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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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worden waren, der mit
Charleville-Mezieres angegeben wurde.
    »Wäre es
möglich, Kopien ihrer französischen Unterlagen anzufordern?«, fragte Don.
    Das
Mädchen tat so, als hätte es ihn nicht gehört.
    »Wir
möchten, dass Sie sämtliche Unterlagen über diese Camille Malraux von Ihrem
Kollegen im Einwohnermeldeamt von Charleville-Mezieres in Frankreich
anfordern«, insistierte Eva, indem sie jede einzelne Silbe betonte.
    Das
Mädchen gab auf und legte ihr Taschenbuch vor sich auf den Tisch.
    »So etwas«,
erklärte sie, »dauert sehr, sehr lange. Man muss eine ganze Reihe von
bürokratischen Formularen ausfüllen und benötigt ziemlich viele Stempel.«
    Das
Mädchen nahm die erste Malraux-Mappe der Frau, die mit Mädchennamen Holst
geheißen hatte, wieder an sich.
    »Ich tippe
darauf, dass sie es ist«, meinte das Mädchen.
    »Wir
würden gerne ...«, begann Eva erneut.
    »Haben Sie
vor, länger in Ieper zu bleiben?«
    Das
Mädchen grinste hintergründig.
    »Denn es
dauert mehrere Monate, bis Dokumente aus anderen Ländern bei uns eintreffen.
Besonders aus einem Land wie Frankreich. Außerdem muss alles registriert
werden und ...«
    Don ahnte,
dass Eva kurz davor war, in Rage zu geraten.
    Er nahm
die Postkarte zur Hand, die er - nachdem er sorgfältig die Säume kontrolliert
hatte - inzwischen in der Innentasche seines neuen Anzugs aufbewahrte. Legte
sie mit der Fotografie der Kathedrale Saint Martin nach oben vor das Mädchen
auf den Tisch.
    »Ich sehe,
Sie haben sich die Tuchhallen angesehen«, stellte das Mädchen fest.
»Unglaublich, dass die Leute tatsächlich dieses sentimentale Zeug kaufen.«
    »Das hier
ist ein Erbstück und übrigens vor dem Ersten Weltkrieg gekauft«, klärte Don sie
auf.
    Dann
drehte er die Postkarte um und zeigte ihr das Gedicht und den Abdruck der roten
Lippen. Zum ersten Mal regte sich in den Augen des Mädchens ein Anflug von
Interesse. Sie las die Zeilen.
    »Ja, sie
scheint, wie Sie sagten, von 1913 zu stammen«, bestätigte das Mädchen. »Und was
soll das sein, ein kleiner Liebesbrief?«
    Sie las
das Gedicht noch einmal leise vor sich hin.
    »Sorgfältig
ausgewählte Worte. Aber nur zitiert.«
    »Unser
Großvater hat sie an Camille geschrieben«, erklärte Don. »Wir wären unglaublich
dankbar, wenn Sie uns helfen würden. Sie war seine große Liebe.«
    »Sind Sie
tatsächlich sicher, dass es sich um Liebe handelte?«, fragte das Mädchen.
    Sie legte
die Postkarte zur Seite.
    »Ich
meine, l'homme vindicatif, l'immensite de son desir, les supremes adieux ... Er
schreibt, dass er ein rachsüchtiger Mann mit einem unstillbaren Verlangen ist.
Aber meinetwegen.«
    Eva wurde
es schließlich zu bunt:
    »Werden
Sie uns nun helfen oder nicht?«
    »Womit
denn?«, versuchte es das Mädchen.
    »Indem Sie
einen Antrag in Charleville-Mezieres in Frankreich stellen, so dass wir
erfahren können, ob dort irgendwelche Unterlagen aufbewahrt werden«,
erläuterte Don. »Wir warten gerne.«
    »Aber nur,
weil Ihr Großvater einen so guten literarischen Geschmack besitzt«, entgegnete
das Mädchen.
    Sie kramte
ein dickes Formular aus einer Schreibtischschublade, knackte mit ihren
Fingergelenken, beugte sich schließlich vor und begann langsam die leeren
Felder auszufüllen. Als sie eine Weile geschrieben hatte, sagte sie ohne
aufzublicken:
    »Sie
brauchen nicht sitzen zu bleiben und zuzuschauen. Lassen Sie in ein paar Tagen
von sich hören, ob wir schon Bescheid bekommen haben.«
    »Danke«,
sagte Don, nahm die Postkarte vom Tisch und stand auf.
    »Dessin
d'un Maitre inconnu«, murmelte das Mädchen wie zu sich selbst. »Zeichnung eines
unbekannten Meisters.«
    »Wie
bitte?«, fragte Don.
    »Dessin
d'un Maitre inconnu«, wiederholte das Mädchen und schaute zu ihm auf. »Sie
glauben doch wohl nicht, dass Ihr schwedischer Großvater die Zeilen selber
gedichtet hat, oder? Comblat-il sur ta chair inerte et
complaisante, l'immensite de son desir ... Er hat
jedes Wort geklaut, aber das wussten Sie wahrscheinlich bereits.«
    Don
schaute zu Eva und dann wieder in das blasse Gesicht mit den violetten Lippen.
    »Baudelaire
muss man einfach lieben«, sagte das Mädchen.
    Dann
schrieb sie schweigend weiter.
     
    In Flanders Fields
     
    Ein
leichter Nieselregen hatte bereits eingesetzt, als Eva und Don auf das Taxi
warteten, das sie vom Stadtarchiv zurück in die Innenstadt von Ypern und zum
Grote Markt bringen sollte. Als der Wagen nun in den Pfützen auf dem Platz zum
Stehen kam, war das Nieseln in einen

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