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Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Titel: Wallner beginnt zu fliegen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas von Steinaecker
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Unternehmen, Geschäft, Firma, was auch immer, gemacht hatte. Mittelständisch, zwei Flachbauten, neun, zehn, elf Autos auf dem Parkplatz, hoher grüner Metallzaun.
    Stefan Wallner wird oft im dunkelblauen Anzug mit einem schwarzen Schirm im Eilschritt von seinem roten Mercedes, D-Klasse, über den Parkplatz zu einem der Gebäude, dem linken, gegangen sein. Stefan Wallner wird oft am Fenster ganz oben links gestanden und auf die Wiesen geschaut haben, auf die der Regen fällt. An Sonntagen wird er nach einem geglückten Deal das Fenster geöffnet und sich eine Zigarre, eine Cohiba – die einzige Marke, die Wendy einfällt – angezündet haben. Er wird viel auf Geschäftsreisen gewesen sein. Zu Hause wird er Mama Wallner und Costin erzählt haben, wo er überall gewesen ist und wohin er seine Heizkessel verkauft hat. England, Irland, Dänemark, Schweden. Er selbst wird einen Heizkessel aus seiner eigenen Firma, die damals noch Heizkessel-Wallner hieß, im Keller stehen gehabt haben.
    30
    Hier wird Costin gesessen haben, denkt Wendy. Sie sitzt auf der Betoneinfassung eines Blumenbeets. Ihr Blick schweift über die mit Stufen verbundenen Plateaus des Schulhofs. Der Schulhof ist wie ausgestorben. Es werden Sommerferien sein. Costin, elf, fünfte Klasse: feste Zahnspange, er öffnet beim Lachen nicht gern den Mund, weil er sich schämt, er wird besonders von jüngeren Lehrerinnen gemocht, die ihn herzig finden, von älteren wird er regelmäßig gerügt, schon zwei Verweise, schwarzer Wuschelkopf, etwas kleiner als die anderen, vorlaut und Klassenclown, bei seinen Mitschülern deshalb beliebt, Bandenführer; nach der sechsten Stunde wartet, wie hieß die noch, Clara? Maria? Elena? wie auch immer: wartet Mama Wallner schon im roten Mercedes, A-Klasse, mit laufendem Motor auf dem Lehrerparkplatz, Costin rennt, wenn die Schule aus ist, die Treppen des Schulhofs herunter, seine viel zu große Schultasche schaukelt dabei auf seinem Rükken wild auf und ab, er begrüßt Mama Wallner mit einem Kuß; Mama Wallner nimmt oft seine Freunde mit, von denen hat er viele, seine Wangen glühen, wenn er noch im Auto zu erzählen anfängt, was heute wieder in der Schule los war, er redet nonstop, er ist sehr lebhaft. Mama Wallner mag das: in den Rückspiegel schauen und ihrem kleinen Buben beim Reden zusehen und ihm nicht zuhören und nur denken: Du kleiner Schabernackl. Sie nennt Costin Schabernackl. Mama Wallner, 35, 40, eine gepflegte Erscheinung, fesch, tiefschwarzes lockiges Haar, dunkler Teint, jung geblieben; als Frau des Firmenbesitzers angesehen und respektiert in der Stadt; trotz der abgelegenen Lage Chams zufrieden wegen des guten Verdienstes ihres Mannes, wandert gern im Bayerischen Wald. Naturverbunden.
    Eine der Flügeltüren des Gymnasiums ist aufgegangen, ein Junge, vielleicht 20, ist herausgekommen, schaut kurz zu Wendy herüber, rennt die Treppen herunter zum Parkplatz. Costin, 18, K 12, Leistungskurs Musik und Englisch (geht das überhaupt?), zweimal 15 Punkte, sportlich, gegeltes Haar, Mädchen kuscheln sich bei Klassenfeiern am Lagerfeuer an ihn, er bricht viele Herzen, hat eine eigene Band, mit der er nicht nur in der Schule, sondern auch in Cham und Umgebung schon oft aufgetreten ist; schert sich kaum noch um seine Noten, weil ohnehin klar ist, daß er Popstar wird; alles fliegt ihm zu; sein rotes Motorrad steht auf dem Lehrerparkplatz; der Direktor persönlich hat sein OK dazu gegeben; der notorisch unbeliebte Direktor möchte bei den Schülern dadurch Pluspunkte sammeln. In der Raucherecke am anderen Ende des Schulhofs steht die Splitter-Gothic-Fraktion, die die einzigen an der Schule sind, die Costin nicht leiden können.
    Wendy kann sich selber als 15jährige, schwarzer Rock, schwarze Bluse, schwarze Samtjacke, schwarze Springerstiefel, schwarz gefärbtes Haar, schwarzer Nagellack, Zigarette in der Hand, gelangweilter Gesichtsausdruck, bleich, dort drüben in der Ecke am anderen Ende des Schulhofs stehen sehen.
    31
    Aber das ist ja ein Kaff! Nein. Kein Kaff: ein Kaff-Kaff.
    Auf der Hinfahrt hatten die Burgruinen hier und da auf den dicht bewaldeten Hügeln Wendy in eine fast feierliche Stimmung versetzt; sie hatte auf ein mittelalterliches Städtchen gehofft; später, von der Umgehungsstraße aus, hatten der Fluß, entlang dessen Windungen die Stadt gebaut war, und die zwiebelförmige Kirchturmspitze, die sich zwischen den roten Dächern erhob, ja eigentlich auch noch recht pittoresk gewirkt.
    Jetzt, auf einem

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