Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer
veräußern konnte, waren meine verschiedenen anderen Teilhaberschaften. Bis dahin hatte ich nie richtig zu schätzen gewußt, wie sehr sie an Wert gewonnen hatten – zu Schiffsanteilen oder Beteiligungen an Minen und Handwerksbetrieben hat man ein ganz anderes Verhältnis als zu Landbesitz; man hegt und pflegt nicht jedes kleine Stück davon und gibt auch nicht vor seinem Sohn damit an, sondern überläßt alles irgendwelchen Leuten, die von solchen Dingen Ahnung haben, und geht einmal im Jahr die Einnahmen und Ausgaben durch, um sicherzustellen, daß man nicht betrogen wird. Wenn man schnell an Geld kommen muß, gibt es allerdings nichts Vergleichbares. Aufgrund des Krieges und der allgemein herrschenden Unruhe war zwar niemand übermäßig an Investitionen interessiert, aber trotzdem gelang es mir, einiges davon loszuwerden, indem ich beim Kaufpreis starke Nachlässe gewährte. Mein Onkel Philodemos hatte mir beigebracht, immer wenigstens ein Talent in Münzgeld parat zu haben, woran ich mich wenn möglich stets gehalten hatte. Zusätzlich ließ mir Kallikrates’ Witwe eine Leihgabe von einem halben Talent zukommen, die aus der stillen Reserve stammte, die auch er sich einst angelegt hatte. Ich wollte das Geld wirklich nicht annehmen, aber sie bestand darauf; wie sie sagte, hätte er dasselbe getan, wenn er noch gelebt hätte. Um mich zu besänftigen, nahm sie schließlich mein Angebot an, im Gegenzug wenigstens etwas Land von mir in Pallene als Sicherheit zu nehmen.
Das dazu. Als Philochoros vom Piräus nach Thessalien in See stach, hatte er jedenfalls eine beträchtliche Geldsumme dabei; genug, um Phaidra ein sorgloses Leben zu bescheren und sie in die Lage zu versetzen, meinen Sohn anständig aufzuziehen.
»Bei deinem Glück wird er bestimmt von Piraten ausgeraubt«, sagte Phaidra, als wir dem davonsegelnden Schiff hinterhersahen.
»Oder von Banditen. In Thessalien wimmelt es nur so davon«, entgegnete ich.
»Gar nicht zu reden von deinem Freund Alexander«, fügte Phaidra hinzu. »Wir müssen verrückt sein, diesem Barbaren, der nicht einmal ein richtiger Grieche ist, soviel Geld anzuvertrauen.«
»Dazu wird es gar nicht erst kommen. Ich wette, Philochoros wird mit dem ganzen Zeug beim ersten Zwischenhalt vom Schiff springen.«
»Das bezweifle ich. Er sieht dumm genug aus, um ehrlich zu sein, allerdings wird das die Schiffsmannschaft bestimmt nicht davon abhalten, ihn umzubringen und seine Leiche über Bord zu werfen«, ergänzte Phaidra die Möglichkeiten.
Dann gingen wir zusammen durch die Stadt nach Hause, und aus irgendeinem Grund hatten wir beide bemerkenswert gute Laune; die ganze Angelegenheit war sehr niederschmetternd gewesen, und nun waren wir beide heilfroh, wenigstens das hinter uns gebracht zu haben. Ich weiß wirklich nicht, was damals in uns gefahren ist, doch schon kurz darauf spazierten wir lachend durch die Straßen, machten uns gegenseitig auf komische Dinge aufmerksam und rissen alberne Witze, so daß die Leute bereits stehenblieben und uns verdutzt anguckten, wenn wir an ihnen vorbeigingen; zumal man in jenen Tagen nur selten eine Frau und einen Mann gemeinsam auf der Straße lachen sah und erst recht nicht, wenn es sich dabei um ein Ehepaar handelte. Heutzutage ist das natürlich ganz normal, daß man von niemandem mehr angelächelt wird oder hinter dem Rücken Grimassen geschnitten werden, wenn man gerade zufällig erwähnt hat, wie sehr man seine Frau begehrt. Ich persönlich lehne diese Modeerscheinung ab, sich der Philosophie hinzugeben, ebenso wie diese sogenannte Neue Komödie, von der man immer mehr hört.
Doch als wir zu Hause ankamen, wurden wir bereits von Demeas und einer kleinen Horde seiner getreuen Prozeßhelfer erwartet, die er zusammengetrommelt hatte, damit sie bezeugen konnten, daß ich die Vorladung erhalten hatte. Das dazu notwendige juristische Geschwätz spulte er mit jener geschliffenen Leichtigkeit ab, die einem das Gefühl geben soll, man habe es mit einem Könner seines Fachs zu tun. Dann schaute er sich mein Haus von außen an, um sich zu vergewissern, daß es keine sichtbaren Schäden hatte, die den Wert gemindert hätten, und watschelte schließlich davon.
Die Anklage war höchst beeindruckend. Demeas beschuldigte mich der Gotteslästerung, des Verrats, der Verschwörung, der Beschädigung öffentlichen und privaten Eigentums, der üblen Nachrede, der schweren Beamtenbestechung, der gemeinsam mit unbekannten Personen begangenen Rechtsbeugung (dieser
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