatte ein Telex in der Hand.
    »Das hier ist eben vom Außenministerium in Stockholm gekommen«, sagte er.
    Er reichte Wallander das Schreiben, der es las, ohne ein Wort zu verstehen. Dann setzte er sich an den Tisch und las es langsam, Wort für Wort, noch einmal.
    Jetzt verstand er. Weigerte sich aber, es zu glauben.
    »Hier steht, daß mein Vater von der Polizei in Kairo verhaftet worden ist. Und daß er vor ein Gericht gestellt wird, wenn er nicht sofort ein Bußgeld von umgerechnet zehntausend Kronen bezahlt. Er ist ›illegalen Eindringens sowie verbotener Besteigung‹ angeklagt. Was zum Teufel bedeutet das?«
    »Ich habe im Außenministerium angerufen«, sagte Martinsson. »Ich fand es auch merkwürdig. Aber offensichtlich hat er versucht, auf die Cheopspyramide zu klettern. Obwohl es verboten ist.«
    Wallander starrte Martinsson fassungslos an.
    |346| »Du wirst wohl hinfliegen und ihn nach Hause holen müssen«, sagte Martinsson. »Es gibt Grenzen für das, was die schwedische Botschaft tun kann.«
    Wallander schüttelte den Kopf.
    Er weigerte sich, es zu glauben.
    Es war kurz nach sechs. Am 15.   Dezember 1989.

8
    Am nächsten Tag um 13.10   Uhr versank Wallander im Sitz einer DC-9 der SAS mit dem Namen »Agne«. Er hatte Platz 19   C, einen Gangplatz, und die vage Hoffnung, daß das Flugzeug ihn mit Zwischenlandungen in Frankfurt und Rom nach Kairo bringen würde. Die Ankunft sollte um 20.15 sein. Wallander wußte noch immer nicht, ob es zwischen Schweden und Ägypten eine Zeitverschiebung gab. Er wußte überhaupt sehr wenig über das, was ihn aus seinem Alltag in Ystad gerissen hatte, weg von den Ermittlungen über ein Flugzeugunglück und einen brutalen Doppelmord, hinein in ein startklares Flugzeug in Kastrup und auf den Weg nach Nordafrika.
    Am Abend zuvor, als ihm der Inhalt des Telex vom Außenministerium wirklich klargeworden war, hatte er ausnahmsweise vollkommen die Kontrolle verloren. Er hatte ohne ein Wort das Polizeipräsidium verlassen und nicht einmal Martinsson geantwortet, der ihn immerhin bis zum Parkplatz begleitet und ihm seine Hilfe angeboten hatte.
    Zu Hause in der Mariagata hatte er zwei ordentliche Glas Whisky getrunken. Dann hatte er das zusammengeknüllte Telex noch ein paarmal gelesen, in der Hoffnung, daß es eine verborgene Botschaft enthielt, der er entnehmen könnte, daß alles nur eine Erfindung war, ein Streich, den ihm jemand spielte, vielleicht sogar sein eigener Vater. Aber er mußte einsehen, daß das Außenministerium in Stockholm es ernst meinte. Er hatte keine andere Wahl, als die Tatsachen zu akzeptieren: Sein wahnsinniger Vater |347| hatte versucht, eine Pyramide

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