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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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nichts passieren wird«, antwortete er.
    »Wie kommst du denn darauf? Der Feind blockiert den Hafen. Das bedeutet, er wird uns nicht entwischen lassen. Die Syrakuser wollen uns bis auf den letzten Mann vernichten.«
    »Das werden die nicht schaffen«, murmelte er.
    »Da sei dir mal nicht zu sicher.«
    »Die schaffen es niemals, uns alle zu töten«, entgegnete er. »Es gibt immer einen oder zwei, die entwischen. Wie es heißt, konnten selbst aus den Thermopylen zwei Mann entkommen.«
    »Und du glaubst, du wirst einer der Überlebenden sein.«
    »Richtig.«
    »Warum gerade du?«
    »Warum nicht?«
    Tja, warum nicht? »Ich gebe dir eine Zwiebel für ein Stückchen von deiner Wurst.«
    »Ich mag keine Zwiebeln. Habe ich noch nie gemocht. War das einzige, was dort wuchs, wo ich früher gewohnt habe.«
    »Bevor du hierhergekommen bist?«
    »Genau.«
    Ich beugte mich vor und warf ein kleines Holzscheit ins Feuer. Überall um uns herum steigerte sich das athenische Heer in wachsende Panik hinein.
    »Ich habe früher Theaterstücke geschrieben«, sagte ich. »Für die Festspiele.«
    »Komödien oder Tragödien?«
    »Komödien.«
    Er blickte mich wieder an, kaute dabei kräftig und sagte mit vollem Mund: »Komödien habe ich schon immer gemocht. Auf Tragödien habe ich nie besonders gestanden. Ich konnte keinen Sinn darin sehen, sich traurige Geschichten auszudenken. Das zieht einen nur runter und so. Ich persönlich betrachte alles immer von der positiven Seite.«
    »Das sehe ich schon.«
    »Derjenige, der mir immer am besten gefallen hat«, fuhr er fort, »war dieser Eupolis. Der war richtig komisch. Den mochte ich wirklich.«
    »Ehrlich?«
    »Inzwischen ist der natürlich tot.«
    »Natürlich.« Ich lächelte. Der Schmied fuhr fort, seine Wurst zu essen. »Bist du auch tot?« fragte ich.
    »Red keinen Quatsch! Sehe ich so aus, als ob ich tot wäre?«
    »War ja nur eine Frage.«
    »Auf dieser Welt gibt es nichts, was mich töten könnte«, meinte er.
    »Ach, wirklich?«
    »Gar nichts.«
    »Das Gefühl habe ich manchmal auch.«
    »Ich habe nicht nur das Gefühl, mein Sohn«, stellte er in bestimmtem Ton fest, »ich weiß es.«
    »Das muß sehr beruhigend für dich sein.«
    Er brach ein ganz kleines Stückchen Wurst ab und bot es mir an. »Willst du wissen, wieso ich das weiß?«
    »Wenn es dir nichts ausmacht.« Ich steckte mir das Stück Wurst schnell in den Mund und kaute eine Weile darauf herum; offenbar war sie selbstgemacht, wahrscheinlich aus Kormoranfleisch.
    »Als ich noch ein Junge war, ging meine ganze Familie mit einem Schiff unter und ertrank«, begann der Schmied. »Bis auf mich, ich schwamm an Land. Das ist merkwürdig, weil ich gar nicht schwimmen kann. Danach ging ich bei einem Schmied in die Lehre, der aber zusammen mit seiner Frau und den Söhnen von Räubern umgebracht wurde. Bis auf mich. Ich versteckte mich hinter dem Amboß, bis sie wieder weg waren. Von da an war ich also Schmied mit einer eigenen Schmiede und einem Stückchen Land, in dem ich nach Belieben herumscharren konnte. Ich hatte gerade geheiratet und eine Familie gegründet, als die Pest kommt und die ganze Bande dahinrafft, bis auf mich. Na ja, das war natürlich schon ein Schlag, aber ich gehöre nun mal nicht zu denen, die ständig nur Trübsal blasen. Also arbeite ich in meinem Beruf weiter, besitze mittlerweile ein bißchen mehr Land, das von meiner Frau stammte, und fühle mich wirklich ziemlich wohl, nur wollen meine Nachbarn nichts mehr mit mir zu tun haben. Die sagen nämlich, ich sei ein Pechvogel, was ein ganz schöner Witz ist, denn inzwischen zähle ich mich zu den glücklichsten Menschen der Welt.
    Und dann werde ich einberufen, um meine Pflicht als Soldat zu erfüllen. Man setzt mich auf ein Schiff, das Schiff sinkt, und ich bin der einzige Überlebende. Ich gelange an Land, schließe mich ein paar von unseren Männern an, und was passiert wohl? Der ganze Trupp wird vom Feind umgebracht – frag mich lieber nicht, welcher Feind das war, das habe ich nämlich vergessen. Jedenfalls stehe ich nun also mitten in einer verlassenen Gegend und frage mich, was Gevatter Tod nur gegen mich haben könnte, als ich vom Feind aufgelesen und zum Sklavenmarkt gebracht werde, wo man mich an einen Phöniker verkauft und an Bord seines Schiff schafft. Aber auch das hat mir kein Kopfzerbrechen bereitet – ich wußte, daß das Schiff auf ein Riff laufen und sinken und ich der einzige Überlebende sein würde, womit ich auch recht behalten sollte.

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